Der Journalist Michael Bonvalot hofft, dass die rechtsextremen Führungszirkel der Szene ins Visier der Justiz geraten.

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Innsbruck – Sie habe nur darauf aufmerksam machen wollen, dass sie dieses Posting schrecklich finde und den Inhalt ablehne, lautete die Rechtfertigung einer 55-jährigen Tirolerin, die am Mittwoch wegen Aufforderung zu einer mit Strafe bedrohten Handlung in Innsbruck vor Gericht stand. Die Frau war Mitglied in mehreren Telegram-Gruppen sogenannter "Corona-Maßnahmenkritiker". In einer solchen Gruppe teilte sie im Mai ein Posting, in dem dazu aufgerufen wurde, den Journalisten Michael Bonvalot zu töten. Im Wortlaut hieß es da: "Bitte findets den Hurensohn von Bonvalot und bringts erm um" (sic!).

Angesichts des eindeutigen Inhalts, der schwer missverstanden werden könne, schenkten weder die Richterin noch der Staatsanwalt der Angeklagten Glauben. Die Frau behauptete zudem, dass ihr weder der Urheber des von ihr geteilten Postings noch Bonvalot selbst bekannt gewesen sei. Allerdings konnte der bedrohte Journalist, der sich als Privatbeteiligter der Klage angeschlossen hatte, Chatprotokolle vorlegen, in denen sich die Angeklagte mit dem ihr angeblich unbekannten Urheber darüber unterhalten hatte, dass sie bei der polizeilichen Einvernahme leugnen solle, ihn zu kennen. "Das stimmt ja auch", sagte die Frau gegenüber der Richterin.

Glaubwürdige Reue

Im Gegensatz zu ihrem Rechtfertigungsversuch erschien zumindest die Reue der Angeklagten der Richterin glaubwürdig. Die Frau bat darum, nicht verurteilt zu werden, da sie Angst habe, dadurch ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Auch Bonvalot erklärte, dass er sich mit einer Diversion zufriedengeben würde. Im Gespräch mit dem STANDARD sagte er, dass er nicht glaube, die Frau sei in die rechtsextremen Führungszirkel der Szene involviert. Ihm wäre wichtig, dass die Personen, die im Hintergrund die Fäden ziehen, in den Fokus der Justiz geraten. Denn in diesen Kreisen kursieren konkrete Anschlagspläne und sehr detaillierte Aufrufe zu Gewalt gegen kritische Beobachter wie ihn.

Letztlich setzte es dennoch einen Schuldspruch für die Angeklagte. Die Richterin begründete ihn damit, dass sie die Erklärungsversuche für unglaubwürdig halte und derlei Aufrufe die Gefahr bergen, auch umgesetzt zu werden. Angesichts der steigenden Gewaltbereitschaft dieser Szene sei das Teilen solcher Aufrufe umso schwerwiegender.

Bei der Strafbemessung ließ das Gericht aber Nachsicht walten. Statt einer Freiheitsstrafe – bis zu zwei Jahre wären möglich gewesen – setzte es eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je acht Euro. Damit bleibt die Strafe unter jenem Rahmen, der im Register aufscheint, und es besteht keine Gefahr, dass die 55-Jährige ihren Job verliert. Der Staatsanwalt verzichtete auf Rechtsmittel, die Angeklagte hat noch drei Tage Zeit, das bis dahin nicht rechtskräftige Urteil zu beeinspruchen. (ars, 1.9.2021)