Andreas Kopriva gehört mit seiner Filmografie von "Indien" bis "Tatort" zu den Etablierten in Österreich. Hier mit Vorschaumonitor in den Händen.
Foto: Petro Domenigg/filmstills.at

Mit zwölf habe ich meine erste Super-8-Kamera bekommen und begonnen, kleine Filmchen zu machen. Ja, damals vor über 30 Jahren gab es im TV nur zwei Programme, aber ich habe enorm viel Videokassetten geschaut, und es gab ja in Krems das Zentralkino – Alien, Dressed to Kill, Blade Runner, Easy Rider, Woodstock –, das waren für mich Highlights im Kremser Kino. Klar habe ich oft neidvoll auf das Kinoprogramm in Wien geschielt, was es da alles gab ...

Was für mich ein richtig guter Film ist? Wenn der Film mich unabhängig vom Genre und egal, ob kommerzieller oder schwerer verdaulich, mit auf eine Reise nimmt. Und idealerweise neben Spannung und Unterhaltung auch Fragen gestellt werden. Nicht unbedingt Antworten, Fragen!

Das ist für mich auch mit Musik so, Stil und Musikrichtung sind gar nicht die Frage, sondern: Kann ich tanzen oder nicht, nimmt mich der Rhythmus mit oder nicht? Es ist eine ähnliche Leidenschaft – ich lege auch als DJ bei Filmfesten auf, noch immer.

Freiberufliche Tätigkeit

Ich bin der Älteste von sieben Geschwistern, komme aus einer richtig schönen Großfamilie – wir Geschwister reisen mit unseren Eltern und Kindern noch immer einmal im Jahr in ein Haus in die Toskana. Definitiv – ich bin ein Familienmensch. Und bin schon sehr gespannt, welche Wege unsere Zwillinge, die jetzt 18 sind, einmal gehen werden. Bei uns sehen sie die guten Seiten einer freiberuflichen Tätigkeit, die Leidenschaft zum Beruf zu machen, aber natürlich auch die unsicheren. Meine Frau ist Maskenbildnerin für SFX-Masken, das sind spezielle Masken mit Aufbauten, und Kreativtrainerin. Bei den Kindern habe ich im Moment das Gefühl, dass sie eher in Richtung Berechenbarkeit und mehr Sicherheit tendieren – wir werden sehen. Ich komme mit dem Freiberuflertum zeitlich recht gut zurecht, es ist toll, auch viel Zeit für die Familie zu haben – die ungewissen Zeiten dazwischen sind natürlich immer wieder herausfordernd.

Was habe ich gemacht, was Sie gesehen haben könnten? Ich fange chronologisch an mit dem Film Indien, da war ich für den Schnitt verantwortlich, bei Nordrand und Überfall für den Ton, bei Ein halbes Leben für Schnitt. Als Regieassistent, Set-Tonmeister & Cutter habe ich unter anderem mit Götz Spielmann, Barbara Albert, Florian Flicker und Nikolaus Leytner gearbeitet. Selbst Regie geführt habe ich bei der Serie Janus, bei vielen Folgen von Schnell ermittelt, Vier Frauen und ein Todesfall, Walking on Sunshine, Tatort: Pumpen und beim Thriller Jeanny, das 5. Mädchen (die Ausstrahlung ist für Anfang 2022 geplant).

Film ist Teamarbeit

Wie hat alles begonnen? Die Schule, das Piaristengymnasium in Krems, ging eigentlich recht gut und problemlos. Mein Traum, in die Wiener Filmakademie aufgenommen zu werden, hat geklappt – und zwar 1984. Dass die Ausbildung hier mit zwei Jahren allgemein und erst dann auf Spezialisierung ausgerichtet war, davon konnte ich profitieren. Da man alle Funktionen lernte und machen musste, hat man ein noch besseres Gefühl für die verschiedenen Tätigkeiten bekommen und lernt, in unterschiedlichen Funktionen im Team zu arbeiten. Das ist das Tolle beim Film: Teamarbeit!

Ein Film von mir ist nie ein Film von mir, sondern immer eine gemeinsame Teamarbeit. Kreative Menschen, die zusammen eine Vision verfolgen und eine Geschichte filmisch erzählen wollen. Insgesamt war es für mich toll auf der Filmakademie, ich konnte so viel ausprobieren und bin draufgekommen, obwohl ich in Kamera und Schnitt aufgenommen wurde, dass mein Talent auch im Bereich Regie liegt. Auch durch das Schneiden hab ich viel für das Inszenieren gelernt, diese Montage und das Zusammensetzen im Schnitt ist in Österreich eine oft unterschätzte Tätigkeit, tatsächlich wird da aber sehr viel mitentschieden für das Ganze.

Qualität statt Quote

Im Schnitt ist es so, dass man heute circa sieben Drehtage für 45 Minuten "Produkt" kalkuliert, früher war es fast das Doppelte. Dafür sind etwa drei bis dreieinhalb Wochen Schnitt eingeplant. Die Drehwoche hat 60, die Schnittwoche 50 Stunden, Überstunden sind oft nicht zu vermeiden. Geld und Zeit werden immer weniger. Die Branche müsste da wirklich einmal Stopp sagen. Digitalisierung hat viel Fortschritt gebracht, trotzdem: Qualität braucht in erster Linie auch seriöse Zeit.

Die Zusammenarbeit mit dem ORF? Gut! Allerdings könnte der ORF als öffentlich rechtlicher Sender manchmal durchaus weniger auf die Quote schauen. Natürlich freue ich mich, wenn mein Tatort über eine Million Zuseher hat. Aber ich glaube auch, dass man hin und wieder vermehrt neue Publikumsschichten mit neuer Programmpflege abholen kann und auch um 20.15 Uhr durchaus risikoreiches Programm senden kann. Ein dringender Wunsch – auch von mir – ist, dass der Abspann im fiktionalen Bereich wieder eingeführt wird. Nicht wegen der Schlusstitel, sondern um das Programm ausklingen zu lassen, einen Cliffhanger wirken zu lassen und damit auch die Zuseher kurz Zeit haben zum Nachdenken: Was habe ich gerade gesehen? (Karin Bauer, 6.9.2021)