Nachdem am Donnerstag bekannt wurde, dass die Zahl antisemitischer Angriffe rapide angestiegen ist – dafür ist nicht nur, aber auch ein Teil der Corona-Leugner-Szene verantwortlich –, dauerte es nicht lange, bis sich Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) dazu zu Wort meldete. In bemerkenswerter Deutlichkeit sprach er von kruden Verschwörungstheorien, von Demokratiefeindlichkeit und davon, all das mit "allen Mitteln des Rechtsstaats" zu verfolgen.

Das war nicht immer so. Von Beginn an waren die Corona-Demos von Rechtsextremen unterwandert, schon in den ersten Monaten nach Pandemiebeginn wurden gefährliche und antisemitische Verschwörungstheorien auf offener Straße zum Besten gegeben, wurde der Holocaust ganz ungeniert auf Plakaten verharmlost.

Und doch, so zeigt ein Blick ins Archiv, sprach der Innenminister erst im Jänner 2021 von radikalen Gruppen, Extremisten und einem "Konfliktpotenzial". Übrigens: Vier Monate später wurden bei einer Razzia im Leugner-Umfeld Waffen und Munition beschlagnahmt.

Bis das Innenministerium erkannt hatte, wie ernst die Gefährdung einzelner Gruppen und der Gesellschaft als Ganzes durch derartige Verschwörungstheoretiker ist, hatten sich Österreichs Rechtsextreme längst fest dort verankert. Jetzt liegt es am Minister, entschiedener gegen diese Szene vorzugehen. (Gabriele Scherndl, 2.9.2021)