Am "Nibelungenmarsch" – von dem wehrpolitisch anerkannten Verein Milf-O organisiert – nahmen auch deutsche Soldaten teil, die im Verdacht stehen, Teil eines rechtsextremen Netzwerks zu sein (Symbolbild).

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Am 17. September wird im niederösterreichischen Pöchlarn wieder marschiert. Der sogenannte Nibelungenmarsch wird von dem umstrittenen Verein Milf-O, was für "Militär Fallschirmspringer Verbund Ostarrichi" steht, organisiert – anschließend wird zu offenbar privaten Schießübungen in einem Tavernenkeller im Nachbarort geladen, wie aus Ankündigungen hervorgeht. Der Verein war in der Vergangenheit wegen seiner mutmaßlichen Nähe zum Rechtsextremismus in die Schlagzeilen geraten. Heute ist er ein wehrpolitisch anerkannter Verein des Bundesheeres und darf somit auch Teile der Heeresinfrastruktur nutzen. Für den grünen Wehrsprecher David Stögmüller sind der bevorstehende Marsch und das Schießtraining Anlass, eine Untersuchungskommission für alle wehrpolitischen Vereine zu fordern. "Wir haben Hinweise, wonach wieder Rechtsextreme für diese Veranstaltungen nach Österreich kommen", sagt Stögmüller zum STANDARD.

Bereits 2017 sollen laut Ermittlungsunterlagen deutscher Behörden zwei Mitglieder des rechtsextremen Hannibal-Netzwerks beim Marsch teilgenommen haben, DER STANDARD berichtete. In Chatgruppen des Netzwerkes tauschten sich Soldaten und Polizisten über den "Tag X", also den Zusammenbruch der staatlichen Ordnung, aus. So wurden in jener Chatgruppe, in der auch die zwei Personen aus Deutschland waren, sogenannte Feindeslisten von Personen angelegt, die am "Tag X" gesammelt und getötet werden sollen.

Verweis auf Datenschutz

Doch auch andere wehrpolitische Vereine stehen wegen ihrer Nähe zur rechtsextremen Szene in der Kritik. Insider berichteten in der Vergangenheit, dass Mitglieder der Identitären Bewegung an Schießübungen derartiger Vereine teilgenommen haben sollen. Überprüfen lassen sich solche Informationen von offizieller Stelle kaum. Bislang wurde im Verteidigungsministerium stets auf den Datenschutz verwiesen.

"Mich verwundert, dass es in bestimmten Fällen kein Problem ist, wenn ein Ministerium Vereine an die Öffentlichkeit zerrt, das Verteidigungsministerium aber seit Jahren keine Angaben zu wehrpolitischen Vereinen mit gewissen Privilegien macht", sagt Stögmüller. Er fordert, dass alle Vereine von einer Kommission auf rechtsextreme Tendenzen untersucht werden. Gebarung, Effektivität und Nutzen für das Bundesheer sowie die Frage, ob gewisse Tätigkeiten gegen die Werte des Bundesheers verstoßen, sollen untersucht werden. Der Bericht soll ans Parlament gehen, heikle Informationen könnten laut Stögmüller auch klassifiziert übermittelt werden.

"Partner des Bundesheeres"

Aus dem Verteidigungsministerium heißt es, dass bereits "vor einiger Zeit" ein Prozess eingeleitet worden sei, bei dem alle Vereine nach Effizienz, Effektivität und Nutzen für das Bundesheer überprüft werden. Wann diese Überprüfung abgeschlossen sein wird, könne noch nicht abgeschätzt werden. Im Regierungsprogramm der türkis-grünen Koalition ist jedenfalls eine Evaluierung der Kooperationen des Heeres mit privaten Vereinen vorgesehen.

Jene Vereine, die alle Kriterien erfüllen, werden laut Ministeriumssprecher zukünftig unter dem neuen Label "Partner des Bundesheers" geführt. Die Bezeichnung "wehrpolitisch anerkannter Verein" werde es nicht mehr geben. Überhaupt würden die Vereine überschätzt: Die Bezeichnung sei mehr wie eine "Medaille" für gewisse Vereine. Es könnten nur Kasernenräumlichkeiten für Vereinstätigkeiten genutzt werden.

Abwehramt warnte

Stögmüller zeigte sich auf erneute Nachfrage erfreut, dass offenbar "rasch gehandelt" worden sei. Er hoffe, dass auch das Parlament informiert werde und pocht auf die Einbeziehung des Abwehramts und der Revision des Bundesheers. "Eine Evaluierung ist zu wenig", sagte er. Das Abwehramt dient dem Eigenschutz des Bundesheers und achtet etwa darauf, dass die eigenen Reihen nicht von Rechtsextremen oder Islamisten infiltriert werden. In einem Konvolut an Vorwürfen, das Ende 2019 an die Öffentlichkeit geriet, warnten Mitarbeiter des Nachrichtendienstes vor einem bewaffneten Netzwerk in den eigenen Reihen.

2014 verbot das Ministerium Soldatinnen und Soldaten, mit Uniform am Nibelungenmarsch teilzunehmen. Diese Weisung sei noch aufrecht, hieß es aus dem Ressort von Klaudia Tanner (ÖVP). Ob und inwiefern der Marsch und das Schießtraining vom Abwehramt bzw. dem Verfassungsschutz beobachtet werden, will Stögmüller in einer parlamentarischen Anfrage an Verteidigungs- und Innenministerium wissen.

Terrorprozess in Frankfurt

Einem führenden Mitglied im "Hannibal Netzwerk", dem Ex-Elitesoldaten Franco A., wird derzeit in Frankfurt der Prozess wegen Terrorverdachts gemacht. Im Februar 2017 wurde A. am Wiener Flughafen festgenommen, als er eine auf einem Klo versteckte Waffe holen wollte. Der Prozess wird noch zumindest bis Ende Oktober dauern. (Laurin Lorenz, 3.9.2021)