Der Herbst hat im Kino einiges zu bieten – wenn Corona es zulässt.

Foto: imago images/Sabine Gudath

Die Lust am Kino ist ungebrochen, das bezeugen die Betreiber und Betreiberinnen der österreichischen Programmkinos. Der Kinostart im Mai sei "fulminant" gewesen, erinnert sich Tanja Helm vom Leokino und Cinematograph in Innsbruck, die Menschen seien euphorisch ins Kino geströmt.

Das "Anfangsgeschenk" war "Nomadland", meint Gerald Knell vom Wiener Filmcasino und dem Filmhaus am Spittelberg. Dazu kamen Spezialprogramme, die allesamt großen Zuspruch fanden: von einer Wong-Kar-Wai Retrospektive im Filmcasino/Filmhaus über die "Kinoliebe"-Reihe im Wiener Stadtkino bis zu einer Analog-Filmreihe im Leokino. Klassiker, neu digitalisierte oder analoge Filmkopien sowie Filme ortsansässiger Filmschaffender ziehen ein junges Publikum in die Programmkinos. Der darauffolgende Einbruch der Besuchszahlen liege vor allem am schönen Sommer und an der Fußball-EM.

Ein Problem stellt allerdings die kaum überschaubare Zahl an Filmen dar, die derzeit in die Kinos drängen und zu denen teils schon vor einem Jahr die Werbetrommel gerührt wurde. Unter diesen Bedingungen sei es schwierig, so die Stadtkino-Programmchefin Wiktoria Pelzer, einen profitablen Kinostart zu gewährleisten.

Patchwork mit Fenstern

Andererseits habe der "Filmstau" eine neue Art des Programmierens begünstigt, meint Michael Stejskal vom Votivkino und De France: Statt im Programmkino auf den großen Kinostart zu setzen, werden nun Filme "patchworkartig" programmiert und somit länger und in verschiedenen Zeitfenstern zu sehen sein, damit sie sich "entwickeln" können.

Der Multiplex-Sektor geht den entgegengesetzten Weg. Laut Christof Papousek, dem CFO der Cineplexx-Betriebe in Österreich und Südosteuropa, werde weiterhin am Kinostart als Erstverwertung festgehalten – Blockbuster sollen in Zukunft jedoch schneller in die Streamingdienste eingespeist werden. Die Cineplexx konnten mit dem "Kaiserschmarrndrama", "Fast & Furios 9" und "Black Widow" an Publikumserfolge von 2019 anknüpfen. Ebenso gut laufen Kinderfilme wie "Paw Patrol", der derzeit die Familien in die Kinos lockt – an der Wiener Stadtgrenze jedoch vermehrt in niederösterreichische, da dort die 3G-Regeln für Kinder weniger streng gehandhabt werden.

Obwohl allen Kinobetreibern zufolge die Hilfsfonds und die Umsetzung der 3G-Regeln gut funktioniert hätten, gebe es stellenweise Nachbesserungsbedarf. Papousek kritisiert bundesländerübergreifend uneinheitliche Regelungen – und dass die diskutierte 1G-Regel (nur Geimpfte) Familien mit Kindern den Kinobesuch erschweren würde. Michael Stejskal betont den Personalmehraufwand, den das Contact-Tracing erfordere, und plädiert hier für Freiwilligkeit – aber auch, wie Gerald Knell, für eine höhere Impfbereitschaft. Für Kinos mit Barbetrieb wäre zudem bereits eine Sperrstunde problematisch.

Warten auf Anderson

Verschärfungen im Herbst und Winter werden gefürchtet, nicht zuletzt, weil viele große Filmstarts anstehen: "James Bond" und "Top Gun 2" im Multiplex-Bereich und internationale Festivalerfolge im Arthouse-Sektor. Der neue Wes-Anderson-Film wird hier ebenso heiß erwartet wie die mehrfach prämierten österreichischen Filme "Hochwald" und "Große Freiheit".

Zuletzt erzählt Tanja Helm vom Leokino von den positiven Impulsen, die die letzten drei Monate gegeben hätten. Neben flexiblen und kreativen Programmierungsideen seien das die Online-Publikumsgespräche mit internationalen Filmschaffenden gewesen, die in ihren Wohnzimmern teils so beglückt davon gewesen seien, mit einem vollem Kinosaal in Österreich zu sprechen, dass das ganz neue und berührende Kinomomente beschert habe. (Valerie Dirk, 1.9.2021)