Im Zentrum der Kritik: Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) (li.) und der Urologe Ralf Herwig, derzeit ohne Zulassung, den Arztberuf auszuüben.

Foto: Land Tirol/Berger

Innsbruck – Mehr als 24.000 positive PCR-Test-Ergebnisse mitsamt personenbezogenen Patientendaten aus Tirol liegen dem STANDARD und dem ORF vor. Diese sensiblen Daten wurden vom ehemaligen Geschäftsführer der HG Lab Truck, Ralf Herwig, am 10. August offenbar ungesichert per E-Mail an einen externen IT-Techniker verschickt, der im Verdacht steht, unrechtmäßig eine Software zu deren Verarbeitung zu nutzen.

Unklar ist, wieso Herwig in Besitz dieser Daten war, nachdem er gemäß offizieller Darstellung der HG Lab Truck und des Landes Tirol seit Mai nichts mehr mit den PCR-Tests zu tun hat. Herwig spricht von "Back-ups", zu denen die Daten gedient hätten, und davon, dass er Opfer eines "Hackerangriffs" geworden sei. Doch Datenschutzexperten erachten diese Rechtfertigungsversuche für fadenscheinig und nicht plausibel.

Die Datenschutzbehörde wurde von den beiden Medien vor der Berichterstattung informiert und leitet nun ein Prüfverfahren ein. In den geleakten Dateien finden sich auch Namen von prominenten Politikern und deren Angehörigen. Etwa der von Andrea Haselwanter-Schneider (Liste Fritz), die mit ihrer Landtagsanfrage den Skandal rund um die HG Lab Truck im April losgetreten hatte. "Für mich ist das der Skandal im Skandal, ein neuer trauriger Tiefpunkt in der Causa Lab Truck ist damit erreicht", kommentiert die Politikerin das Datenleck.

Land hätte genauer hinsehen sollen

Sie sieht die "Platter-Regierung" in der Verantwortung: "Wer einen Auftrag von mehr als zwölf Millionen Euro vergibt, muss genauer hinsehen." Haselwanter-Schneider spielt damit auf die Rechtfertigung des Landes an, das auf die Verantwortung seiner Auftragnehmer bei der Einhaltung des Datenschutzes verweist.

Auch von anderen Parteien kam heftige Kritik an der Landesregierung. Der Digitalisierungssprecher der Neos, Douglas Hoyos, sagte: "Irgendwo ist hier gehörig geschlampt worden, und es erstaunt mich jedes Mal aufs Neue, wie schlecht es immer noch um die Datensicherheit hierzulande bestellt ist." Der Tiroler Neos-Vorsitzende Dominik Oberhofer attestierte: "Schon von Beginn hat hier nichts gepasst. HG Lab Truck hätte den Auftrag schon von vornherein nicht bekommen dürfen."

SPÖ-Tirol-Chef Georg Dornauer sieht den jüngsten Skandal als Folge "verfehlten Krisenmanagements und skandalöser Auftragsvergabe". Die ÖVP habe damit "einmal mehr dem Land und im konkreten Fall nun tausenden Einzelpersonen geschadet".

Der FPÖ-Nationalratsabgeordnete Gerald Hauser nannte Herwigs "Leichtsinnigkeit" im Umgang mit den Daten "vollkommen inakzeptabel" und fordert "volle Aufklärung", ob die Zusammenarbeit mit der HG Lab Truck tatsächlich beendet worden ist. (Steffen Arora, 1.9.2021)