Die Polizei im Einsatz gegen randalierende Betrunkene in der Doku "Kampftrinken, die britische Katerkultur".

Foto: ORF/Journeyman

Der Missbrauch von Alkohol und dessen große Schäden gehören zu den Themen, die man in Europa meist ignoriert statt bearbeitet. Ein Mittel der Abwehr ist dabei der Fingerzeig auf andere: sei es, dass die Trinksitten in anderen Ländern als besonders destruktiv hervorgehoben werden, oder dass man sie im Gegenteil als verantwortungsvolleren Umgang mit der legalen Droge emporhebt – und damit idealisiert.

Besagter Fingerzeigeffekt im Sinne einer Ablenkung von der Situation in Österreich war der Ausstrahlung der Dokumentation Kampftrinken, die britische Katerkultur Mittwochabend im Weltjournal plus nicht abzusprechen. Denn laut Statistik von 2019 wird hierzulande pro Kopf alljährlich mehr reiner Alkohol konsumiert als in Großbritannien.

Was wiederum die Verabreichungsformen des Stoffes angeht, schritt Filmemacher Arthur Cauty zu Fingerzeig Nummer zwei. In Frankreich, einem Weinland wie Österreich, sei der Umgang mit Alkohol verantwortungsvoller. Man trinke Wein in Gesellschaft, statt sich wie in Großbritannien mit Bier und harten Sachen auf den Gehsteigen vor den Pubs die Kante zu geben.

In Sachen Trinkkultur für alle mag dies stimmen, aber dem Einzelnen, der alkoholabhängig zu werden droht – oder es bereits ist –, hilft es wenig. Für ihn oder sie jedoch hält der Film eine Warnung parat. Gegen Ende führt Regisseur Cauty ein Gespräch mit seinem Onkel, einem chronischen Alkoholiker. Am Beispiel eines konkreten Menschen treten dabei die devastierenden Folgen dieser Krankheit zutage. Das ist der stärkste Teil dieser Dokumentation. Sehenswert daher, in der TVthek. (Irene Brickner, 2.9.2021)