Die "Mutantenjäger" Ulrich Elling und Luisa Cochella bei der Analyse von Mutationen im Spike-Protein von Sars-CoV-2. Die neue Variante C.1.2 weist im Spike-Protein besonders viele Veränderungen auf.

APA/ROLAND SCHLAGER

Die im Mai in Südafrika entdeckte Covid-Variante C.1.2 hat zuletzt weltweit für Schlagzeilen gesorgt. Am Montag gab das Nationale Institut für übertragbare Krankheiten in Südafrika eine entsprechende Warnung heraus und erklärte, sie sei in allen Provinzen des Landes nachgewiesen worden, allerdings mit einer relativ niedrigen Rate. Zudem wurde die Variante in sieben weiteren Ländern in Afrika, Europa, Asien und Ozeanien nachgewiesen, wie auch ein Preprint zeigt, der einige internationale Aufmerksamkeit erhielt.

Trotz ihrer (noch) geringen Häufigkeit hat C.1.2 eine gewisse Aufmerksamkeit der Forschung auf sich gezogen, weil sie trotz ihrer geringen Häufigkeit zahlreiche Mutationen aufweist. Was wissen wir also über die neue Variante, und wie besorgt sollten wir sein?

Frage: Hat die Weltgesundheitsorganisation C.1.2 schon als "Variant of Interest" (VOI) oder als "Variant of Concern" (VOC) eingestuft?

Antwort: Bisher nicht (Stand: Dienstagmittag). Das liegt aber auch daran, dass bestimmte Analysen hinsichtlich der Ansteckungsfähigkeit und der Impfstoffresistenz noch im Gange sind. Bislang erfüllt das Virus nicht die WHO-Kriterien, um als "besorgniserregende Variante" (VOC) oder "Variante unter Beobachtung" (VOI) eingestuft zu werden. Das wurde am Dienstag von der WHO noch einmal bestätigt, wie unter anderem Reuters berichtet. "Besorgniserregende Varianten", wie z. B. Delta, sind vor allem solche, die eine erhöhte Übertragbarkeit und erhöhte Virulenz besitzen. "Varianten unter Beobachtung" sind die zweite Kategorie und weniger gefährlich: Solche Varianten haben unter anderem nachweislich zu mehreren Clustern geführt und sind in mehreren Ländern entdeckt worden.

Frage: Warum wurde dann in Südafrika eine Warnung herausgegeben?

Antwort: Das liegt daran, dass C.1.2 einige Schlüsselmutationen enthält, die auch schon bei jenen Varianten beobachtet wurden, die sich dann als besorgniserregend herausstellten. "Die Kombination verleitet schon zur Spekulation, dass diese Linie erhebliches Potezial zu Immunschutzumgehung und erhöhter Infektiosität hat", erläutert Ulrich Elling vom IMBA in Wien. "Aber dazu braucht es eben Laborversuche und/oder gute epidemiologische Daten." Genau die gibt noch nicht. Dem Genetiker, der mit seinem Team die meisten CoV-Sequenzierungen in Österreich durchführt, fiel etwa auf, dass einige der Schlüsselmutationen von C.1.2 auch schon in der vor allem durch Impfungen ausgerotteten "Fluchtmutante" im Bezirk Schwaz vorkamen.

Aufschlüsselung der Mutationen, die C.1.2 mit den "Variants of Concern" teilt.
Grafik: Elling, IMBA; outbreak.info

Frage: Besteht die Möglichkeit, dass diese Variante aussterben könnte?

Antwort: Ja, durchaus. Covid-19-Varianten tauchen immer wieder auf, und fast alle verschwinden, bevor sie zu einem Problem werden könnten. Delta dominiert als erste Variante global und ist im Moment quasi der Maßstab. Mit anderen Worten: C.1.2 müsste zumindest ähnlich ansteckend sein und ein höheres Potenzial der Immunschutzumgehung aufweisen, um Delta in diesem Stadium noch zu überflügeln. Elling hält auf Basis der Daten aus Südafrika die Verbreitung von C.1.2 für vergleichsweise gering. Im Preprint wird berichtet, dass diese Variante im Juli auf zwei Prozent der sequenzierten Fälle in Südafrika angewachsen sei. "Das beeindruckt mich noch nicht besonders und kann auch ein Cluster sein. Da Südafrika nicht sehr viel sequenziert, kann es aber auch viel mehr sein."

Frage: Ist also Beunruhigung angebracht, zumal im fernen Österreich?

Antwort: Nein, zum jetzigen Zeitpunkt ist das wohl unnötig. Elling hält es zwar für nötig, dass man "C.1.2 wissenschaftlich dringend engmaschig beobachtet". Aber auch er warnt davor, bei jeder neuen Variante, die noch nicht einmal eine "Variant of Interest" ist, medial gleich besorgt zu sein. "Das führt nur dazu, dass die Menschen dann, wenn es wirklich ernst ist, nicht mehr zuhören." (Klaus Taschwer, 31.8.2021)