Corona-bedingt mussten die oberösterreichische Sozialdemokratie und Spitzenkandidatin Birgit Gerstorfer für ihre Wahlkampf-Auftaktveranstaltung von Wels nach Steyr ausweichen.

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Steyr – Rund 500 getreue Genossen folgten am Donnerstagabend der Einladung der SPÖ Oberösterreich zum offiziellen Wahlkampfauftakt auf den Steyrer Stadtplatz. Durchaus ungewöhnlich war bei der von Kabarettistin Angelika Niedetzky moderierten Veranstaltung, dass Corona-bedingt den Gästen nur Sitzplätze zugewiesen wurden. Der roten Stimmung tat dies ganz offensichtlich aber keinen wesentlichen Abbruch. Dem Steyrer Bürgermeister Gerhard Hackl oblag es dann, die Anwesenden zu begrüßen: "An diesem ganz besonderen Kraftplatz."

Spitzenkandidatin Birgit Gerstorfer, angekündigt "als glückliche dreifache Großmutter", merkte zu Beginn an, dass es "ziemlich cool" sei, heute in Steyr zu sein. An der Corona-bedingten Verlegung der Veranstaltung von Wels nach Steyr sehe man, "wie flexibel die SPÖ ist". Auf der Bühne hielt sich Gerstorfer dann mit ihrer Rede bewusst kurz – um dann mehrere Besucher zum direkten Dialog zu bitten. Behandelt wurden die roten Kernwahlkampfthemen Arbeit, Bildung und Pflege.

Schülerin und Arbeiterin

Mit vier jungen Frauen an ihrer Seite präsentierte Gerstorfer dann etwa nochmals die rote Idee zu einer Sommerschule für alle Pflichtschüler. Eine junge HTL-Schülerin schilderte dabei ihre ganz persönlichen Lockdown-Erfahrungen: "Wir wollen Sicherheit in der Schule und ein Sozialleben. Wir wollen einen klaren Fahrplan." Ein weitere Dame, viele Jahre bei MAN beschäftigt, schildert auf der Bühne ihre Vorstellungen von "guter, wertschätzender Arbeit", die es nur mit entsprechenden Rahmenbedingungen gebe könne. "Es braucht etwa einen kostenlosen Rechtsanspruch für eine Kinderbetreuung."

Spitzenkandidatin Gerstorfer selbst kündigte an, man wolle Oberösterreich verändern: "Am 26. sollen dafür die Weichen gestellt werden. Und wir wollen am 27. loslegen und Oberösterreich neu gestalten." Denn: "Wir Roten sich die Richtigen bei den Themen, die die Menschen beschäftigen. Wir packen es an."

Man rief unter dem Motto "Es braucht jetzt mehr SPÖ" zur Geschlossenheit in den entscheidenden Tagen bis zur oberösterreichischen Landtagswahl am 26. September auf – und doch tat sich beim offiziellen Wahlkampfauftakt am Donnerstagabend auf dem Steyrer Stadtplatz eine nicht zu übersehende Lücke auf – denn ausgerechnet Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner fehlte beim roten Startschuss.

Altkanzler-Ehrung

Das Nichterscheinen der roten Parteichefin verwundert insofern, als Rendi-Wagner auf ihrer Sommertour nicht generell einen großen Bogen um Oberösterreich macht. So stand vor wenigen Tagen ein Besuch in Wels auf dem Plan. Und bereits am kommenden Montag wird Rendi-Wagner an einer vom SPÖ-Klub und dem sozialdemokratischen Gemeindevertreterverband initiierten Bürgermeisterkonferenz in Linz teilnehmen.

Warum sich dann ein für die gestrauchelte SPÖ Oberösterreich strategisch durchaus vorteilhafter Auftritt beim Wahlkampfauftakt nicht ausging, begründet man in der Löwelstraße mit einer Ehrenrunde für Altparteigranden. Im konkreten Fall stand am Donnerstagabend die Verleihung der Victor-Adler-Plakette, immerhin die höchste Auszeichnung der Partei, an den roten Altkanzler Alfred Gusenbauer auf dem Programm. Die Laudatio hielt Altpräsident Heinz Fischer – und ehrfürchtig lauschte Pamela Rendi-Wagner.

So sieht zumindest die offizielle Begründung von Parteiseite aus. Inoffiziell aber könnte das entschuldigte Fehlen noch einen anderen Grund haben. Wiewohl dieser ebenfalls in direktem Zusammenhang mit einem roten Altkanzler steht.

Um ihre Bildungspläne – konkret einen Rechtsanspruch auf drei Wochen Sommerschule für alle Kinder im Pflichtschulalter – entsprechend zu bewerben, lud Oberösterreichs SPÖ-Chefin Gerstorfer Ex-Bundeskanzler Christian Kern Ende August zur gemeinsamen Pressekonferenz. Seite an Seite am Rednerpult streute man sich gegenseitig Rosen. "Ich schätze die Birgit in allerhöchstem Maße. Sie ist vernünftig, sachlich, konsequent, voller Leidenschaft", lobte Kern die oberösterreichische Genossin.

Keine Einladung

Dass ein Auftritt mit dem Ex-Parteichef tatsächlich so vernünftig war, darf bezweifelt werden. Zumindest hinter den roten Kulissen soll die Bundesriege angesichts des Pressetermins deutlich verschnupft reagiert haben. Offiziell will man das natürlich nicht bestätigen. "Pamela Rendi-Wagner hat etliche Auftritte in Oberösterreich. Und Christian Kern war keine Sekunde ein Thema", so Sprecherin Elisabeth Mitterhuber auf STANDARD-Nachfrage.

In Oberösterreich selbst hat man hingegen "kein Problem" mit der Absage der Bundesparteichefin. Wobei streng genommen gar keine Absage nötig war: Denn es gab auch nie eine Einladung. "Ein Auftritt der Bundesparteichefin war nie Teil des Konzepts. Es geht um unsere Spitzenkandidatin Birgit Gerstorfer. Und auf sie wollen wir auch den Fokus lenken", erläutert SPÖ-Oberösterreich-Sprecher Klaus Baumgartner im STANDARD-Gespräch. Darüber hinaus sei ja ohnehin Bundesfrauenvorsitzende Eva Maria Holzleitner als Rednerin geladen gewesen.

Erst vergangene Woche hatten die SPÖ Oberösterreich wegen der hohen Sieben-Tage-Inzidenz die ursprünglich in Wels geplante Veranstaltung nach Steyr verlegt. Zum Auftakt bewies man übrigens mit der Wahl der Band "Pleiten, Blech und Pannen" musikalisch durchaus Mut. Denn die Pleiten und Pannen der letzten Jahre sitzen den Genossen in Oberösterreich immer noch schwer im Genick: Der steile Absturz dauert nun schon zwei Landtagswahlen an. 2015 rasselte die SPÖ von 25 auf 18,4 Prozent hinunter. Nun gilt es, damit vom dritten Platz aus eine Wahl zu schlagen, in der wieder eine Zwei vorn stehen soll.

Geladene Chefetage

Während also bei der Landes-SPÖ nur sehr wohldosiert Bundeslicht auf die Spitzenkandidatin scheinen soll, zeigt man in den Reihen der anderen Parteien durchaus mehr Verbundenheit mit der politischen Bundeshauptstadt. Die FPÖ Oberösterreich lädt am Freitag nach Wels zum offiziellen Wahlkampfauftakt. Mit dabei ist, trotz aller Querelen mit Spitzenkandidat Manfred Haimbuchner, auch Bundesparteichef Herbert Kickl.

Ebenso wird bei der ÖVP am 9. September in Linz Bundeskanzler Sebastian Kurz einen Auftritt absolvieren. Am Tag zuvor starten die Neos in den Wahlkampf – gemeinsam mit Bundeschefin Beate Meinl-Reisinger. Die Grünen haben hingegen ihren Startschuss bereits am 18. August vollzogen. Unter Anwesenheit von Klimaministerin Leonore Gewessler. (Markus Rohrhofer, 2.9.2021)