Leberhorst ist einer der veganen Aufstriche, eingedenk, wie der Name schon vermittelt, einer Leberwurst. Statt Leber und Fleisch sind beim Leberhorst Pilze für den Geschmack verantwortlich.

Foto: Goldblatt Food

Matthias Wiesenhofer und Melanie Zanter zogen aus Wien zurück nach Pöllau, um Goldblatt zu gründen.

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Fleisch- und Fischesser sind die Testesser, auf deren Urteil Mat und Mel am meisten geben. Matthias Wiesenhofer und Melanie Zanter produzieren im steirischen Pöllau unter dem Namen Goldblatt handgemachte vegane Aufstriche und Pasteten. Obwohl: Um genau zu sein, die Produktion schupft Matthias Wiesenhofer. Melanie Zanter ist vor allem für die Sichtbarkeit des Unternehmens auf den Social-Media-Kanälen verantwortlich. Und gemeinsam sind sie ziemlich erfolgreich.

Die Idee, das Unternehmen Goldblatt in Pöllau zu gründen, kam vor rund einem Jahr – quasi aus der Not heraus. Die veganen Produkte, welche die beiden im Handel fanden, waren ihnen nämlich nicht gut genug. "Wenn man vegan leben will, muss man auf nichts verzichten", sind sie überzeugt. "Aber was es am Markt gab, schmeckte entweder nach Essig oder Salz und hatte zu wenig Raffinesse."

Auf zu neuen Ufern

Darum hängte Matthias Wiesenhofer seinen gutdotierten Job als Steuerberater an den Nagel und erinnerte sich an seine Ausbildung an der Tourismusschule in Oberwart und seine Arbeit bei Reinhard Gerer und in der Saziani Stub’n. Melanie Zanter, Rechtsanwältin aus Hamburg, arbeitet auch heute noch zusätzlich zu ihrer Tätigkeit bei Goldblatt als Juristin für ein IT-Unternehmen.

Mat und Mel zogen von Wien zurück in die Heimat von Matthias Wiesenhofer, nach Pöllau, und sinnierten darüber, ob sich mit seiner Koch- und Experimentierfreude nicht ein Geschäft aufziehen lasse.

Fleischesser als Tester

Matthias Wiesenhofer probierte und ließ probieren. "Am Anfang verkostet die Familie, dann schicken wir Testpakete an Fleisch- und Fischesser", erklärt er. Die wissen am besten, wie nahe seine Pasteten und Aufstriche am Original sind. Denn mit Goldblatt wollen die beiden vor allem beliebte Produkte nachbauen, die an und für sich, oder eben oft auch, Fleisch und Fisch enthalten.

"Wir leben seit vier Jahren vegan, und so kann ich die Produkte nur nach einer Erinnerung abschmecken", sagt Matthias Wiesenhofer. Darum muss er auf die Gaumen vertrauen, die einen direkten Vergleich haben.

Geschmacksveränderung durch Lagerung

Rund 14 Monate dauert es, bis ein Aufstrich so weit ist, dass er verkauft werden kann. "Wir testen nicht nur den Geschmack, wir wollen auch wissen, wie sich dieser durchs Pasteurisieren verändert oder durch längere Lagerung." Erst wenn das alles den eigenen Ansprüchen – und jenen der Testesser – genügt, darf ein Produkt in den Handel oder den Webshop.

Goldblatt wurde heuer im April gegründet – inzwischen füllt Matthias Wiesenhofer jeden Monat rund 5000 Gläser ab, im Herbst rechnet er damit, dass er die Produktion verdoppeln muss, will er die Nachfrage befriedigen.

Jägeraufstrich ohne Jäger

Inzwischen gibt es acht verschiedene Aufstriche – vom Bratlfett über einen Eiaufstrich oder eine Lachspastete bis hin zu einem Jägeraufstrich. Alles vegan – sogar der Jägeraufstrich kommt laut Beschreibung am Glas ohne Jäger aus – und wird vorwiegend aus regionalen Bioprodukten hergestellt.

Allein das Rapsöl kommt aus Frankreich, "weil es keine desoderierten (geschmacksneutralen Anm.) Rapsöle aus Österreich gibt", erklärt Wiesenhofer. Und das Kokosfett gibt es hier natürlich auch nicht – das kommt aus Vietnam, ist ein Fairtrade-Produkt und wird vegan, also ohne den Einsatz von Affen, geerntet. Palmöl ist tabu.

Kein Plastik

Nachhaltigkeit ist den beiden ebenso wichtig wie das Tierwohl. Darum gibt es ihre Produkte auch nicht in Plastikbehältern, sondern in Gläsern. Und zehn Prozent vom Gewinn spenden die beiden für Gnadenhöfe und Tierschutzorganisationen. War zu Beginn der Onlinehandel über den eigenen Webshop das Hauptgeschäft, haben nun Einzelhandel, Gastronomie und Hotellerie stark aufgeholt. Vor allem Bioläden in ganz Österreich haben die Produkte der beiden im Sortiment.

"Am besten gehen Feld-Lax, Schwein g’habt und die Jägerpastete", sagt Matthias Wiesenhofer und meint damit eine Pastete ohne Lachs, das Bratlfett ohne Schwein und, na ja, Sie wissen schon.

Neue Kreationen

Derzeit tüftelt er an drei weiteren Fischalternativen, in denen vor allem Algen für den Geschmack verantwortlich sein dürften. Sonst kommen, je nach Aufstrich, vor allem frisches Gemüse, Kräuter, Pilze, Bohnen, Kichererbsen, Linsen, Tofu und Sojabohnen in die Gläser. Geschmacksverstärker gibt es keine.

Noch eine Aufgabe haben die beiden gerade. Durch den raschen Erfolg wird die angemietet Gastroküche als Produktionsstätte langsam zu klein. Und ein weiterer Mitarbeiter wäre auch nicht schlecht, hört man beim Gespräch heraus. Von der Handarbeit, den regionalen Zulieferern der Bioprodukte wollen die beiden aber nicht abgehen. (Guido Gluschitsch, 2.9.2021)