Der Influencer Falco Punch bei der Verleihung eines deutschen Radiopreises.

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Die Sprache vieler Jugendlichen ist für Menschen mit einer Bundesdeutsch-Allergie nur schwer zu ertragen. "Ist mir schnuppe", würden die vermutlich darauf antworten. Schließlich setzt sich das bundesdeutsche Idiom von Podersdorf bis Ludesch in der Jugendsprache durch.

Hätte die Generation Y noch "cool" gesagt, so formulieren die Zler – oder auch "Post-Millennials" – ihre Zustimmung als "korrekt" und "ehrenhaft". An dieser Entwicklung haben weniger deutsche Privatsender ("Fernsehen! Alter!") ihren Anteil als deutsche Influencer wie Beauty-Bloggerin DagiBee, die lipsynchenden und tanzenden Zwillinge Lisa und Lena oder Dalia Mya, deren Inhalte auf Youtube, Instagram oder Tiktok auch von Heerscharen österreichischer Teens konsumiert werden.

Digga, lass mal Deutsch rappen

Wer sich mit aktuellen Jugendsprachen beschäftigt, findet dort Einflüsse aus der Musikszene, vor allem aus Hip-Hop und Rap, aus den sozialen Medien, Memes (also Internetwitzen) und viralen Aktionen wie der Ice-Bucket-Challenge. Jugendsprache ist immer auch Dokument einer Zeit, eines Zeitgeists.

"Bro, bis morgen dann!", "Ja, Digga!": Wer hier Verständnisschwierigkeiten hat, sollte den Artikel vielleicht gemeinsam mit seinen Kindern lesen. Oder Shirin David fragen. Die Deutschrapperin hat auf Instagram 5,7 Millionen Follower. In Texten wie "Image wurd’ einmal komplett geflippt, so wie ein Skate-Trick, Spiel mit den Gefühlen von ei’m Baller, das ist Game six" mischt die 26-Jährige fröhlich Anglizismen mit neuen Ausdrücken der Jugendsprache. Was David über das Leben einer selbsternannten "Bad Bitch" in Deutschland textet, wird sprachlich von ihren Fans übernommen.

Auch immer mehr Content-Creator aus Österreich schleifen ihre Aussprache. Sie ersetzen "Topfen" durch "Quark" und tauschen den "Sessel" gegen einen "Stuhl". Das hat in erster Linie wirtschaftliche Gründe. Es geht um Erweiterung der Zielgruppe – nur wer massig Follower hat, wird auch für große Werbekooperationen interessant. Da stößt man auf dem überschaubaren österreichischen Markt schnell an eine Grenze. Kein Wunder, wenn man sich zwecks besserer Verständlichkeit auch sprachlich mehr Richtung großes Nachbarland orientiert.

Bloß nicht cringey

Für die Wienerin Lisa Stejskal, die auf Youtube den Kanal "Cute Life Hacks" mit Bastel-Tutorials betreibt, ist die Sprachbarriere zwischen Österreichisch und Bundesdeutsch nicht unbedeutend. Verwendet sie in ihren Clips zu viele originär österreichische Ausdrücke, dann kommt es immer wieder zu Missverständnissen. Gelegentlich würden sich die Zuschauerinnen und Zuschauer in den Kommentaren auch über die österreichischen Worte echauffieren. "Man will die Follower ja nicht vergraulen, also passt man sich an."

Und so kommt es, dass etwa der mit 1,37 Millionen Abonnenten zu den erfolgreichsten Fitness-Vloggern im deutschsprachigen Raum zählende Sascha Huber zwar aus dem salzburgischen Radstadt stammt, sich aber so anhört, als lebe er in Norddeutschland. Auch die Grazerinnen Viktoria und Sarina (1,8 Millionen Follower auf Youtube) haben sich sprachlich Richtung Bundesdeutsch assimiliert.

Tiktok gewinnt mit Regionalität

Doch es könnte auch wieder zu einer Kehrtwende kommen. Denn während sich etablierte Influencer aus Deutschland, etwa das Comedy-Youtuber-Duo Space Frogs, Germany’s Next Topmodel-Gewinnerin Stefanie Giesinger oder Youtube-Urgestein Bibis Beauty Palace, hauptsächlich auf Youtube und Instagram herumtreiben, wächst auf Tiktok eine neue Generation von Influencern heran – und das mit rasantem Tempo. Auf der schnelllebigen App dreht sich alles um Kreativität, Musik, Memes und Insiderwitze.

Tanz- oder Lipsync-Videos sind schon lange nicht mehr das Einzige, was man auf der chinesischen App finden kann. Neben Pranks, Make-up-Tutorials und Kochvideos finden sich auch immer mehr Lifestyle-Vloggerinnen und Vlogger, die ihren Alltag dokumentieren. Und da der Tiktok-Algorithmus den Nutzern vor allem Clips und Kanäle vorschlägt, die sich in ihrer örtlichen Nähe befinden, sind die Inhalte und Erzählungen auch regionaler als auf anderen Social-Media-Kanälen. Das schafft einen stärkeren Bezug zwischen "Creator" (wie die Inhalteproduzenten genannt werden) und Publikum – und kann in weiterer Folge sogar dazu führen, dass Dialekten wieder stärkere Bedeutung zukommt. Wir werden das beobachten, Oida! (Tiana Hsu, 4.9.2021)