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Spieler in einem Internetcafé im chinesischen Fuyang.

Foto: Reuters/CHINA STRINGER NETWORK

Im Kampf gegen Augenprobleme und die Sucht nach Onlinegames, so jedenfalls die offizielle Begründung, ergreift China drastische Maßnahmen. Wer Videogames spielen möchte, aber noch nicht 18 Jahre alt ist, muss sich zukünftig stark beschränken. Den neuen Regeln zufolge wird nur noch freitags, samstags und sonntags sowie an nationalen Feiertagen von 20 bis 21 Uhr gespielt werden können.

Es ist nicht die erste derartige Einschränkung. Schon vor einigen Jahren wurden Online-Spielzeiten beschränkt, auf eine Stunde pro Tag für Kinder bis zwölf Jahren und zwei Stunden für 13- bis 18-Jährige. Was nun neben der Verschärfung hinzukommt, ist ein strenges Kontrollsystem, das an den eigenen Ausweis gekoppelt ist und von den Spieleanbietern implementiert werden muss. Man darf nur ein Konto besitzen, und die Behörden sollen regelmäßig prüfen, ob die Firmen die Auflagen einhalten. Für Offline-Spiele dürften diese Restriktionen, auch mangels Überprüfbarkeit, nicht gelten. Ab dem 18. Geburtstag fallen jegliche Beschränkungen.

Spieler verärgert

Staatsnahe Anbieter lobten die neuen Richtlinien in vorauseilendem Gehorsam. Man bekunde "starke Unterstützung" und werde "alle Anstrengungen unternehmen", um die erforderlichen Änderungen umzusetzen, meldete sich etwa der Spieleriese Tencent zu Wort. Sein Aktienkurs sank laut Bloomberg infolge der Verlautbarung allerdings um 3,6 Prozent. Auch Konkurrent Netease musste ein Minus von 3,4 Prozent einstecken. Kursverluste gab es auch bei anderen Gamesanbietern.

Die Reaktion der Spieler fällt auch nicht sonderlich erfreut aus, dokumentiert Reuters. "Einvernehmlicher Sex ist ab 14 möglich, ab 16 kann man arbeiten gehen, aber man muss 18 sein, um Videospiele zu spielen? Das ist wirklich ein Scherz!", wird ein Nutzer auf der Twitter-ähnlichen Plattform Weibo zitiert. "Ihr Bande von Großvätern und Onkeln, die diese Regeln machen, habt ihr jemals Spiele gespielt?", schreibt eine andere Person. "Versteht ihr eigentlich, dass das beste Alter für E-Sport die Jugend ist?"

Wer die Regeln umgehen möchte, wird künftig wohl ausschließlich per VPN auf ausländischen Servern spielen müssen. Das birgt allerdings kompetitive Nachteile und könnte auch zu unangenehmen Konfrontationen mit den Behörden führen.

Schwere Zeiten für E-Sport

Der letzte Punkt ist von beachtlicher Bedeutung. Während die Restriktionen die gesamte Branche treffen, sind sie ein besonders heftiger Schlag für den E-Sport in China. Denn junge Talente zeigen in der Regel deutlich vor ihrem 18. Geburtstag auf, was auch damit zusammenhängt, dass sie in diesem Alter genug Zeit in Training investieren können.

Immer wieder spielen Minderjährige dabei auch in Topligen und in internationalen Bewerben. Als Yu Wen-Bo vulgo "JackeyLove" mit dem chinesischen Team Invictus Gaming 2018 die League of Legends-Weltmeisterschaft gewann, war er noch 17 Jahre alt. Andere waren zwar 18 oder 19, erreichten ihr spielerisches Niveau aber dank intensives Trainings in den Jahren zuvor.

Die Beschränkung auf eine Stunde an Wochenendtagen für unter 18-Jährige stellt professionelle E-Sport-Ligen wie die LPL und ihre Vereine vor beachtliche Probleme. Sie müssen in Zukunft wohl notgedrungen auf volljähriges Personal setzen, und Nachwuchshoffnungen werden ihr Talent wohl erst zwei, drei Jahre später voll entfalten können, was eine deutliche Beeinträchtigung ihrer Karriere darstellt. Überhaupt steht im Raum, dass sich nun einige 16- und 17-Jährige, die bereits bei einem Klub unter Vertrag stehen oder sich auf dem Weg ins Profigeschäft befinden, zwangsweise nach einem anderen Beruf umsehen oder ins Ausland wechseln müssen.

Möglicherweise hat die schon länger erwartete Verschärfung auch dazu beigetragen, dass League of Legends-Entwickler Riot Games kürzlich angekündigt hat, das diesjährige Weltturnier von China nach Europa zu verlagern. Offiziell hat das Unternehmen allerdings die pandemiebedingten Reisebeschränkungen als Grund für diesen Schritt genannt. (gpi, 31.8.2021)