Krankenhauskeime wie resistente Staphylococcus-aureus-Formen sorgen für Probleme, die immer schwieriger zu bewältigen sind.
Foto: Armin Weigel / APA / DPA

Deutsche Wissenschafter haben Bakterien entdeckt, die gegen eine vielversprechende Wirkstoffkombination von Reserve-Antibiotika resistent sind. "Das ist besorgniserregend, denn diese Wirkstoffkombination wird hier noch nicht klinisch eingesetzt", sagte der Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie der Universität Gießen, Trinad Chakraborty.

Eigentlich sei die Wirkstoffkombination ein Hoffnungsträger gewesen, um gefährliche antibiotikaresistente Krankenhauskeime zu behandeln. Diese Erwartung könne nach dieser Erkenntnis möglicherweise nicht erfüllt werden, hieß es. Die Wissenschafter der Universität Gießen und des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) in Braunschweig präsentieren ihre Ergebnisse im Fachjournal "Antimicrobial Agents and Chemotherapy".

Resistenz bereits ausgebildet

Ein Schwerpunkt des DZIF ist die Forschung an neuen Antibiotika. Konkret geht es um sogenannte Enterobakterien. Dazu zählen Krankenhauskeime, die schwere Infektionen im Darm und in den Harnwegen verursachen können. Laut den Wissenschaftern steigt die Gefahr, sich mit diesen Erregern zu infizieren, da sie zunehmend widerstandsfähig gegen eine bestimmte Gruppe von Antibiotika sind, die sogenannten Carbapeneme. Diese gelten als entscheidende Antibiotika-Reserve für Notfälle, wenn andere Antibiotika nicht mehr anschlagen.

Um Enterobakterien dennoch behandeln zu können, setzen Forscher auf eine neue, in Deutschland bisher nicht eingesetzte Kombination aus zwei antimikrobiellen Substanzen – dem älteren Antibiotikum Aztreonam und dem neueren Hemmstoff Avibactam. Die Kombination soll die Resistenz gegen Carbapeneme aufheben und die Bakterien wieder angreifbar machen.

Nun fanden die Forscher im Rahmen einer Überwachungsstudie zu hochresistenten Erregern in Hessen mithilfe einer Genomanalyse Bakterien, denen die Aztreonam-Avibactam-Kombination bereits nichts mehr anhaben kann. Es ist den Angaben zufolge das erste Mal, dass solche resistenten Erreger auch in Deutschland nachgewiesen wurden.

Falscher Einsatz

Gerade in Krankenhäusern zirkulieren oft Bakterien, gegen die kaum ein Antibiotikum mehr wirkt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht in wachsenden Resistenzen eine große Gefahr. Von Antibiotikaresistenz sprechen Experten, wenn Patienten auf ein Antibiotikum nicht reagieren, das heißt, wenn die krank machenden Bakterien durch das Antibiotikum nicht vernichtet werden.

Solche Resistenzen können sich entwickeln, wenn bei einem Antibiotikaeinsatz einige Bakterien überleben. Diese resistenten Bakterien können sich ausbreiten, ihr Resistenzmechanismus auf andere Erreger übergehen. Krank machende Bakterien können auch gegen mehrere Mittel Resistenzen aufbauen. Widerstehen Bakterien allen einsetzbaren Antibiotika, gibt es oft kaum Heilungschancen.

In vielen Ländern werden nach Expertenangaben mehr als die Hälfte der Antibiotika falsch eingesetzt. So bekommen Patienten Antibiotika bei Virusinfektionen, obwohl sie nur bakterielle Infektionen bekämpfen – oder aber ein Breitband-Antibiotikum, wenn ein zielgerichteteres Medikament besser wäre. (APA, red, 1.9.2021)