Ein Landwirt möchte glücklich werden. Nein, das ist noch nicht das Agrarprogramm der Kandidaten. Vielmehr wirbt RTL kurz vor Beginn des ersten Triells der drei Kanzlerkandidaten in diesem Wahlkampf noch einmal kurz für seine beliebte Sendung "Bauer sucht Frau". Aber dann suchen die Moderatoren Peter Kloeppel und Pinar Atalay auch schon den Streit. Der aber will zunächst gar nicht kommen. Weder Armin Laschet (Union) noch Annalena Baerbock (Grüne) noch Olaf Scholz (SPD) möchten in der Eingangsrunde beantworten, was sie an der Konkurrenz persönlich schlecht finden. Stattdessen wirbt jeder kurz sehr gesittet und höflich für sich.

So aber bleibt es nicht lange. Das erste Thema ist Afghanistan, und offensichtlich hat Laschet eine Mission zu erfüllen: anzugreifen und den Rückstand aufzuholen. Kurz vor dem Triell war eine neue Umfrage (Insa für "Bild am Sonntag") bekannt geworden. Sie sieht die SPD nun bei 24 Prozent, die Union nur noch bei 21 Prozent und die Grünen bei 17 Prozent.

"Das ist ein Desaster, auch der Bundesregierung", zürnt Laschet Richtung Scholz, der ja als Finanzminister im Kabinett sitzt. Er will einen "nationalen Sicherheitsrat", der im Bundeskanzleramt angesiedelt werden soll, und wirft Scholz gleich auch noch vor, dass die SPD bewaffnete Drohnen ablehne. "Sie sollten die deutsche Öffentlichkeit nicht täuschen", fährt Laschet Scholz an, der unangenehm berührt wirkt. Doch auch Baerbock bekommt ihr Fett ab. Ihr wirft Laschet vor, dass die Grünen die deutschen Soldaten schon sehr viel früher hätten abziehen wollen.

DER STANDARD

Klima und Corona

Weiter geht es mit dem Thema Corona. Da knöpft sich Baerbock Scholz vor. Luftfilter in den Schulen seien an bürokratischen Hemmnissen gescheitert. Falsch, erwidert Scholz, "die Mittel stehen". Und man habe den Gemeinden schon vorher gesagt, "sie können loslegen". Doch Baerbock ist jetzt in Rage. Es sei wie bei Afghanistan: "Eine Politik, die immer sagt, warten wir lieber ab, machen wir lieber gar nichts." Laschet wittert schon wieder Unsauberkeiten und sagt zu Baerbock: "Da täuschen Sie die Bürger." Schulpolitik sei Ländersache, "und in elf Ländern regieren die Grünen mit".

Eine oder einer folgt auf Merkel: Baerbock, Laschet oder Scholz.
Foto: AFP/Kapeller

Ruhig bleibt es auch bei der Klimapolitik nicht. Was würden die drei sofort machen, wollen die Moderatoren wissen. Baerbock rattert ihre Standard-Antwort herunter: erneuerbare Energien ausbauen, zwei Prozent der Fläche Deutschlands für die Windkraft, schon 2030 und nicht erst 2038 aus der Kohle aussteigen. "Das ist ein Programm, aber keine Maßnahme", wird sie von Moderator Kloeppel ermahnt. Er fragt Laschet, was er verbieten würde. Dessen freundliche Antwort: "Nichts." Stattdessen macht er sich über Scholz' Formulierung "Ausbauziele ausbauen" lustig und rügt Baerbock: "Sie legen der Industrie Fesseln an. Die brauchen keine Beschränkungen." Und er meint etwas herablassend: "Man kann das nicht mit Verordnungen und Sprüchen lösen."

Thema: Steueridentifikationsnummer

"Ich bin für einen moderaten Weg", sagt Scholz. Also wird der Sprit teurer, assistiert Kloeppel. Der SPD-Mann erklärt dann noch, dass dafür der Strom billiger werden soll. Baerbock wirbt für ihr Energiegeld – das Geld aus den Einnahmen für die CO2-Belastung soll wieder an die Menschen zurückgegeben werden. "Können Sie erklären, wie Sie das machen?", fragt Laschet Baerbock, was diese ärgert, weil ja eigentlich die Union diejenige sei, die nie handle. Aber sie erklärt, dass die Bürgerinnen und Bürger über ihre Steueridentifikationsnummer erfasst werden sollen. Laschet kritisiert dies als "bürokratisches Monstrum" und spottet, an eine Steueridentifikationsnummer könne man nichts überweisen.

Das Triell von RTL und Ntv zum Nachschauen.
ntv Nachrichten

Bei den Steuern matchen sich Scholz und Laschet. "Es ist keine Zeit für Steuersenkungen", sagt der Finanzminister, man müsse das "Steuersystem besser austarieren" – also Reiche zusätzlich belasten. "Entscheidend ist nicht die Höhe der Steuersätze, sondern die der Steuereinnahmen", belehrt ihn Laschet. Doch Scholz stellt klar: "Steuersenkung für Unternehmen mit sehr hohem Gewinn sind nicht drin."

Nicht ganz uneinig ist man sich beim Thema innere Sicherheit. Alle sind dafür, die Polizei auszustatten, auch Baerbock. Er habe das übrigens schon gemacht, die Bundespolizei bekomme in den nächsten Jahren mehr Geld, merkt Scholz zufrieden an.

Als es um das Gendern geht, lässt Laschet mit einer originellen Formulierung aufhorchen. Er sei ja nicht grundsätzlich dagegen, meint er, aber bitte alles mit Maß und Ziel. Man solle da schon "die Tassen im Schrank lassen" – vielleicht meint er die Kirche im Dorf. "Ich sage auch Winnetou", bekennt Baerbock und will niemandem vorschreiben, wie er oder sie zu sprechen hat. Allerdings mahnt sie, man solle Frauen nicht nur "mitmeinen", sondern ansprechen. Scholz wird gefragt, ob man noch "Ossi" und "Wessi" sagen dürfe. Darf man, meint er. Aber es trage nicht zur Einheit Deutschlands bei.

Vergiftetes Lob

Am Schluss sollen die drei wieder etwas übereinander sagen. Etwas Nettes diesmal. Also beschreibt Scholz Baerbock so: "Sie ist eine ganz engagierte Politikerin." Man habe lange und gut zusammengearbeitet. Da könnte sich etwas anbahnen, politisch natürlich.
Baerbock findet an Laschet gut, "dass man sich in der Sache hart streiten kann", er aber eine "rheinische Frohnatur" sei. Laschet wiederum vergiftet sein Lob über Scholz: "Er ist lange dabei und hat viel Erfahrung. Und er hat unter der Führung von Angela Merkel einen guten Job gemacht."

Wie sahen es die Wählerinnen und Wähler? Wie immer weiß man das vermutlich noch einige Tage lang nicht so wirklich. Erste Indizien lieferte eine Forsa-Umfrage für Ntv. Demnach sahen 36 Prozent Scholz als Sieger, 30 Prozent Baerbock als Gewinnerin. Dritter Sieger im Triell wurde demnach Laschet: Ihn sahen 25 Prozent voran. (Birgit Baumann aus Berlin, 29.8.2021)