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Kurz und Merkel trafen einander wohl zum letzten Mal in Berlin in Kanzleramt.

Foto: Reuters

Einfach haben es die beiden nicht immer miteinander gehabt. Doch nun, beim letzten Besuch, stehen Kanzler Sebastian Kurz und seine deutsche Amtskollegin Angela Merkel einträchtig nebeneinander.

"Noch mal herzlich willkommen, lieber Sebastian, in Berlin", sagt Gastgeberin Merkel und betont auch gleich, "dass unsere bilateralen Beziehungen sehr, sehr gut sind."

"Vielen Dank für die gute Zusammenarbeit", gibt Kurz zurück. Zweimal war er in den vergangenen Monaten in Berlin gewesen, ohne Merkel persönlich sehen zu können. Terminschwierigkeiten, hieß es jedes Mal.

Doch jetzt ist der Zeitpunkt des Abschieds gekommen, und derlei passiert natürlich persönlich. In dreieinhalb Wochen ist deutsche Bundestagswahl, sobald die neue Regierung steht, packt Merkel ihre Kisten und zieht aus dem Kanzleramt aus.

Keine Lust auf Debatte

Zu besprechen haben die beiden aber noch genug – von Corona bis Afghanistan. Eine neue große Fluchtbewegung käme sowohl Merkel als auch Kurz sehr ungelegen. Kurz legt seine Haltung noch einmal dar, doch auch Merkel hat keine Lust auf eine Debatte über Flüchtlingskontingente.

Sie will nicht, dass das Thema der AfD im Wahlkampf noch in die Hände spielen könnte. Schließlich ist diese mit der Fluchtbewegung ab dem Jahr 2015 groß geworden. Das war auch jenes Thema, das Merkel und Kurz entzweit hat. Kurz fand Merkels liberale Asylpolitik nicht gut, sie seinen harten Kurs schlecht.

Auch dass Österreich bei den Corona-Hilfen in der EU zu den "sparsamen" – andere sagten "geizigen" – Ländern gehörte, kam in Berlin negativ an. Merkel erwähnt an diesem letzten Besuchstag auch noch einmal, dass man sich in Transitfragen nicht immer einig sei.

Merkels Prägung der EU

Doch im Großen und Ganzen: Schwamm drüber. Zum Abschied fällt kein böses Wort. Was bleibt von der Ära Merkel, wird Kurz gefragt. "Das würde den Rahmen sprengen", antwortet er zunächst und meint dann: "Ich versuche es in ein paar Worten."

Der Europäische Rat verliere mit Angela Merkel "eine Regierungschefin, die die Europäische Union so gestaltet und geprägt hat wie keine andere", sagt er und führt den "unglaublichen Erfahrungsschatz" an, den Merkel "in all die Debatten eingebracht hat". Das werde "nicht nur mir, sondern allen Regierungschefs im Europäischen Rat sehr fehlen". Für die Arbeit in Europa sagt Kurz "ein großes Danke". Bilateral hätten Österreich und Deutschland "in sehr, sehr vielen Fragen immer an einem Strang gezogen".

Bevor Merkel und Kurz dann zum Gespräch verschwinden, meint auch die Kanzlerin noch, dass das wohl letzte Arbeitstreffen im Berliner Kanzleramt "nicht langweilig" werden dürfte.

CD-Box und Tickets

Kurz ist zum Adieu-Sagen nicht mit leeren Händen gekommen. Musikliebhaberin Merkel bekommt von ihm eine Einladung auf Lebenszeit für die Salzburger Festspiele. Zudem erhält sie eine CD-Box, die zum 100-Jahr-Jubiläum des Festivals 2020 erschienen ist. Kurz traf in Berlin auch die deutsche Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer und Gesundheitsminister Jens Spahn (beide CDU) sowie den Chef der Lufthansa, Carsten Spohr.

Am Abend stand die Teilnahme am Wirtschaftstag des Wirtschaftsrats der CDU auf dem Programm, wo Kurz die "Gedenkmünze Ludwig Erhard in Gold" verliehen wurde. Bei der Veranstaltung traf Kurz den früheren Unionsfraktionschef Friedrich Merz. Der kämpft derzeit um ein Direktmandat für den Bundestag im Hochsauerlandkreis und wird den Einzug ins Parlament wohl schaffen. Im Wahlkampf wird Kurz auch noch mit Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet auftreten. (Birgit Baumann aus Berlin, 31.8.2021)