1,1 Millionen Oberösterreicher haben am 26. September die Wahl.

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Linz – Wenn das Dirndl sitzt, die Lederhose kracht und im Herzen ganz viel Heimat ist, dann ist die FPÖ nicht weit. Freitagabend luden die Blauen, allen hohen Corona-Zahlen zum Trotz, zum offiziellen Wahlauftakt auf das Welser Messegelände. Rund 3.000 Getreue folgten der Einladung in die Rotax-Halle – und absolvierten brav gleich beim Eingang den 3G-Check. Zwischen Schnitzelsemmerl, Bier, Österreichfahnen und vielen "Mandibären"-Maskottchen galt es, sich auf die heiße Phase bis zum Urnengang am 26. September einzustimmen. Und das blaue Motto scheint vor allem in Richtung ÖVP klar zu sein: "Nur mit uns".

Die Begrüßung oblag dann dem Hausherrn und Welser Bürgermeister Andreas Rabl. Er blickte in seiner Rede zurück in das Jahr 2015: "Da ist es gelungen, 70 Jahre SPÖ-Vorherrschaft in Wels zu beenden." Nachsatz: "Und wir haben in den letzten sechs Jahren bewiesen, dass wir Bürgermeister können." Als Erfolg verbucht Rabl unter anderem, dass es gelungen sei, in Wels ein Asylerstaufnahmezentrum zu verhindern. Rabl: "Der damalige Innenminister Herbert Kickl hat daraus eine Polizeischule gemacht. Das vergesse ich ihm nie."

Man wollte die FPÖ "am Boden sehen", man wollte, dass "wir liegen bleiben", kommentierte Rabl dann das unrühmliche Ende der FPÖ-Regierungsbeteiligung samt Ibiza-Video. "Aber wir haben alles richtig gemacht, und wir sind wieder da."

Herbert Kickls blutendes Herz

FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl wurde anschließend mit frenetischem Applaus und Standing Ovations begrüßt. Sogleich verkündete Kickl Heimatverbundenheit: Er wisse die oberösterreichische Bergwelt zu schätzen: "Hier habe ich meine ersten Gletschererfahrungen gemacht." Auf die Frage, wie es ihm "als bestem Innenminister alles Zeiten" jetzt gehe, antwortete Kickl: "Mir tut das leid, mir blutet das Herz. Es wird keine harte Flüchtlingspolitik gemacht, nur Propaganda. Und das ist eine Verarschung der Österreicher."

Während sich die FPÖ von der aktuellen Corona-Situation unbeeindruckt zeigte, hatte sich die SPÖ wegen der hohen Sieben-Tages-Inzidenz entschieden, den Auftakt von Wels nach Steyr zu verlegen. Aber an den steigenden Infektionszahlen kommt aktuell keine Partei vorbei, auch die FPÖ nicht. Der Plan war eigentlich ein anderer: Nach einem "Sommer wie damals" sollte "das Schlimmste überstanden" und der Weg für Themen abseits von Corona frei sein. Ein Intensivwahlkampf mit Blick nach vorn und der Pandemie maximal noch im Rückspiegel. Doch just zum Start in die heiße Phase der oberösterreichischen Landtagswahlen steigen die Infektionszahlen rasant, und mit Blick auf den Impffortschritt hat sich Oberösterreich aktuell die rote Laterne gesichert. Wenn dann mitten im Wahlkampf noch unpopuläre Corona-Maßnahmen drohen, wird der Urnengang für die Parteien wenig prickelnd.

Cluster der Liebe

Der Stimmung in der Rotax-Halle tat dies aber keinen Abbruch. Als "echter Leckerbissen" wurde dann Bundeschef Herbert Kickl noch einmal auf die Bühne geholt. "Die Hütte voll, die Stimmung toll, die Freiheitlichen werden deutlich gewinnen. Es ist ein freiheitlicher Cluster, den wir heute hier bilden. Ein Cluster der Heimatliebe, ein Cluster des Patriotismus", führte der blaue Parteichef dann aus.

Am Beginn des verbalen Watschentanzes für die politischen Mitbewerber standen die Coronamaßnahmen. Es gebe aktuell ein ganze Vielzahl an Bedrohung für die Freiheit. Kickl: "Es ist ein Großangriff auf die Grundrechte. Dem treten nur die Freiheitlichen entgegen." Auf Landesebene beweise Haimbuchner, was "freiheitliche Qualitätsarbeit für die eigene Bevölkerung ist". Die Chance sei daher "riesengroß", nach dem 26. September diesen Kurs fortzusetzen. "Das Herz am rechten Fleck und die notwendige Erdung – das ist das freiheitliche Erfolgskonzept", so Kickl. Regieren sei "für uns eben kein Selbstzweck".

Man habe auch auf Bundesebene gute Regierungsarbeit geleistet. Kickl: "Und es war nicht das Ibizia-Video, warum der Bundeskanzler die Regierung gesprengt hat. Es hat ihn gestört, dass wir unser Haupt nicht unter das Joch der Message control gestellt haben." Die Grünen hätten alles, was ihnen wichtig gewesen sei, beim Eintritt in die Bundesregierung abgeben: "Nicht der Verbrennungsmotor ist ein Auslaufmodell sondern die Gewessler ist ein Auslaufmodell." Die ÖVP brauche einen "Mutmacher". Kickl: "Einen Stabilisator, damit die ÖVP nicht umgekippt. Vor allem in Richtung links." Es werde nicht mehr lange dauern, "und dann treten der Ungust Wöginger und die Frau Maurer gemeinsam auf einem Lastwagen bei der Love Parade auf."

Politik für Otto

Als "Robin Hood der Fleißigen und Anständigen" und als Teamchef des "Teams Freiheit" wurde dann Spitzenkandidat Manfred Haimbuchner auf die Bühne geholt. Und eines vorweg: Der 26. September werde für viele "ein überraschender Tag werden".

Haimbuchner ging dann auf seine eigene schwere Corona-Erkrankung ein. Auch um, nach Dankesworten in Richtung seiner Frau, zu betonen, dass er sich wünsche, "dass jeder ausländische Straftäter so überwacht wird, wie jene, die sich in Corona-Quarantäne befinden. " Haimbuchner: "Die aktuelle Corona-Politik ist leider ein einziges Desaster." Nicht die Politik habe bisher diese Pandemie gemanagt, sondern die Intensivmediziner und Pfleger in den Spitälern.

"Ich hab euch nie enttäuscht. Ich überlege mir immer ganz genau, was ich mache." Arbeit müsse sich lohnen und Anerkennung für Arbeite gebe es nur mit der FPÖ: "Der Dachdecker muss deutlich mehr verdienen, als der, der dauernd beim AMS steht." Und alle Leistungen und Förderungen des Landes müsse man künftig an eine Deutschpflicht knüpfen. Haimbuchner: "Und die Deutschpflicht gibt es nur mit uns." Sie seien der Motor der Politik – "bei dieser Wahl geht es also rein um die Stärke der freiheitlichen Partei". Haimbuchner: "Ich will weiterhin dort arbeiten, wo Politik täglich gespürt wird. Wenn ich daheim meinen Sohn zu Bett bringe und ich Otto friedlich einschlafen sehe, dann weiß ich, für wen ich Politik mache."

ÖVP spart Corona aus

Während bei der FPÖ also neben Klassikern wie der Deutschpflicht auch die aktuelle Corona-Politik in die Mangel genommen wird, sparte man das Thema am Freitag tagsüber bei der Präsentation des offiziellen ÖVP-Wahlprogramms aus. Nicht einmal fiel das Wort Corona, kein Wort auch zum aktuellen Pandemiestatus. Dass die eigenen Landsleute Impfmuffel sind? Passt nicht ins Programm. Gut, dass pandemiebedingt nicht alles super ist, kann man erwähnen. Oder, um es mit den Worten von Landeshauptmann Thomas Stelzer zu sagen: "Es werden schwierige Jahre, wir wollen daraus aber sichere Jahre machen." Gelingen soll dies mit den Eckpunkten "Arbeit und Beschäftigung", "klarer Kurs bei Sicherheit und Integration", "Zusammenhelfen schafft Zusammenhalt", "Klimaschutz mit Hausverstand".

Für die ÖVP ist die Ausgangssituation in dem schwarzen Kernland eine durchaus komfortable. Klar ist, dass Oberösterreichs Landeshauptmann auch am 27. September Thomas Stelzer heißen wird. Musste man 2015 schwere Verluste von 10,39 Prozentpunkten auf 36,37 Prozent hinnehmen, sehen Umfragen die ÖVP, wenn auch knapp, wieder mit einem Vierer vorn.

Und man kann bei der Partnerwahl durchaus wählerisch sein: Die FPÖ strebt eine schwarz-blaue Fortsetzung an, die Grünen wollen eine Wiederbelebung von Schwarz-Grün. In den Reihen der FPÖ stapelt man tief und gibt ein Ergebnis von über 20 Prozent als Ziel aus. 2015 verdoppelten die Blauen ihr Ergebnis noch auf 30,4 Prozent. Umfragen sehen die FPÖ klar über 20 Prozent und damit weiterhin auf Platz zwei im Land.

Rote Hoffnung

Die SPÖ möchte, nach der schmerzhaften Talfahrt 2015 (erstmals unter 20 Prozent), wieder Zweite werden. Aktuelle Umfragen sehen die Roten aber bei gut 18 Prozent und damit klar am Ziel vorbei.

Den Grünen wird mit zwölf Prozent eine leichte Verbesserung von rund zwei Prozentpunkten bescheinigt. Zum Boomerang könnte in den Öko-Reihen aber die einseitige Themenwahl im Wahlkampf werden. Denn mit dem ausschließlichen Klimafokus bedient man Grünwähler und verzichtet bewusst darauf, neue Klientel zu werben.

Für die Neos sollte sich im zweiten Anlauf die Tür zum Landtag öffnen. Laut Umfragen nehmen die Pinken die Vier-Prozent-Hürde. (Markus Rohrhofer, 3.9.2021)