Bild nicht mehr verfügbar.

Kirill Petrenko begeisterte in Salzburg nicht durchweg.

Foto: Reuters

Auf den letzten Drücker, drei Tage vor der Premiere am Londoner Covent Garden am 12. April 1826, komponierte Carl Maria von Weber die Ouvertüre zu seinem finalen Wurf, dem Oberon. Wenige Wochen später starb der Komponist an Tuberkulose. Während die romantische Märchenoper über den Elfenkönig heute ein ruhmloses Dasein fristet, gehört das Vorspiel zum festen Orchesterrepertoire – ein Glück, denn Weber ist damit ein echter Geniestreich gelungen:

Wie aus der Ferne erklingt der Ruf des Zauberhorns in der langsamen Einleitung, geheimnisvoller Klangzauber soll die Elfen und Feen zum Leben erwecken. So richtig los geht es nach dem Fortissimo-Schlag des Orchesters. In Salzburg stürmten die Berliner Philharmoniker kurz vor Ende dieser Festspielausgabe in ungebremster Spiellaune das Allegro con fuoco und galoppierten jubelnd mit ihrem Chef Kirill Petrenko durch Webers Melodienreichtum.

"Ein Komponist darf nicht schreiben, was er selbst nett findet, sondern muss herausfinden, was seine Hörer bewegt", schrieb Paul Hindemith 1949 über das Komponieren. Ob ihn dieses Motto dazu inspirierte, die Symphonischen Metamorphosen zu komponieren? 1944 in New York uraufgeführt, strotzt das Werk nur so vor Charme, Witz und Expressivität. Petrenko und die Berliner zeigten Hindemith als meisterhaften Orchestrierer und schickten seine Musik auf eine virtuose Reise durch die Stile – mal jazzig, mal chinesisch, mal sehnsüchtig kantabel, mal ausgelassen tänzerisch. Hindemith geizt nicht mit Effekten: Unter das üppig besetzte, klanglich präzise Holz und Blech mischen sich Schnarrtrommel, Tamburin, Glockenspiel, Röhrenglocken, Tomtom oder Gong. Der Spaß am gemeinsamen Musizieren übertrug sich nahtlos auf das Publikum. Mit enthusiastischen Bravo-Rufen schickte es Musiker und Dirigent in die Pause.

Komponist und Dirigent im Kampf

Danach stand Schuberts Große Sinfonie in C-Dur auf dem Programm. Die Erwartungen waren hoch, die Hoffnungen auf eine Stunde Schubert’sche Pracht groß. Leider geriet die Interpretation nach der langsamen Einleitung zum Kampf zwischen Schubert und Petrenko. Wo waren das Geschmeidige, Geheimnisvolle, Tänzerische? Stattdessen erschlugen die exzessiven dynamischen Kontraste und das Rasen des Orchesters förmlich Schuberts Musik. Wenn schon hoch hinaus, dann mehr Großglockner und weniger Mount Everest. (Miriam Damev, 31.8.2021)