Der Klimawandel beeinflusst indirekt die Quecksilberbelastung der Nahrungsketten von Seen. Das hat letztlich auch Einfluss auf die Qualität der Fische.

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Steigende Temperaturen im Zuge des Klimawandels scheinen die Bewohner von Süßwasserseen ganz besonders in Bedrängnis zu bringen. Veränderte Sauerstoffkonzentrationen und Veränderungen beim Kohlenstoffkreislauf sind nur zwei von vielen direkten und indirekten Einflüssen der Erwärmung dieser Gewässer. Eine aktuelle Studie konnte nun nachweisen, dass auch der zunehmende Starkregen seine Spuren hinterlässt: Der vermehrte Eintrag von Bodenmaterial aus dem Umland ins Wasser führt demnach zu einer schlechteren Nahrungsqualität an der Basis der Nahrungskette. Die Folge: In Algen steigt einerseits die Quecksilberbelastung, andererseits nehmen wichtige Nährstoffe wie Omega-3-Fettsäuren ab.

Braunes Wasser

In einem Experiment haben Martin Kainz vom Forschungsinstitut Wassercluster Lunz und sein Team untersucht, wie sich der Klimawandel auf das pflanzliche Plankton (Algen) auswirkt. Der Fokus lag dabei auf den höheren Wassertemperaturen und dem verstärkten Eintrag von organischen Stoffen aus dem Umland durch stärkere Niederschläge, was eine Bräunung des Wassers zur Folge hat.

Dazu befüllten die Wissenschafter 24 Behälter mit je 400 Liter Wasser aus dem Lunzer See. In sechs dieser "Mesokosmen" blieben Temperatur und Lichtbedingungen unverändert wie in der Natur, sie bildeten die Kontrollgruppe. In der zweiten Sechsergruppe wurde die Temperatur um drei Grad Celsius gegenüber der Umgebungstemperatur erhöht und in der dritten Gruppe eine wöchentliche Bräunungsbehandlung durchgeführt, um die Konzentration mit gelöstem organischem Kohlenstoff gegenüber den natürlichen Bedingungen zu verdreifachen. In den letzten sechs Behältern wurden schließlich sowohl die Temperatur als auch der Kohlenstoffgehalt erhöht.

Mehr neurotoxisches Methylquecksilber

In allen Behältern wurde die gleiche Menge an Nährstoffen und Methylquecksilber sowie an pflanzlichem und tierischem Plankton zugefügt. In der Natur gelangt das etwa aus Industrieabgasen stammende Quecksilber über die Atmosphäre in die Seen und Böden. Dieses metallische Quecksilber wird vor allem von Bakterien in den Gewässern und umliegenden Feuchtgebieten in das hochgiftige Methylquecksilber umgebaut. In dieser Form gelangt es leicht in die Zellen von Lebewesen und kann sich in der Nahrungskette anreichern.

"Es zeigte sich, dass die Absorption des neurotoxischen Methylquecksilbers bei den Algen umso größer ist, je wärmer es ist", sagte Kainz. Durch die höheren Temperaturen würden die Algen schneller wachsen, hätten mehr Oberfläche und könnten das Methylquecksilber besser aufnehmen. Im gebräunten, wärmeren Wasser hatten die Algen einen im Vergleich zur Kontrollgruppe um 65 bis 70 Prozent höheren Gehalt an Methylquecksilber.

Fehlende Fettsäuren

Gleichzeitig verringerten sich die Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren in den Algen aus diesem Wasser um fast 50 Prozent, wie die Forscher im Fachjournal "Scientific Reports" schreiben. Für Kainz ist diese Verringerung von essenziellen Nährstoffen in Kombination mit den erhöhten Werten von Methylquecksilber, einem Neurotoxin, bereits an der Basis der Nahrungskette besorgniserregend. Denn einerseits komme es zu einer Anreicherung des Methylquecksilbers, das in höheren Konzentrationen das zentrale Nervensystem schädigt, über die verschiedenen Stufen der Nahrungskette. Andererseits würden die Konsumenten der Algen, wie tierisches Plankton, Insektenlarven oder Fische, die mehrfach ungesättigten Fettsäuren wie Omega-3 für ihren Zellaufbau sowie die Augen- und Gehirnentwicklung benötigen. (red, APA, 30.8.2021)