Massive Steuererhöhungen und internationale Isolation drohten, wenn Die Linke an die Macht käme. Das zumindest sagt die Union.

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Eigentlich mag Angela Merkel sich nicht mehr einmischen. "Ihr wisst ja, dass ich mich seit der Abgabe des CDU-Vorsitzes vor fast drei Jahren grundsätzlich aus Wahlkampfveranstaltungen heraushalte. Amtsvorgänger, die ihre politische Arbeit beenden, sollten sich zurücknehmen", sagte sie vor zehn Tagen in Berlin.

Da war sie doch einmal in diesem Wahlkampf aufgetreten, um Unionskanzlerkandidat Armin Laschet beim Start in die heiße Phase beizustehen.

Nachfolger Scholz

Jetzt hat sie sich wieder eingemischt, und zwar in ziemlich bemerkenswerter Weise. Als Bundeskanzler Sebastian Kurz zum Abschiedsbesuch in Berlin war, wurde sie bei der Pressekonferenz gefragt, was sie denn davon halte, dass SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz "Erbschleicherei" betreibe. Das werfen der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und sein hessischer Amtskollege Volker Bouffier (CDU) Scholz vor. Denn dieser präsentiert sich gerne als Merkels legitimer Nachfolger in puncto Erfahrung. Das geht so weit, dass er sich mit Merkel-Raute ablichten lässt.

Als Merkel also auf die "Erbschleicherei" angesprochen wurde, wurde sie schneidend und erklärte, dass "da ein gewaltiger Unterschied für die Zukunft Deutschlands zwischen mir und ihm besteht". Denn: "Mit mir als Bundeskanzlerin würde es nie eine Koalition geben, in der Die Linke beteiligt ist. Und ob dies von Scholz so geteilt wird oder nicht, das bleibt offen."

Zuvor, im TV-Triell, hatte schon Laschet Scholz bedrängt, er solle sich doch klar von der Linkspartei distanzieren. Diese wolle den Verfassungsschutz abschaffen, aus der Nato austreten und habe zudem im Bundestag die Zustimmung zum Evakuierungseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan verweigert.

Laschets Wunsch

Er solle klar sagen, dass er mit der Linken keine Regierung bilden werde, forderte Laschet und verlangte von Scholz, diesen einen Satz auszusprechen: "Ich mache es nicht."

Doch Scholz wollte Laschet nicht folgen, sondern sprach lieber von Grundsätzen für eine Regierungsbildung. "Es muss ein klares Bekenntnis zur Nato geben. Und das müsse "vom tiefen Herzen gemeint sein".

Daraufhin warf Laschet Scholz vor zu "eiern". Der CDU-Chef fürchtet, wie auch Söder in Bayern, dass Scholz mit der Linken und den Grünen eine Koalition bilden könnte, um sich seinen Traum von der Kanzlerschaft zu erfüllen.

"Es müssen jetzt die Alternativen auf den Tisch, und die heißen Linksruck oder bürgerliche Regierung", sagt Söder. Sollte es zu einer linken Regierung kommen, seien auch "massive Steuererhöhungen" zu erwarten. Dies solle in der Schlussphase des Wahlkampfes stärker betont werden. Denn: "Das sind schon sehr weitreichende Konsequenzen, und die müssen jetzt in den Mittelpunkt."

"Rote-Socken-Kampagne"

In der SPD wittert man eine neue "Rote-Socken-Kampagne" und ist sauer. "Wer jetzt ernsthaft glaubt, dass mit Olaf Scholz die kommunistische Gewaltherrschaft in Deutschland einzieht, dass der mit der roten Fahne bald durch den Bundestag läuft, der ist ein bisschen falsch gewickelt. Und das wissen die Leute in Deutschland auch", klagt SPD-Vize Kevin Kühnert.

Rote Socken spielten erstmals im Wahlkampf 1994, also fünf Jahre nach dem Ende der DDR, eine Rolle. Der damalige CDU-Generalsekretär Peter Hintze ließ sie als Warnung vor der PDS, die ja aus der DDR-Staatspartei SED hervorgegangen war, auf Plakate zu drucken und dazuschreiben: "Auf in die Zukunft ... aber nicht auf roten Socken."

CSU-Generalsekretär Markus Blume warnt auch jetzt: "SPD und Grüne werden keine Sekunde zögern, mit der SED-Nachfolgepartei Die Linke eine Koalition zu bilden."

Keine Abweichen vom Kurs

Dietmar Bartsch, Spitzenkandidat von Die Linke, hat klargestellt, dass seine Partei ihre Positionen aufrechthalten werde: "Die Linke geht mit ihrem Programm in die Wahlauseinandersetzung und ändert dort nichts."

Eine rot-rot-grüne Koalition wäre auf Bundesebene in Deutschland rechnerisch schon möglich gewesen. Doch die außen- und sicherheitspolitische Haltung der Linken gilt als größtes Hemmnis.

Sie fordern die Auflösung der Nato, diese soll durch ein kollektives Sicherheitssystem mit russischer Beteiligung ersetzt werden. Außerdem steht im Wahlprogramm: "Die Bundeswehr muss aus allen Auslandseinsätzen abgezogen werden." Das zielt auf Kampfeinsätze. Friedenssichernde Einsätze sehen manche weniger kritisch. (Birgit Baumann aus Berlin, 1.9.2021)