Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern spricht von einem vom IS inspirierten Terroranschlag.

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Auckland – Ein amtsbekannter Islamist hat in Neuseeland in einem Supermarkt in einem Vorort Aucklands mehrere Menschen mit einem Messer angegriffen und zum Teil schwer verletzt. Nach Angaben der Behörden handelt es sich um einen Terroranschlag. Der Angreifer wurde von der Polizei erschossen. Mindestens sechs Menschen wurden bei dem Anschlag in New Lynn verletzt. Das Messer hatte der Angreifer aus einem Supermarktregal genommen.

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Vom IS inspiriert

Premierministerin Jacinda Ardern erklärte in einer Pressekonferenz, der Terrorangriff habe binnen 60 Sekunden gestoppt werden können. Der Täter, ein 32-jähriger Mann aus Sri Lanka, sei amtsbekannt gewesen und sei 2011 nach Neuseeland gekommen. Die Polizei habe ihn unter ständiger Beobachtung gehalten. Von diesem Überwachungsteam wurde der Täter schließlich auch erschossen. Laut Ardern wurde der Täter von der Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) inspiriert. Die Tat sei von "einem Individuum durchgeführt worden, nicht von einem Glauben oder einer Kultur oder Ethnie, sondern von einer individuellen Person, die von einer Ideologie erfasst wurde", sagte Ardern.

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Der Täter, dessen Name von den Behörden nur mit "S." angegeben wurde, war in der Vergangenheit schon wegen der Planung eines Messerangriffs von der Polizei verhaftet worden. Er war als eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit eingestuft worden, nachdem er zweimal große Jagdmesser gekauft sowie IS-Videos besessen hatte. Erst kürzlich war er aus dem Gefängnis entlassen worden und stand seither unter ständiger Überwachung der Sicherheitsbehörden.

Der neuseeländische Nachrichtendienst SIS teilte mit, dass im vergangenen Jahr zwischen dreißig und fünfzig Personen in Verbindung mit gewaltsamem Extremismus unter Überwachung standen. Die Zahl sei höher gewesen als in den Vorjahren.

Der Bürgermeister von Auckland, Phil Goff, nannte es enttäuschend, dass aufgrund einer Gerichtsanordnung keine Details über den Angreifer öffentlich gemacht werden könnten. Er habe keine Informationen zu dem Verdächtigen gehabt. Klar sei allerdings, dass es sich um einen ideologisch motivierten Terroristen gehandelt habe. Dieser habe den Preis für seine Tat bezahlt.

Höchstrichter: Terrorvorbereitung keine Straftat

Im vergangenen Jahr sollte S. unter dem Antiterrorgesetz der Prozess gemacht werden, doch ein Richter des Obersten Gerichts entschied, dass die Vorbereitung eines Terroranschlags an sich keine Straftat im Sinne des Gesetzes sei, berichtete der "New Zealand Herald". Stattdessen wurde Anklage wegen geringerer Delikte erhoben. Im Mai wurde er wegen Besitzes von Propagandamaterial zur Unterstützung des "Islamischen Staates" für schuldig befunden. Er wurde zu einem Jahr unter Aufsicht verurteilt, das in einer Moschee in Auckland verbüßt werden sollte. Den Geschworenen sagte S.: "Sie machen sich Sorgen wegen eines Messers, ich sage Ihnen, dass ich zehn Messer kaufen werde. Es geht um meine Rechte."

Zu seinen Internetsuchen gehörten Abfragen wie "Sicherheitsrichtlinien für heilige Krieger als einsamer Wolf" sowie Suchen nach Jagdmessern, Tarnkleidung und Kleidung des IS. Eine Abfrage lautete "Wie man im Westen überlebt, Anleitung für heilige Krieger". Auch eine IS-Broschüre mit Anleitungen, wie man von westlichen Geheimdiensten unentdeckt bleibt, fand sich auf dem Computer des Islamisten. In einem Video waren Anweisungen zum "Angriff auf Kuffar" (Ungläubige, Gottesleugner, Nichtmuslime, Anm.) und zur Herstellung von Sprengkörpern enthalten.

"Kiwi-Abschaum"

Seit Herbst 2016 hatte die Polizei S. auf dem Radar, weil dieser gewaltverherrlichendes Material auf Facebook und Unterstützung für die IS-Terroristen der Anschläge von Paris und Brüssel gepostet hatte. Die Polizei verwarnte S. förmlich und erhielt zur Antwort: "Eines Tages werde ich in mein Land zurückkehren und in meinem Land Kiwi-Abschaum finden, und ich werde ihnen zeigen, was passieren wird, wenn sie sich mit mir anlegen, während ich in ihrem Land bin."

Einem anderen Gläubigen in der Moschee teilte S. mit, er wolle sich dem IS in Syrien anschließen. Er wurde im Mai 2017 auf dem Flughafen von Auckland verhaftet, als er mit einem One-Way-Ticket nach Singapur fliegen wollte. Eine Hausdurchsuchung ergab ein unter der Matratze verstecktes Messer und Bilder, auf denen S. mit Schusswaffen posiert. Danach wurde er mehr als ein Jahr in Gewahrsam gehalten. Am Tag nach seiner Freilassung kaufte er ein identisches Jagdmesser, woraufhin er wieder festgenommen wurde. Bei weiteren Durchsuchungen wurden auch Gewaltvideos gefunden, in denen Ermordungen gefangener "Ungläubiger" durch IS-Terroristen dargestellt sind, darunter solche, in denen den Mordopfern Kopf und Hände abgeschnitten werden. (Michael Vosatka, 3.9.2021)