Justizministerin Alma Zadić will die WKStA unter Leiterin Ilse-Maria Vrabl-Sanda (rechts) enger an ihr Ministerium binden.

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Seit Jahren schwelt zwischen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) und der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien ein heftiger Konflikt. Im Justizministerium wird nun eine Organisationsreform geplant, um die verfeindeten Behörden zu trennen: Künftig soll die WKStA direkt ans Justizministerium andocken und direkt an die Sektion V berichten. Das bestätigen mehrere mit den Überlegungen vertraute Personen dem STANDARD.

Die WKStA wäre somit die einzige Staatsanwaltschaft, die an keine Oberstaatsanwaltschaft mehr berichten muss. Um das zu verwirklichen, wäre jedoch eine Änderung des Staatsanwaltschaftsgesetzes notwendig. Dort wird explizit festgehalten, dass die WKStA "in den im Gesetz vorgesehenen Fällen der OStA Wien zu berichten hat". Die WKStA muss beispielsweise über bestimmte Vorhaben wie Anklage oder Einstellung berichten, die OStA Wien kann diese dann bestätigen oder per Weisung ändern. Das wird dann wiederum von der Sektion V im Justizministerium bis hin zur Ministerin geprüft, die derartige Entscheidungen an den Weisungsrat auslagert. Spätestens mit der Einführung des Generalbundesanwalts, der die Aufsicht über alle (Ober-)Staatsanwaltschaften führen soll, soll die Auskoppelung der WKStA erfolgen.

Langjähriger Konflikt

In vielen politisch brisanten Ermittlungsverfahren waren OStA und WKStA in den vergangenen Jahren aneinandergekracht: etwa rund um die weitreichenden Ermittlungen gegen Mitarbeiter des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) samt einer Razzia ebendort oder auch wegen der Eurofighter-Ermittlungen. Diese hatte die WKStA von der Staatsanwaltschaft (StA) Wien übernommen; bei einer Dienstbesprechung im April 2019 kam es zum Eklat über die künftige Ermittlungsstrategie. Das justizinterne Meeting wurde heimlich aufgezeichnet, mutmaßlich von einem Mitarbeiter der WKStA, Mitschrift und Tonband drangen an die Medien.

Deshalb geriet der damalige Sektionschef und Generalsekretär Christian Pilnacek in Bedrängnis, der von einem "Scheiß-Akt" gesprochen hatte. Er würde "ein Auge zudrücken, und wir stellen irgendwelche Dinge ein", schlug Pilnacek der WKStA damals vor. Diese interpretierte das als Amtsmissbrauch; es kam zu gegenseitigen Anzeigen, Ermittlungen gab es keine.

Der damalige Justizminister Josef Moser (ÖVP) regte eine Mediation an, um die Wogen zu glätten; die blieb aber ohne spürbaren Effekt. Gemeinsam schmiedeten Pilnacek und Johann Fuchs, Leiter der OStA Wien, Pläne, wie man der WKStA medial schaden könnte. Die Ibiza-Ermittlungen samt U-Ausschuss rückten die schlechte Stimmung weiter ins Blickfeld der Öffentlichkeit. Die einstige WKStA-Staatsanwältin Christine Jilek sprach von "politischem Störfeuer" durch die Oberbehörde; ihre ehemaligen Kollegen klagten über die hohe Anzahl an Berichten, die sie der Oberstaatsanwaltschaft liefern mussten. Immer wieder gab es auch Befürchtungen, dass geplante Ermittlungsschritte durch Vorabberichte an die OStA verraten würden.

Schnellere Verfahren

Wegen des Vorwurfs des Geheimnisverrats in einer anderen Causa wurde Pilnacek suspendiert, zuvor hatte ihn Justizministerin Alma Zadić (Grüne) durch eine Organisationsreform schon von der Aufsicht über Strafsachen und somit auch die WKStA abgezogen. Auch gegen OStA-Wien-Leiter Johann Fuchs läuft ein disziplinarrechtliches Verfahren, er ist derzeit nicht mehr mit der WKStA-Aufsicht betraut.

Aus der Sicht der Korruptionsstaatsanwaltschaften, die sich offiziell nicht zu den Plänen äußern, wäre die Reform wohl begrüßenswert. Sie würde womöglich auch zu schnelleren Verfahren führen, weil eine Zwischenstation in der "Weisungskette" fehlt. Mit dem Argument der schnelleren Ermittlungsverfahren könnte der Plan auch der ÖVP schmackhaft gemacht werden, deren Zustimmung zur Gesetzesreform nötig sein wird.

Die OStA war stets auch ein "Puffer" zwischen Ministerium und WKStA. Deshalb soll Sektionsleiterin Barbara Göth-Flemmich nicht allzu glücklich darüber sein, näher an die WKStA zu rücken – denn das bedeutet automatisch auch mehr politische Aufmerksamkeit.

Aus dem Justizministerium heißt es, dass in der Arbeitsgruppe zum Generalbundesanwalt "die Neuaufstellung der Dienst- und Fachaufsicht diskutiert" wird. Alle Ansätze, "so auch der in der Anfrage erwähnte", werden "im Gesamtergebnis der Arbeitsgruppe bewertet" werden. Und: "Aktuell ist keine Änderung des Systems der Dienst- und Fachaufsicht vorgesehen." (Fabian Schmid, 30.8.2021)