Das Wetter war dem Europäischen Forum Alpbach heuer nicht immer hold. An vielen Tagen gab es herbstliche Temperaturen und Dauerregen.

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Nach 200 Gästen war Schluss. Mehr durften wegen Corona nicht zum schicken Empfang im Böglerhof, bei dem sich Politiker, Manager, Stipendiaten und allerlei Funktionsträger zum abendlichen Netzwerken trafen. Ein Sponsor hatte geladen. Wer rechtzeitig da war, musste sich ausweisen und einen gültigen Covid-Test vorlegen. Wer zu spät dran war, musste draußen bleiben. Keine Ausnahmen, nicht einmal für Andreas Treichl. Der Präsident des Europäischen Forums Alpbach kam nicht rein, er war zu spät gekommen.

Das 76. Europäische Forum Alpbach, das mit Freitag zu Ende geht, war anders. Kleiner, grüner, langsamer, familiärer. Aber auch weniger bunt, wie vor allem viele junge Teilnehmer meinen, die das Forum gut kennen. Das lag nicht nur an der Handschrift Treichls, der vergangenes Jahr die Nachfolge von Franz Fischler antrat und mit Werner Wutscher einen neuen Geschäftsführer mitgebracht hat. Corona zwang die Veranstalter zu einem abgespeckten Programm unter strengen Sicherheitsvorkehrungen.

Am Freitag endet das 76. Forum Alpbach – im Vergleich zu den vergangenen Jahren war vieles anders.
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Strenge Kontrollen

Kontrolliert wurde nicht nur bei den Empfängen: Ins Kongresszentrum kam man nur mit gültigem PCR-Test und einer FFP2-Maske hinein. Außerdem galt eine An- und Abmeldepflicht beim Kommen und Gehen. Für die Teilnehmer hieß es daher: Beinahe täglich gurgeln, die Tests wurden dafür zweimal am Tag nach Wien chauffiert und dort ausgewertet.

Aber immerhin war das Tiroler Bergdorf heuer nicht so ausgestorben wie im vergangenen Jahr, als die Konferenz hauptsächlich digital stattfand. Das Motto: The Great Transformation, die große Transformation. Im Gegensatz zu den vergangenen Veranstaltungen wurde heuer erstmals ein "green track" eingeführt – also ein Klimaschwerpunkt, der sich quer durch die Veranstaltungen zog. Treichl, früher Chef der Erste Bank, nahm etwa an einer Diskussion Teil, in der es um die Rolle der Kapitalmärkte im Kampf gegen den Klimawandel ging. Grundtenor auf dem Podium: Es braucht Milliarden aus dem privaten Sektor, man müsse mehr Kapitalismus wagen.

Bundespräsident Alexander van der Bellen und seine griechische Amtskollegin Katerina Sakellaropoulou nahmen an den Eröffnungsfeierlichkeiten teil.
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Mehr Internationalität

Auf den teils hochkarätig besetzten Podien zeigte sich jedenfalls, in welche Richtung sich das Forum unter Treichl bewegen dürfte. Wirtschaftsthemen werden aufgewertet, der Blick soll noch weiter über die Grenzen Österreichs nach Europa wandern. "Noch mehr Internationalität", nennt Treichl die Richtung, in die es weiter gehen soll. Etwas Kritik gab es unter Teilnehmern aber an von Unternehmen gesponserten Podiumsdiskussionen, die zum Teil unkritisch gerieten. Und für weniger Lacher als erhofft sorgte auch eine Kooperation des Forums mit der "Tagespresse". Ein satirischer Beitrag, der die Tiroler Schützen mit den Taliban verglich, sorgte für Kritik.

Von den zahlreichen Alpbach-Klubs im In- und Ausland, die einen großen Teil der Stipendiaten nach Alpbach schicken, hört man, dass es von der neuen Forum-Führung ein Bekenntnis dazu gibt, das Netzwerk künftig besser einzubinden. Treichl wünscht sich jedenfalls für das nächste Forum mehr "generationenübergreifenden Dialog", mehr Junge auf dem Podium. Heuer fanden sich bereits einige von Stipendiaten organisierte Veranstaltungen im Hauptprogramm – eine Neuerung im Vergleich zur Ära Fischler, in der Events aus dem Netzwerk erst dann ins offizielle Programm gerutscht sind, als man im Vorjahr in kürzester Zeit eine digitale Konferenz auf die Beine stellen musste.

Ex-Erste-Chef Andreas Treichl ist neuer Präsident des Europäischen Forum Alpbach.
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Corona trotz Vorkehrungen

Heuer wurde aufgrund der Covid-Bestimmungen bei den Stipendiaten allerdings gespart: Statt 750 Studierenden waren nur rund 150 vor Ort. Weniger Kamingespräche im kleinen Kreis, weniger kritische Nachfragen bei Podiumsdiskussionen und auch weniger Nachtleben im Dorf waren die Konsequenz.

Zu Covid-Ansteckungen kam es unter den Stipendiaten dennoch. Gleich zu Beginn des Forums wurden vier Personen positiv getestet, allesamt junge Teilnehmer. Trotz der herbstlichen Temperaturen samt Dauerregen stiegen die Infektionen im Laufe des Forums auf nur sieben Personen, die sich laut den Veranstaltern allesamt nicht mehr in Alpbach befinden. Zudem konnten sich mehrere Kontaktpersonen zeitweise nur eingeschränkt bewegen.

Allerdings gab es auch eine Premiere. Stipendiaten meldeten am Donnerstagnachmittag eine Kundgebung an. 30 Minuten durfte der Zug vom Kongresscenter an der Kirche vorbei zur Hauptschule dauern. Es war die erste Pride in der Geschichte des Forums.

Ob der Kongress heuer ein Erfolg war? Das müssen Sie die Gäste fragen", sagt Treichl: "Hinter uns liegt ein ein sehr lehrreiches Jahr." (Aloysius Widmann, Nora Laufer, 3.9.2021)