ORF-Vizedirektoren abschaffen, verlangt SPÖ-Stiftungsrat Lederer.

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Wien – Der nächste ORF-General Roland Weißmann kann sich laut SPÖ-Stiftungsrat Heinz Lederer auf "harte oppositionelle Kontrolle" einstellen. Er sei der erste ORF-Chef mit der alleinigen Mehrheit einer politischen Fraktion im Stiftungsrat – der ÖVP – im Rücken. Daher brauche er "mehr Kontrolle als jeder Generaldirektor zuvor, damit er mit seiner Macht auch pfleglich umgeht".

"Maschinenraum, nicht Spa-Reise"

Lederer will sich "jeden Schritt genau anschauen". Nach der Bestellung der Direktorinnen und Direktoren am 16. September im Stiftungsrat – aktueller Besetzungsstand hier – "müssen alle an die Ruder", sagt der Kommunikationsberater: Das ORF-Direktorium werde "ein Maschinenraum und keine Spa-Reise". Roland Weißmann und seine Direktorinnen und Direktoren treten ihren Job mit Jahresbeginn 2022 an.

An Taten messen bis 2024

Weißmann begegnete dem Generalverdacht eines Wunschkandidaten der Kanzlerpartei ÖVP in Interviews mit der Formulierung, man möge ihn "an seinen Taten messen". Lederer nimmt das auf und sagt: "Die Benchmark wird sein, wo stehen wir in zwei Jahren und welche Strukturen kommen dann. Geht es in Richtung Zerschlagung des ORF oder um eine vernünftige Weiterentwicklung der Strukturen – daran wird er gemessen werden."

Denn Weißmann übernimmt zunächst die bisherigen Direktionsstrukturen im ORF – Programm, Radio, Finanzen, Technik – und will sie nach dem Umzug auch von Ö3 und Ö1 auf den Küniglberg auf ihre Zukunftstauglichkeit neu hinterfragen.

"Stellvertretende Direktoren abschaffen"

Weißmanns "Taten" und ihre Auswirkungen bis dahin will Lederer etwa wirtschaftlich genau beäugen. Zweistellige Millionenbeträge kämen nach seinem Befund etwa wohl zusammen, wenn der ORF seine Führungsfunktionen und ihre Dotierung prüft. Nach dem Abbau von hunderten Jobs im ORF in den vergangenen Jahren konstatiert Lederer: "Nur bei den Indianern zu sparen und die Häuptlinge nicht zu behelligen wird es mit uns nicht spielen."

Lederer hat dafür einige Anregungen, zum Beispiel: "Die Funktion stellvertretender Direktoren ist abzuschaffen, wenn sie die wahre Tätigkeit nicht widerspiegeln." Der langjährige TV-Chefproducer Roland Weißmann wurde 2017 Vizedirektor in der kaufmännischen ORF-Direktion. Seit 2012 ist Thomas Prantner Vizedirektor in der ORF-Technik, auch er bewarb sich in diesem Sommer um die Funktion des ORF-Generals.

Weiße Elefanten und Pauschalen

Prantners Bewerbungskonzept greift Lederer auf. Der Technikvize und Onlinechef hat dort neben einer Reduktion der Direktorenjobs vorgeschlagen, die rund 90 weiteren Führungspositionen darunter um 40 Prozent zu kürzen. Lederer: "Die neue Führung muss mit gutem Beispiel vorangehen. Immerhin hat ein Kandidat gesagt, es gibt wesentliches Kürzungspotenzial."

Der SPÖ-Stiftungsrat verlangt zudem eine "Evaluierung aller Funktionszulagen" – wenn Führungskräfte ihre Führungsjobs verlieren, gleichen des Öfteren Pauschalen den geringeren Verdienst aus. Für manche werden auch neue Funktionen erfunden – im ORF spricht man von "weißen Elefanten" und Versorgungsjobs. Lederer betont: "Ich bin extrem interessiert, dass man das Wissen erfahrener Kräfte nützt, aber in einer adäquat bezahlten Funktion, die mit Arbeit verbunden ist."

Besorgt um Vielfalt der Produktionsbranche

Unter "harte oppositionelle Kontrolle" will Lederer auch andere Felder stellen: Wie entwickeln sich unter dem nächsten ORF-Generaldirektor Weißmann die Aufträge an die Produktionsbranche? "Wir werden uns genau anschauen, ob die Breite der Produktionslandschaft erhalten bleibt." Der Stiftungsrat verlangt mit einer Anfrage im Programmausschuss Aufklärung über die zehn größten Auftragsnehmer des ORF unter den externen Produzenten – national und für jedes Bundesland.

Zudem will sich Lederer der ORF-Regelung für Leiharbeitskräfte widmen. Sein Verdacht: Leiharbeitsfirmen verrechneten dem ORF mehr Zusatzkosten als in solchen Auftragsverhältnissen üblich und gerechtfertigt. Wenn die Kostenrelation nicht stimme, stelle sich die Frage, ob man einzelne Aufgaben dann nicht besser mit hauseigenen Kräften übernehme. (fid, 3.9.2021)