Der frühere Vizekanzler Strache wurde nicht rechtskräftig zu 15 Monaten bedingter Haft verurteilt.

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Die Frage stellt sich in jedem Wahlkampf aufs Neue, aber seit dem Urteil gegen Heinz-Christian Strache ist sie wieder besonders drängend: Wie finanzieren sich unsere Parteien? Welche Rolle spielen Spenderinnen und Spender, Vorfeldorganisationen, Vereine? Vor allem aber: Läuft da womöglich etwas krumm? Und wie lässt sich dagegen vorgehen?

Grundsätzlich finanzieren sich Parteien zum größten Teil über die staatliche Parteienfinanzierung, erklärt der Politikwissenschafter Hubert Sickinger. Vor allem bis 2019 kamen in unterschiedlichem Ausmaß Parteispenden dazu. Darüber hinaus fließen Mitgliedsbeiträge, Förderungen für Klubs und politische Akademien sowie Spenden der Bundesländer ins Parteibudget.

Keine Großspenden mehr

Zur Debatte stand all das während des Wahlkampfs 2017, als die Wahlkampfkostenüberschreitungen und Großspenden – vor allem aufseiten der ÖVP – für Diskussionen sorgten. In den Fokus geriet das heimische System der Parteienfinanzierung aber spätestens mit Auftauchen des Ibiza-Videos im Mai 2019. In den in Spanien festgehaltenen Aufzeichnungen beschreibt der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung amtierende Vizekanzler und Chef der FPÖ, Heinz-Christian Strache, wie "einige sehr Vermögende" den Parteien zwischen 500.000 und eineinhalb bis zwei Millionen" zahlen würden – nicht ihnen direkt, sondern ihnen nahestehenden Vereinen. Dann müsse das Geld nämlich nicht dem Rechnungshof gemeldet werden, wie Strache in den Aufnahmen selbst betont.

Die türkis-blaue Regierung stürzte, im anschließenden "freien Spiel der Kräfte" beschloss der Nationalrat eine Reform der Parteienfinanzierung: Sie brachte eine Verschärfung der Sanktionen bei Überschreitung der zulässigen Wahlwerbungskosten und erstmals eine generelle Obergrenze für Spenden. Jährliche finanzielle Zuwendungen sind nunmehr pro Spender auf 7500, pro Partei auf 750.000 Euro limitiert. Jeder Beitrag von über 2500 Euro muss dem Rechnungshof gemeldet werden, zuvor waren es 51.000. Seither spielen Spenden als Einnahmequelle kaum noch eine Rolle.

Dass sich Parteien aber immer noch der Kontrolle des Rechnungshofs entziehen können, kritisiert unter anderen Franz Fiedler, früherer Präsident des Rechnungshofs und Ex-Präsident des Beirats der NGO Transparency International in Österreich. Die oberste Finanzbehörde erhält lediglich Einsicht in Rechenschaftsberichte der Parteien. Zudem blieben die von Strache auf Ibiza ins Spiel gebrachten "Umgehungsmöglichkeiten" über formal getrennte Vereine bestehen.

Kammern-Spenden

Der Politologe Hubert Sickinger "schwankt", wie er sagt, was die Bewertung der Reformen betrifft. Einerseits sollen sich finanzstarke Spender freilich keinesfalls politische Gefälligkeiten erkaufen können. Genau das wurde gerade im Prozess rund um Strache verhandelt, der vergangenen Freitag nicht rechtskräftig wegen Bestechlichkeit zu 15 Monaten bedingter Haft verurteilt wurde. Die Richterin geht in ihrem Urteil davon aus, dass der Multimillionär und ehemalige Betreiber der Privatklinik Währing, Walter Grubmüller, insgesamt 12.000 Euro an die FPÖ spendete, damit Strache eine Gesetzesänderung durchsetzt. Durch sie sollte Grubmüllers Klinik in den Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds aufgenommen werden. Beide Angeklagten berufen.

Die andere Seite, sagt Sickinger, ist aber die: Parteispenden ermöglichen Parteigründungen. Neue Parteien bekommen logischerweise noch keine Parteienförderung. Um in einem Wahlkampf zu bestehen, braucht eine Partei aber Geld. Oder, wie Sickinger es formuliert: "Die Neos würde es nicht geben, wenn die Regelungen von heute damals schon gegolten hätten." Die Kleinpartei wurde bekanntlich massiv vom Industriellen Hans Peter Haselsteiner unterstützt.

Die Neos fordern aktuell eine Offenlegung aller Geldflüsse aus den Kammern sowie eine drastische Reduktion. Zuvor ging aus der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage hervor, dass vor allem die Wirtschafts-, aber auch die Arbeiterkammer ihren Fraktionen – und damit indirekt den Parteien – im Vorjahr knapp 33 Millionen Euro ausgezahlt haben. Das liegt über der diesjährigen Parteienförderung des Bundes (30,9 Millionen). Europaweit finanzieren sich Parteien großteils über den Staat. Österreich liegt seit Jahren im Spitzenfeld – weltweit. (Anna Giulia Fink, Katharina Mittelstaedt, 1.9.2021)