Weina Zhao spricht mit ihren Eltern und Großeltern.

Foto: Langbein&Partner Filmproduktion

Sowohl Österreich als auch China blicken auf eine lange Heimatfilmtradition zurück. Doch wo man sich im Alpenfilm der 1950er an k. u. k. Traditionen orientiert hat, um sich der österreichischen Identität und Unschuld zu vergewissern, wurde im maoistischen China ein neuer Menschentypus geboren: in Kollektivwirtschaft redlich vereinte Bauern und Arbeiter. Letzteres bedeutete das Karriere-Aus für den Regisseur Yunwei Ying, der 1934 den ersten chinesischen Tonfilm drehte und, obwohl vom kommunistischen Wandel überzeugt, während der maoistischen Kulturrevolution von Studentenkorps erschlagen wurde.

Nach Wien benannt

Yunwei Ying ist der Urgroßvater der Filmemacherin Weina Zhao, die gemeinsam mit Judith Benedikt eine Familiengeschichte vorlegt, wie sie nur selten zu sehen ist. Weina ist nach Wien benannt, wo sie aufgewachsen ist. Ihre Mutter stammt aus einer Pekinger Intellektuellen-, der Vater aus einer nordchinesischen Bauernfamilie. "Weiyena – Ein Heimatfilm" spürt beiden Familiensträngen in berührenden und amüsanten Gesprächen mit den Großeltern und Eltern nach. So entfaltet sich ein facettenreiches Bild der Geschichte Chinas, vom wilden Peking der 1930er über die japanische Besetzung der 1940er zur wirtschaftlichen Öffnung der 1980er.

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Unterlegt sind die Reisen ins gegenwärtige und vergangene China mit dokumentarischen und Archivaufnahmen (teilweise aus den Filmen und Wochenschauen des Urgroßvaters und der Großmutter mütterlicherseits) und mit einem Offkommentar, in dem die Regisseurin Chinas Geschichte kontextualisiert und ihre eigene Identitätssuche befragt. Auf der Suche nach Heimat trifft man nicht auf stabile Grenzen, sondern auf fragmentierte Erzählungen, die den Blick auf größere Zusammenhänge öffnen. (Valerie Dirk, 2.9.2021)