Der Vorschlag von Mairead McGuinness, der EU-Kommissarin für Finanzdienstleistungen, klingt auf den ersten Blick vernünftig. In Alpbach forderte die Irin, einen Fokus auf die Finanzbildung junger Menschen zu legen. Haushalte in Europa hätten acht Billionen Euro auf Bankkonten liegen, obwohl das bei Nullzinsen nicht sinnvoll ist, so McGuinness. Das zeige, dass Wissen in der Bevölkerung fehlt.

Es ist nicht der erste Vorstoß dieser Art: In Österreich fordern Ökonomen schon lange, Financial Literacy als eigenes Fach in Schulen zu verankern. Nun sind Aspekte dieser Idee diskussionswürdig. Die Funktion von Aktienmärkten kennenzulernen ist für eine gute Allgemeinbildung wichtig, ebenso sollten Bürger wissen, was eine Inflation ist.

Aber Aufgabe der Schule sollte es sein, selbstständiges und kritisches Denken zu fördern. Über Aktienmärkte aus politischer, soziologischer und ökonomischer Perspektive zu diskutieren gehört dazu, aber das kann sich ja nicht auf der Ebene von Anlagetipps abspielen. Viele Rufer nach Financial Literacy meinen jedoch genau das: Sie wollen eine reine Finanzbildung etablieren. Aber ebenso wie Schülern nicht beigebracht wird, wie man mit dem Handwerker verhandelt, geht auch dieser enge Fokus am Grundgedanken eines modernen Bildungssystems vorbei. Zudem ist der Schultag nicht endlos. Mehr Finanzbildung hieße, etwas anderes müsste wegfallen. Und zwar was? (András Szigetvari, 30.8.2021)