Babys und Kleinkinder bis zum Alter von 15 Monaten sollten in Kindersitzen nach Meinung des ÖAMTC jedenfalls gegen die Fahrtrichtung gesichert werden – und auch darüber hinaus kann das sinnvoll sein. Diese Art der Kindersicherung funktioniert auf dem Beifahrersitz – dabei unbedingt den entsprechenden Airbag ausschalten – inzwischen genauso wie auch im Fond.

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Für Kinder bis 14 Jahre, die kleiner als 1,35 Meter groß sind, gibt es in Österreich eine Kindersitzpflicht. Kinder, die größer sind, dürfen einen üblichen Sicherheitsgurt benutzen. Und bis zu dieser Größe brauchen sie unterschiedliche Rückhaltesysteme, die jeweils dem Gewicht und der Körpergröße angepasst sind. Kindersitze dürfen zudem auch nur auf Fahrzeugsitzen mit einem entsprechenden Sicherheitsgurt benutzt werden.

Der richtige Kindersitz

"Ein passender Kindersitz schütz den gesamten Oberkörper des Kindes und stützt dessen Kopf ab. Gurte müssen auf Schulterhöhe aus der Lehne direkt über die Schlüsselbeine und im Bereich der Beine möglichst genau über den Beckenknochen verlaufen", erklärt Steffan Kerbl, Leiter Test und Technik des ÖAMTC. "Selbst wenn die Kinder schlafen, müssen sie fest angeschnallt bleiben, nur wenn das Fahrzeug sicher geparkt oder abgestellt ist, dürfen die Gurte auch gelockert oder geöffnet werden."

Kindersitze dürfen auch auf dem Beifahrersitz montiert werden. Sitzt das Kind in Fahrtrichtung, soll es dabei so weit hinten sein, dass der Oberkörper so weit vom Armaturenbrett entfernt ist, wie es der eigene wäre – damit im schlimmsten Fall das Kind den Airbag nutzen kann und dieser nicht zu nahe am Körper und Gesicht aufgeht.

Gegen oder in die Fahrtrichtung

Sitzt das Kind in seinem Rückhaltesystem gegen die Fahrtrichtung auf dem Beifahrersitz, dann muss der Beifahrer-Airbag unbedingt abgeschaltet werden. Kindersitze, die gegen die Fahrtrichtung montiert werden, "empfehlen wir, solange es für das Kind halbwegs erträglich bleibt. Babys und Kleinkinder sollten bis 15 Monate jedenfalls entgegen der Fahrtrichtung gesichert werden, die meisten Systeme lassen das ja gar nicht anders zu", erklärt Steffan Kerbl. "Im Alter von etwa eineinhalb bis vier Jahren gibt es eine rege Debatte darüber, wie lange ein Kind rückwärts gerichtet im Fahrzeug befördert werden soll. Es gibt ja Meinungen – und sogar passende Sitze – dazu, Kinder bis zum sechsten Lebensjahr oder 1,25 Meter Körpergröße entgegen der Fahrtrichtung zu befördern, aber das ist eine in der Praxis kaum befriedigend umsetzbare Forderung", sagt Steffan Kerbl.

Es gebe aber auch andere Lösungen, etwa sogenannte Fangkörpersysteme, umgangssprachlich würde man wohl "Tischerl" dazu sagen, die dem Kind eine sichere Beförderung auch in Fahrtrichtung ermöglichen. Diese Systeme können etwa ab eineinhalb Jahren, beziehungsweise wenn die Schultern des Kindes über dem Fangkörper liegen, akzeptabel benutzt werden und "liefern in den ÖAMTC-Tests ähnlich günstige Belastungswerte wie rückwärtsgerichtete Systeme".

Was dazu kommt ist, dass bei modernen Autos die Sitzposition keine so große Rolle mehr spielt, denn Kinder ab einer Größe von 1,25 Metern können auf der Beifahrerseite bereits von den Airbags profitieren, da der Bewegungsablauf bei einem Unfall jenen der Erwachsenen mit zunehmender Körpergröße ähnlicher wird. Doch in jedem Fall ist es wichtig, einen Kindersitz zu haben, der genau zu den Bedürfnissen des Kindes passt.

Sitzerhöhung erst ab vier Jahren

Steffan Kerbl fasst das so zusammen: "Der Kopf muss sich innerhalb der Kopfstütze befinden, ragt er darüber hinaus, ist der Sitz bereits zu klein. Die Gurte müssen sich straff an den Körper des Kindes schmiegen, ist die Austrittsöffnung hinter der Schulter zu tief und lässt sich diese nicht verstellen, ist der Sitz zu klein für das Kind." Sitzerhöhungen, mit denen ein Kind schon direkt mit dem Fahrzeuggurt gesichert wird, sollten nach Meinung des ÖAMTC frühestens ab dem dritten, besser noch sogar erst ab dem vierten Lebensjahr eingesetzt werden. Der Grund dafür ist, dass sich Kinder in solchen Systemen relativ leicht selbst vom Gurt befreien können.

Ladungssicherung

Sichert man die Kinder auf den Rücksitzen, wird manchem erst wirklich bewusst, wie entscheidend die korrekte Sicherung der Ladung im Kofferraum ist – gerade bei Urlaubsfahrten sind viele Autos sehr stark beladen. Doch nur mit Kindern im Auto an die korrekte Verwahrung der Koffer zu denken, ist natürlich zu kurz gegriffen, erklärt Hermann Wirrer, Chefinstruktor der ÖAMTC-Fahrtechnik für Nutzfahrzeuge: "Grundsätzlich muss man immer auf die Sicherung der Ladung achten, unabhängig davon, ob Kinder mit an Bord sind oder nicht." Denn jede ungesicherte Ladung kann im Fahrzeug zu einem gefährlichen Geschoss werden, unabhängig davon, ob es sich um eine Gefahrenbremsung oder einen Unfall handelt. "Daher gilt: Schwere Ladung so tief wie möglich, Leichtes nach oben. Ladung so lückenlos wie möglich schlichten und am besten vorn an der Rückenlehne anstehen lassen", erklärt Hermann Wirrer. Er verweist zudem darauf, dass jeder Hersteller sowie der Fachhandel eine große Anzahl an Ladungssicherungsmitteln anbieten. Eine weitere Möglichkeit, Gepäck noch besser vom Fahrgastraum zu trennen, ist es vor allem bei schweren Lasten, die hinteren Sitzgurte quer zu schließen und so ein weiteres Auffangsystem zu installieren. Das geht allerdings nur, wenn die Gurte nicht zum Sichern von Kindern oder Erwachsenen gebraucht werden.

Assistenzsysteme

Nach dem tragischen Unfall am Montag auf der A2 stellt sich auch die Frage, wie weit Assistenzsysteme einen solchen Unfall verhindern können. Was den genauen Unfallhergang angeht, dazu kann die Polizei noch keine Auskunft geben, die Ermittlungen und Einvernahmen laufen noch. Doch grundlegend hält Roland Frisch, Chefinstruktor Pkw der ÖAMTC-Fahrtechnik, fest: "Es gibt für fahrende wie auch für stehende Fahrzeuge Assistenzsysteme, die Insassen schützen", die häufig als Pre-Crash- oder Pre-Safe-Systeme bezeichnet werden. "Hier werden die Insassen auf den bevorstehenden Aufprall – auch auf einen Heckaufprall – vorbereitet. Gurtstraffer ziehen sich an, Fenster schließen, Sitze positionieren sich entsprechend, das Schiebedach schließt." Und es gibt Assistenzsysteme die ein langsam fahrendes oder ein stehendes Fahrzeug vor einem erkennen, was etwa in Stausituationen helfen kann, einen Unfall zu vermeiden. Solche Kollisionsschutzsysteme erkennen nicht nur das Hindernis, sondern beginnen auch selbstständig mit einer Vollbremsung, sollte der Fahrer nicht reagieren.

Der beste Schutz, um Unfälle wie am am Montag zu verhindern, sind aber in jedem Fall ein angepasstes Tempo innerhalb der Limits, ungeteilte Aufmerksamkeit für das Geschehen auf der Straße, das Einhalten des Sicherheitsabstands und die entsprechende Sicherung der Insassen und der Ladung. (Guido Gluschitsch, 1.9.2021)