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Das Alpaka wurde vom Agrarministerium beschlagnahmt.

Foto: AP/Claire Hayhurst

London – Auch ein Fluchtversuch in letzter Minute war nicht erfolgreich: Nach langem Streit ist das Alpaka "Geronimo" in England getötet worden. Das Tier sei eingeschläfert worden, um die Ausbreitung der tödlichen und ansteckenden Rindertuberkulose zu verhindern, teilte das Landwirtschaftsministerium in London am Dienstag mit.

"Niemand möchte infizierte Tiere töten müssen, wenn es vermeidbar ist", sagte Christine Middlemiss, die oberste Tierärztin der Behörde. Es habe aber keine Alternative gegeben. Das sieht "Geronimos" Besitzerin anders. Helen Macdonald forderte bis zum Schluss einen weiteren und – nach ihren Angaben – genaueren Test.

Lange Diskussionen

Der Fall "Geronimo" hatte in Großbritannien über Wochen für Aufsehen gesorgt und sogar die Familie von Premierminister Boris Johnson in Atem gehalten. Vater Stanley Johnson setzte sich öffentlichkeitswirksam für das Klein-Kamel ein, auch auf Johnsons Ehefrau Carrie, einer engagierten Tierschützerin, ruhten die Hoffnungen von "Geronimos" Unterstützern. Fast 150.000 Menschen unterzeichneten eine Petition, die forderte, das Alpaka zu retten. In London gab es eine Demonstration, auf dem Hof im westenglischen Dorf Wickwar schob eine selbst ernannte Bürgermiliz Wache.

Doch letztlich vergebens. Noch am Dienstag wurde "Geronimo" eingeschläfert. Von der Umsetzung eines "Todesurteils" sprach die Boulevardzeitung "Sun".

Geronimo ist an der ansteckenden Rindertuberkulose erkrankt. Das haben zwei Tests bestätigt. Seine Besitzerin war aber davon überzeugt, dass das Tier gesund ist, sie verlangte einen weiteren Test. "Das Umweltministerium weiß seit Jahren, dass Tuberkulose-Hauttests bei Alpakas zu falsch positiven Ergebnissen führen können", sagte Tierschützer Dominic Dyer von der Tierschutzorganisation Born Free Foundation. Ein Gericht hat in dem Streit schließlich jedoch gegen Geronimo geurteilt und dem Ministerium eine Frist bis zum 4. September gesetzt, um das Tier einzuschläfern.

Besitzerin Macdonald warf den Behörden nun vor, sie hätten ein gesundes Tier "ermordet". Sie ist der Ansicht, dass die verwendeten Tests ein falsch-positives Ergebnis zeigten und forderte einen Bluttest, der wesentlich genauer sei.

"Tierquälerei"

Vorausgegangen waren dramatische Szenen auf ihrem Bauernhof. In der Früh rückten Mitarbeiter des Agrarministeriums in Schutzkleidung an – mit Polizeibegleitung. Macdonald hatte ursprünglich martialisch angekündigt, sich einer Kugel für "Geronimo" selbst in den Weg zu werfen. Nun ging es glimpflicher ab. Eine Frau beschoss einen Beamten aus nächster Nähe mit einer Wasserpistole und wurde vorübergehend festgenommen. Ansonsten blieb es bei lauten Beschimpfungen und Schmähungen.

Kurzzeitig gelang es "Geronimo" noch, seinen Häschern zu entkommen. Doch schließlich wurde das Tier eingefangen und in einen Anhänger bugsiert. Macdonald kritisierte den Umgang mit "Geronimo" scharf. "Das ist kein Tierschutz, das ist Tierquälerei", sagte sie.

Wenige Stunden später meldete das Ministerium Vollzug. "Das infizierte Tier wurde aus dem Betrieb verbracht und von Mitarbeitern der Tier- und Pflanzengesundheitsbehörde als notwendige Maßnahme zur Bekämpfung der Ausbreitung der Rindertuberkulose eingeschläfert", teilte die Behörde mit. Damit sei ein Urteil fristgerecht umgesetzt worden: Ein Gericht hatte dem Ministerium bis zum 4. September Zeit gegeben, "Geronimo" einzuschläfern.

"Wir müssen uns an die wissenschaftlichen Beweise halten und Tiere keulen, die positiv auf Rindertuberkulose getestet worden sind", sagte Cheftierärztin Middlemiss. Das wichtige Ziel sei schließlich, "die größte Bedrohung für die Tiergesundheit in diesem Land auszurotten".

Rindertuberkulose

In der Tat leiden Landwirte in Großbritannien schwer unter der Krankheit. Allein 2020 wurden deswegen mehr als 27.000 infizierte Rinder getötet. Die Auswirkungen auf Bauern und Dörfer seien enorm, die Kosten für die Steuerzahler betrügen mehr als 100 Millionen Pfund im Jahr, so das Landwirtschaftsministerium.

"Unser Mitgefühl gilt Frau Macdonald und allen anderen, die von dieser schrecklichen Krankheit betroffen sind", sagte ein Regierungssprecher in London. Mit allen Mitteln versucht die Regierung, die Seuche in den Griff zu bekommen. Seit Jahren ist deswegen zu bestimmten Zeiten und in ausgewiesenen Gegenden das Keulen von Dachsen erlaubt, die die Krankheit ebenfalls übertragen können – auch dies ruft immer wieder lautstarke Proteste hervor.

Die Praxis soll von 2022 an auslaufen, trotz des Protests von Landwirten. Alternativen sind aber noch nicht spruchreif.

(APA, dpa, 31.8.2021)