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Schon am Sonntagnachmittag waren Teile der Stadt verwüstet. Im sogenannten "French Quarter" hat der Hurrikan den Teil eines Dachs auf die Straße gefegt.

Foto: AP/Eric Gay

New Orleans – Das Datum nährt dunkle Erinnerungen: Am 29. August 2005 traf Hurrikan Katrina im US-Bundesstaat Louisiana auf Land. Der Sturm verursachte massive Schäden, 80 Prozent des Stadtgebietes von New Orleans standen teils mehr als sieben Meter unter Wasser; mehr als 1800 Menschen wurden getötet; der Schaden ging in die dutzenden Dollarmilliarden.

Am 29. August 2021 starrten die USA gebannt auf Louisiana, denn im Laufe des Tages sollte erneut ein Hurrikan mit katastrophalem Potenzial auf New Orleans treffen. Ida, der in den Vortagen schon auf Kuba Schäden angerichtet hatte, war zuvor auf Stärke vier hinaufgestuft worden. Dass der Sturm sich über dem Golf noch auf Stufe fünf verstärken könnte, hielten Expertinnen und Experten für möglich. An der Küste von Louisiana wurde eilig Evakuierungen angeordnet.

"Lebensgefährliche" Sturmflut

Der Hurrikan traf schließlich am Sonntagmittag (Ortszeit) als "extrem gefährlicher" Wirbelsturm auf die Küste des Bundesstaats Louisiana, wie das Nationale Hurrikanzentrum (NHC) erklärte. Der Staat und die Stadt New Orleans müssten mit heftigem Regen, einer "lebensgefährlichen Sturmflut", katastrophalen Windböen und lang anhaltenden Stromausfällen rechnen. Das Zentrum des Sturms sei mit der Stärke vier von fünf aus dem Golf von Mexiko kommend südwestlich der Stadt New Orleans bei Port Fourchon auf die Küste getroffen, erklärte das NHC.

Die Einsatzzentrale in New Orleans meldete am Nachmittag bereits "weit verbreitete Stromausfälle". Die interaktive Karte des örtlichen Energieversorgers Entergy zeigte bereits mehr als 200.000 Haushalte ohne Elektrizität. Der Webseite Poweroutage.us zufolge waren im ganzen Bundesstaat wegen Sturmschäden bereits mehr als 370.000 Kunden ohne Strom.

US-Präsident Joe Biden bezeichnete den Sturm als "lebensbedrohlich". Er sagte weiter, die Schäden würden verheerend sein und in manchen Gebieten würde man wohl erst in Wochen wieder eine intakte Stromversorgung haben. Der Wirbelsturm habe beim Erreichen der Küste Windgeschwindigkeiten von rund 240 Kilometern pro Stunde mit sich gebracht. Über Land dürfte sich der Sturm im Lauf des Sonntags aber langsam abschwächen.

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Hurrikan Ida soll bitte nicht nach New Orleans kommen – ein Wunsch, der nicht erfüllt wurde.
Foto: Reuters / Andrees Latif

Alle Flüge nach New Orleans gestrichen

Fotos und Videos örtlicher Medien zeigten bereits am Sonntagvormittag nach dem Ankommen erster Ausläufer des Sturms erste Überschwemmungen und heftige Windböen. Der NHC maß in einem küstennahem Feuchtgebiet südlich von New Orleans bereits ein um zwei Meter erhöhtes Wasserniveau.

Gouverneur John Bel Edwards aktivierte für den Hurrikan die Nationalgarde mit rund 5.000 Soldatinnen und Soldaten. Die Katastrophenschutzbehörde flog Helferinnen und Helfer sowie Vorräte in die Region, die Küstenwache stationierte zahlreiche Hubschrauber und Boote für den bevorstehenden Rettungseinsatz. Alle Flüge nach New Orleans wurden am Sonntag gestrichen. Wegen Tausender fliehender Anrainerinnen und Anrainer der Küstengebiete waren die Autobahnen ins Landesinnere und in die Nachbarstaaten seit Samstag völlig überfüllt. Edwards warnte, "Ida" werde beim Auftreffen auf Louisiana einer der stärksten Stürme seit 1850 sein.

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Ein Mann fotografiert an der Küste des Lake Pontchartrain die Wellen, die die ersten Vorzeichen des Sturms "Ida" sind.
Foto: AP/Gerald Herbert

Keine vollständige Evakuierung

Weil der Sturm so schnell an Kraft gewonnen hatte, wurde keine vollständige Evakuierung des Stadtgebietes von New Orleans angeordnet, sondern nur noch jener Gebiete, die außerhalb der Dämme liegen. Diese sollen das Zentrum eigentlich vor Überflutungen schützen, waren 2004 aber von den Wassermassen überspült worden. Seither wurden sie erneuert, Ida werde ein Härtetest sein, hieß es. Dass sie eigentlich lieber die ganze Stadt evakuiert hätte, daran ließ Bürgermeisterin LaToya Cantrell bei ihren Äußerungen vor Eintreffen der Wind- und Wassermassen wenig Zweifel.

Spitäler voll

Nicht evakuiert wurden zudem die Spitäler im gefährdeten Gebiet. Gouverneur Edwards sagte, dies sei wegen der hohen Zahl an Corona-Patientinnen und -Patienten nicht möglich. Es gebe in Louisiana und den angrenzenden Bundesstaaten keine ausreichenden Spitalskapazitäten, um diese Menschen aufzunehmen. 2450 Personen müssen derzeit in dem Bundesstaat stationär behandelt werden, der etwa halb so viele Einwohnerinnen und Einwohner wie Österreich (421 Spitalsaufnahmen) hat.

Präsident Joe Biden besuchte am Sonntag das Hauptquartier der Katastrophenbehörde Fema.
Foto: AFP/SAUL LOEB

Dafür, dass wenigstens die befürchteten weitreichenden Stromausfälle die Arbeit in den Spitälern nicht zum Erliegen bringen, sollen 10.000 mobilisierte Arbeiterinnen und Arbeiter sorgen. Präsident Joe Biden hat zusätzlich 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Katastrophenbehörde Fema aktiviert, sie bringen 1,6 Millionen Liter Trinkwasser und eine Million Mahlzeiten in das Gebiet.

Die einzige Aufgabe, in Sicherheit zu bleiben

Gouverneur Edwards hat die Menschen außerdem eindringlich aufgefordert, nicht mehr nach draußen zu gehen. "Wenn Sie in Hurrikan 'Idas' Pfad sind, dann ist es jetzt Ihre einzige Aufgabe, sicher am Ort zu bleiben", schrieb der Gouverneur am Sonntag auf Twitter. "Finden Sie den sichersten Platz in Ihrem Haus, überstehen Sie den Sturm und bleiben Sie dort, bis der Sturm abzieht."

Die Behörden hatten die Bürgerinnen und Bürger in den küstennahen Gebieten Louisianas bereits zuvor aufgefordert, sich mit Vorräten einzudecken, weil mit Stromausfällen, katastrophalen Schäden, Tornados und Überschwemmungen zu rechnen ist.

Bewährungsprobe für den Hochwasserschutz

Seit dem verheerenden Hurrikan "Katrina" vor genau 16 Jahren, der die Stadt verwüstet hatte, habe es massive Investitionen in den Hochwasserschutz gegeben, sagte Gouverneur Edwards am Sonntag dem TV-Sender CNN. "Das wird, könnte man sagen, die schwerste Prüfung dieses Systems", sagte Edwards. "Aber wir glauben, das System wird halten", sagte er mit Blick auf die erwartete Sturmflut und massive Regenfälle.

Größere Sorgen machten ihm die Gebiete südwestlich der Stadt, die keinen derart ausgebauten Hochwasserschutz hätten, sagte Edwards. Viele der Anrainerinnen und Anrainer jener Gebiete hätten ihr Zuhause bereits verlassen und sich in Sicherheit begeben, fügte er hinzu. "Wir hoffen, dass genügend Leute rausgekommen sind, damit wir das Schlimmste vermeiden können, was die Sturmfluten dieses Sturms mit Blick auf Todesfälle anrichten könnten", sagte Edwards.

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Die traditionsreiche Jazzmetropole New Orleans ist erneut fest im Griff einer verheerenden Sturmflut.
Foto: REUTERS/MARCO BELLO

Sturmflut von fünf Metern Höhe

An Teilen der Küste Louisianas, südwestlich von New Orleans, wo der Sturm auf Land treffen sollte, sei mit einer "lebensgefährlichen" Sturmflut von fast fünf Metern Höhe zu rechnen, warnte das NHC. Am Lake Borgne sei mit fast vier Metern zu rechnen, am Lake Pontchartrain mit gut zwei Metern. Auch für Teile der östlichen Nachbarstaaten Mississippi und Alabama galten wegen des Hurrikans Flut-, Starkregen- und Tornadowarnungen.

Die Flut ist aber nicht nur für New Orleans eine Bedrohung. Mehrere Bezirke im US-Bundesstaat Louisiana haben mittlerweile eine Ausgangssperre verhängt. Etwa im Bezirk East Baton Rouge, in dem rund 440.000 Menschen leben, gelte dies vom Sonntagabend (Ortszeit) bis Montag früh, erklärte die Bürgermeisterin der Stadt Baton Rouge über Twitter.

"Ida" sollte am Montag nordöstlich nach Mississippi und Tennessee weiterziehen. Der Wirbelsturm war am Freitag als Hurrikan der Stufe eins über den Westen Kubas hinweggezogen. Dort verursachte "Ida" nach Berichten staatlicher Medien Stromausfälle und Schäden. (red, APA, Reuters, 30.8.2021)