Medienmacher Wolfgang Fellner sieht sich rehabilitiert und glaubt nicht, dass der Boykott seiner Sendung seitens einiger Politikerinnen anhalten werde.

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Wien – Eine von der Wirtschaftsprüfungskanzlei BDO Austria durchgeführte Compliance-Analyse, die sich mit den von mehreren Frauen gegen Medienmacher Wolfgang Fellner vorgebrachten Vorwürfen der sexuellen Belästigung befasst, habe kein Fehlverhalten des CEOs der Mediengruppe Österreich festgestellt. Dies teilte die Mediengruppe, die auch den Auftrag zur Untersuchung erteilt hatte, am Dienstag in einer Aussendung mit. Der STANDARD bat Fellner um die Zusendung des vollständigen Untersuchungsberichts, eine Antwort ist noch ausständig. BDO verwies auf ihre Verschwiegenheitsverpflichtung.

Im Zuge der Analyse wurden Mitarbeiter, Betriebsräte und Führungskräfte befragt. Auch ein vertraulicher Kommunikationskanal sei eingerichtet worden, hieß es. Wolfgang Fellner und die frühere oe24.TV-Moderatorin Raphaela Scharf liefern sich seit Monaten eine rechtliche Auseinandersetzung vor dem Arbeitsgericht. Fellner habe Scharf rund um ein Fotoshooting sexuell belästigt, sie mit anzüglichen Kommentaren bedacht, bedrängt und eingeschüchtert, so die Vorwürfe. Scharf hatte nach ihrer Entlassung auf Wiederanstellung geklagt, Fellner reichte eine Unterlassungsklage gegen die heutige Krone.tv-Mitarbeiterin ein.

Weitere mutmaßliche Opfer

Auch Katia Wagner, einst freie Mitarbeiterin Fellners und inzwischen ebenfalls für Krone.tv tätig, sprach von ähnlichen Erfahrungen mit Fellner. Sie klagte mittlerweile wegen übler Nachrede, nachdem Artikel auf oe24.at erschienen waren, die ihre Glaubwürdigkeit infrage stellten. Fellner bestreitet die Vorwürfe sexueller Belästigung vehement.

Ebenso sprach die ehemalige Radiomoderatorin Angela Alexa öffentlich von sexuellen Übergriffen Fellners während einer Weihnachtsfeier. Diese Vorwürfe seien laut Fellner "frei erfunden".

Angeblich keine Beschwerden

Die von der Mediengruppe Österreich in Auftrag gegebene Compliance-Analyse kam nun zu dem Ergebnis, dass in den vergangenen fünf Jahren keine Beschwerde über sexuelle Belästigung mit Ausnahme jener von Scharf eingebracht wurde. Aktuell beschäftigte Mitarbeitende meldeten keine Wahrnehmungen zu unangebrachten körperlichen Berührungen oder Forderungen nach sexuellen Gefälligkeiten als Gegenleistung für berufliche Vorteile.

Fellner selbst legte bereits in einem der Gerichtsverfahren gegen Scharf Erklärungen von Verantwortlichen in seinen Unternehmen vor. In quasi identischen Formulierungen garantierten sie mit ihrer Unterschrift vor Gericht, keine Beschwerden über sexuelle Belästigung durch Fellner erhalten zu haben. Eine Programmdirektorin aber bestätigte mit ihrer Unterschrift, dass an sie neben jener Beschwerde Scharfs auch eine weitere Beschwerde wegen sexueller Belästigung herangetragen wurde. Die betroffene Frau sagte bereits im Verfahren gegen Scharf aus und sprach von einem "Poklapser". Außerdem sagte vor Gericht ein ehemaliger Betriebsrat des Fernsehsenders aus. Er will während seiner Zeit zahlreiche Beschwerden ähnlich jener von Scharf von Kolleginnen aufgenommen haben. Fragen zu diesen Beschwerden, die offensichtlich nicht in den Bericht aufgenommen wurden, wollte BDO auf Nachfrage nicht beantworten.

Abgelehnte Interviews

Scharf und Wagner wurden von BDO Interviews angeboten, diese kamen aber nicht zustande. Die E-Mail-Korrespondenz zwischen BDO und dem Anwalt der beiden Frauen, Michael Rami, liegt dem STANDARD vor. Im ersten Interviewangebot hatte BDO auch die Anwältin Fellners, Kristina Venturini, zur Befragung eingeladen. Scharf und Wagner verlangten daraufhin ein Interview im Beisein einer unabhängigen Expertin in Belästigungsfragen. Daraufhin schlug BDO ein Interview ohne jegliche anwaltliche Vertretung vor. Warum auch dies abgelehnt wurde, erklärt Rami so: "Meine Mandantinnen haben den Standpunkt vertreten, dass eine seriöse Untersuchung nur durchgeführt werden kann, wenn auch tatsächlich unabhängige Expertinnen für sexuelle Belästigung beigezogen werden, nicht aber Fellners Anwältin oder die Wirtschaftsprüfer seines Verlags." Auch der angekündigte Zugang zu einer Austauschplattform für Unterlagen sei Rami nicht gewährt worden. Eine Anfrage an BDO zu dieser Darstellung beantworteten die Wirtschaftsprüfer nur allgemein.

Die Geschäftsführung der Mediengruppe Österreich zeigt sich mit dem Ergebnis der Untersuchung zufrieden. Es gebe "aus juristischer Sicht keinerlei Hinweise auf ein strafgesetzlich relevantes Verhalten von Wolfgang Fellner in Hinblick auf sexuelle Belästigung durch unsittliche körperliche Berührungen". Die internen Untersuchungen in dieser Causa seien damit abgeschlossen, so die Geschäftsführung. Vor Gericht läuft die Causa allerdings weiter. Rechtskräftige Entscheidungen liegen bisher noch nicht vor. Im September sind die nächsten Verhandlungen angesetzt. BDO bestätigt auf Nachfrage, dass ihr Bericht in der OTS-Aussendung von Fellner korrekt wiedergegeben wurde.

Fellner will wieder moderieren

Wolfgang Fellner gab wegen der Vorwürfe die Moderation der auf oe24.tv ausgestrahlten Talk-Sendung "Fellner! Live" im Mai auf eigenen Wunsch ab. Damit kam er einer Erklärung hochrangiger Politikerinnen zuvor, die ihm bis zur Ausräumung der Vorwürfe nicht länger für Interviews zur Verfügung stehen wollten. Ab Mittwoch wolle er nun wieder moderieren, sagte Fellner im Gespräch mit der APA. Dabei werde ihn zunächst Innenpolitik-Journalistin Isabelle Daniel zum Compliance-Verfahren interviewen.

Dass ihn Politikerinnen wie Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer, SPÖ-Frauenchefin und Vizeklubchefin Gabriele Heinisch-Hosek oder Neos-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger, die die Erklärung damals unterstützten, weiterhin boykottieren, glaubt Fellner nicht. "Das kann ich mir nach Vorliegen des Ergebnisses der Compliance-Analyse nicht vorstellen. Alle Vorwürfe sind in sich zusammengebrochen", so der Medienmacher. Er finde die Vorverurteilungen der Politikerinnen bedauerlich und erachte eine Entschuldigung als angebracht. Sollte der Boykott dennoch aufrechtbleiben? "Ich denke, dass ich auf Sigrid Maurer verzichten kann", meinte Fellner. (Laurin Lorenz, APA, 31.8.2021)