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Andreas Jung, Dorothee Bär, Peter R. Neumann, Karin Prien, Armin Laschet, Barbara Klepsch, Joe Chialo, Silvia Breher und Friedrich Merz kämpfen und wollen aufholen (v. li.).

Foto: REUTERS/Annegret Hilse

Und auch der Freitag ist kein schöner Tag für Armin Laschet – denn es gibt eine neue Umfrage. Zum ersten Mal seit 19 Jahren sieht auch die Forschungsgruppe Wahlen für das "Politbarometer" des ZDF die SPD an erster Stelle. Die Sozialdemokraten kommen auf 25 Prozent, die Union folgt mit 22 Prozent. Auf Platz drei landen die Grünen mit 17 Prozent, danach folgen AfD und FDP mit jeweils elf, Die Linke mit sieben Prozent. Ähnlich sieht es bei den Instituten Kantar und Infratest Dimap aus. Auch bei diesen liegt die SPD vor der Union.

"Es geht jetzt um Inhalte", sagt Laschet am Freitag in Berlin. Dort stellt er in der CDU-Zentrale jenes achtköpfige Team vor, das ihn nun bis zur Wahl am 26. September unterstützen soll und mit dem er die Trendumkehr schaffen will. "Für mich war immer wichtig, dass die CDU auch als Team sichtbar wird", betont er. Es gehe darum, den "christlich-sozialen, den liberalen und den konservativen Flügel" der Partei zu zeigen.

Zunächst steht Laschet allein auf der Bühne, aber bald kommt ein prominenter Wahlkämpfer dazu, der das Aushängeschild für den Themenbereich Wirtschaft/Finanzen sein wird. "Jemand, der weit über die Partei hinaus auf diesem Feld Anerkennung hat" – so kündigt er den einstigen Rivalen Friedrich Merz an.

Ehemalige Gegner

"Wir stehen in der Tat vor einer Richtungsentscheidung", sagt Merz. Man müsse das Land "entfesseln": keine neuen Steuern, keine neuen Abgaben, keine neue Bürokratie, Festhalten an der Schuldenbremse, solide Staatsfinanzen. "Dafür stehe ich auch ganz persönlich ein", betont Merz.

Im Winter haben er und Laschet noch gegeneinander gekämpft. Beide wollten CDU-Chef werden, doch Merz unterlag. Danach aber reihte er sich ein und versprach, Laschet zu unterstützen. Der ehemalige Fraktionschef der Union, der im Jahr 2009 frustriert den Bundestag verlassen hat, kämpft in seiner sauerländischen Heimat (Nordrhein-Westfalen) um ein Direktmandat. Seine Chancen stehen gut, der Wahlkreis Hochsauerland ist tiefschwarz.

Doch Merz beschränkt sich im Wahlkampf nicht nur auf seinen Wahlkreis, er tourt quer durch die Republik. Am Abend vor der Team-Präsentation war er in Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern). "Es wird schwer", sagte er dort, "aber gerade weil es jetzt schwer geworden ist und gerade weil diese Umfragen so sind, wie sie sind, geht jetzt ein Ruck durch die CDU."

Terrorismusexperte dabei

Dass Merz im Team ist, ist keine Überraschung. Nicht gerechnet haben viele hingegen mit dem Terrorismusexperten Peter R. Neumann, dem Direktor des International Centre for the Study of Radicalisation am Londoner King’s College. Er soll sich um das Thema Sicherheit kümmern.

"Ich bin ja kein Politiker, deshalb will ich sagen, warum ich mir das antue", sagt er zu Beginn. Auch der nächste Satz dürfte nicht alle in der CDU erfreuen. Neumann sagt: "Der erste Grund – das wird viele überraschen – ist Armin Laschet." Er berate Laschet seit geraumer Zeit, "er hört wirklich zu".

Eine weitere Überraschung ist Joe Chialo. Der Berliner arbeitet für einen Musikverlag und kandidiert in Spandau für den Bundestag. Er soll Ideen für Kultur und Kreativwirtschaft einbringen. Früher war er einmal bei den Grünen.

Andreas Jung (CDU), Fraktionsvize aus dem Bundestag, soll sich um das Klima kümmern, die Bildungsministerin aus Schleswig-Holstein, Karin Prien, um Bildung, CDU-Vizechefin Silvia Breher um die Familien. Ost-Kompetenz bringt Barbara Klepsch, Tourismus-Ministerin aus Sachsen, mit. Beim Digitalbereich nimmt Laschet eine Anleihe bei der CSU. Dorothee Bär ist jetzt schon Staatsministerin im Kanzleramt. "Ich habe Lust auf einen Bundeskanzler Armin Laschet", sagt sie. Nicht dabei ist Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Er war ja bei der Wahl Laschets zum CDU-Chef als dessen Vize angetreten.

Warnung vor linkem Bündnis

Mit dem Team will der Unions-Kanzlerkandidat "kämpfen, dass es nicht zu einem linken Bündnis in Deutschland kommt". Er sei gespannt, sagt er, wie das Team bei der SPD aussehe. Denn: "Da werden viele im Moment versteckt."

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz ist zuversichtlich, dass er und seine Partei die Bundestagswahl gewinnen. Seinen ruhigen Stil im Wahlkampf will er beibehalten. "Die Wählerinnen und Wähler wollen niemanden, der große Töne spuckt oder schimpft, sondern es geht um die Führung unseres Landes in schwierigen Zeiten", sagte Scholz der Deutschen Presse-Agentur.

Baerbock will mit Scholz

Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock hat mittlerweile klargemacht, dass sie gerne mit Scholz eine Koalition bilden würde. Im Kölner Stadt-Anzeiger erklärte sie: "Ich trete an, die nächste Bundesregierung inhaltlich, aber auch personell zu führen. Und beim Partner: am liebsten mit der SPD." Deren Vorsitzender, Norbert Walter-Borjans, will im Falle eines Wahlsiegs von Scholz mit allen reden – auch mit der Linken: "Das ist ja wohl normal."

CSU-Chef Markus Söder glaubt, dass die nächste Woche "möglicherweise die entscheidende" sei. Laschet werde beim zweiten TV-Triell "noch einmal überzeugen". Eines hat es schon gegeben, aus diesem ging laut Forsa Scholz als Sieger hervor, dahinter folgte Baerbock. Laschet, der recht kämpferisch auftrat, lag an dritter Stelle. Die CSU will auch von ihrem Parteitag am Freitag ein starkes Signal aussenden. (Birgit Baumann aus Berlin, 3.9.2021)