Am Flughafen von Kabul sind nun keine amerikanischen Flugzeuge (wie etwa in diesem Bild von Montagabend) mehr zu sehen.

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Kabul – Die drei C-17-Flugzeuge, die kurz vor Mitternacht am Hamid-Karzai-Flughafen in Kabul gestartet sind, waren die letzten. Der Chef des US-Central Command, Kenneth F. McKenzie, bestätigte die Meldungen ebenfalls kurz darauf. Der Kriegseinsatz, der mit 20 Jahren längste der US-Geschichte, sei vorbei. Der US-Botschafter in Afghanistan, Ross Wilson, sei an Bord des letzten Flugzeuges gewesen.

Kurz zuvor hatten Berichte zahlreicher Quellen vor Ort den Abzug bereits vermuten lassen. Ein Sprecher der Taliban bestätigte das laut einem Tweet einer "Voice of America"-Reporterin: "Alle Besatzungstruppen haben das Land vor einigen Momenten verlassen." Die USA und ihre Verbündeten hätten mehr als 120.000 Zivilisten außer Landes gebracht, sagte McKenzie weiter. Die deutsche Bundeswehr und zahlreiche andere Verbündete der USA hatten spätestens am Donnerstag ihren Evakuierungseinsatz abgeschlossen.

McKenzie sagte vor Journalistinnen und Journalisten, er könne bestätigen, dass jeder einzelne US-Soldat und jede Soldatin das Land verlassen habe. Auch US-Bürger haben man kaum in Afghanistan zurückgelassen – einige seien allerdings freiwillig dort geblieben. Jenen, die das Land nun noch verlassen wollten, solle nun das Außenministerium helfen. Am Flughafen seien auch sonst keine Menschen mehr gewesen, die auf ihre Ausreise aus Afghanistan gewartet hätten – unklar blieb dabei allerdings, ob er sich auf das Terminal-Gebäude oder die Umgebung des Airport bezog.

Die Taliban hätten sich in den vergangenen Tagen "hilfreich und nützlich" verhalten, sagte McKenzie weiter und dabei geholfen, das Rollfeld in Kabul zu sichern. Die Radikalislamisten würden allerdings "alle Hände voll zu tun haben" beim Versuch, jene 2.000 ISIS-K-Kämpfer zu kontrollieren, die sie bei ihrem Siegeszug im Land aus Gefängnissen befreit hatten.

Von der US-Luftfahrtbehörde FAA wurde bereits vermeldet, dass der Flughafen Kabul ab sofort als "nicht kontrolliert" gelte – ein Resultat des Endes der militärischen US-Kontrolle dort. Der Korrespondent der "New York Times", Matthieu Aikins, berichtete von Schüssen, die in der afghanischen Hauptstadt zu hören seien – und interpretierte diese als Freudenschüsse der Taliban.

Druck auf die Taliban

Kurz zuvor hatte der UN-Sicherheitsrat hat in der Nacht auf Dienstag noch den Druck auf die Taliban erhöht. Er beschloss bei seiner Sitzung in New York eine Resolution, in der die Radikalislamisten aufgefordert werden, Afghanen auch nach dem Ende des ausländischen Einsatzes weiter ungehindert ausreisen zu lassen. Man erwarte, "dass die Taliban diese und alle anderen Verpflichtungen einhalten", heißt es. Die neuen Machthaber in Kabul werden dabei auch an ihre bisherigen Versprechungen erinnert.

Ebenfalls hervorgehoben wird die Notwendigkeit für ungehinderten humanitären Zugang sowie die Wahrung der Menschenrechte, insbesondere "der Rechte von Frauen, Kindern und Minderheiten".

Die Resolution wurde mit zwei Enthaltungen angenommen. Russland und China enthielten sich der Stimme, legte aber auch kein Veto ein. Frankreich und Großbritannien hatten zuvor eine weiterreichende Resolution vorgeschlagen. Mit dieser wäre die Einrichtung einer UN-Sicherheitszone in Kabul gefordert worden, um den Menschen dort eine sichere Ausreise zu garantieren. Die Taliban lehnten den Vorschlag aber ab, auch im Sicherheitsrat zeichnete sich keine Mehrheit dafür ab. (Manuel Escher, 30.8.2021)