Alpbach – Kann Österreich im Klimaschutz als winziges Land überhaupt etwas vorantreiben? Diese Frage wurde im Rahmen der Wirtschaftsgespräche am Forum Alpbach mehrmals beleuchtet. Für Microsoft-Österreich-Chef Hermann Erlach lautet die Antwort: Ja. Zwar sei Österreich kein Eiland, das im Alleinschritt für eine Wende sorgen kann, "aber irgendwer muss einmal den Schritt wagen", meint der gebürtige Osttiroler. "Die Rahmenbedingungen müssen so gesetzt werden, dass ich profitiere, wenn ich klimafreundlich agiere, und draufzahle, wenn ich es nicht mache."

Einige solche Rahmenbedingungen – Stichwort Ökosteuerreform – stehen in Österreich noch aus. Man befände sich dahingehend auf "einer Aufholjagd", sagte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) mit Verweis auf bestehende Modelle in Deutschland, Schweden und der Schweiz. Neue Details dazu, wie die für Anfang 2022 geplante Ökosteuerreform aussehen wird und wie hoch der geplante CO2-Einstiegspreis sein soll, wollte die Ministerin auf Nachfrage nicht nennen. "Es macht keinen Sinn, über eine Zahl ohne die übrigen Details zu diskutieren."

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Der hohe Anteil erneuerbarer Energie zog Microsoft nach Österreich.
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Ein CO2-Preis hätte, so Erlach, zwar kurzfristig einen negativen finanziellen Einfluss, aber: "Dann muss ich mein Unternehmen eben so ausrichten, dass ich das langfristig finanziell wieder wettmachen kann." Der Konzern mit Hauptsitz in den Vereinigten Staaten hat sich selbst zum Ziel gesetzt, bis 2030 international CO2-neutral zu sein; bis 2050 sollen alle historisch entstandenen Emissionen durch Wiederaufforstung und anderen Maßnahmen kompensiert werden.

Der IT-Gigant will bis 2025 alle Rechenzentren komplett mit erneuerbarer Energie versorgen – laut Erlach einer der Gründe, warum sich der Tech-Konzern in Österreich angesiedelt hat. Auch darüber hinaus sucht Microsoft derzeit nach Möglichkeiten eines nachhaltigeren Geschäftsmodells: In Schottland wurde beispielsweise ein erster Versuch für ein "versunkenes" Datenzentrum gestartet, um weniger Energie für die Kühlung aufwenden zu müssen.

Neuer Diskurs notwendig

Insgesamt sei eine Neuausrichtung der Klimaschutzdebatte notwendig, sind sich Gewessler und Erlach einig: "Man kann nicht mit den Hürden anfangen und sagen, aus dem und dem Grund funktioniert es in Österreich nicht", sagte der Unternehmer. Viel wichtiger sei es, der Bevölkerung ein Zielbild zu formulieren und nach und nach die Hürden aus dem Weg zu räumen.

Im Digitalisierungsbereich hätte Europa jedenfalls nicht rechtzeitig investiert – ein Vorsprung für die USA, der aus der Sicht Erlachs nur schwer aufzuholen sei. Österreich habe aber die nach wie vor vorhandene Chance, sich als neutrales Land mit gutem Standort in der Digitalisierung vorne zu positionieren. Nun habe Europa die besondere Chance, beim Klimaschutz Vorreiter zu werden, sagte Erlach. Angesichts des stark steigenden Energiebedarfs sei eine Neuausrichtung auch notwendig. Eine Sicht, die auch Gewessler teilt: Noch habe Europa die Chance, sich als Weltmarktführer für nachhaltige Technologien zu positionieren. (lauf, 31.8.2021)