28 Millionen hat das neue Museum gekostet, das nach mehreren Verzögerungen Mitte September seine Pforten öffnen wird.

Foto: Deutsches Museum

In der Zukunft könnten wir Maschinen über unsere Gedanken steuern. In Ansätzen ist das schon heute möglich – zumindest im neuen Zukunftsmuseum in Nürnberg. Dort kann man mit Hilfe eines Elektroden-Stirnbands versuchen, Autos auf einer Carrera-Rennbahn fahren zu lassen. So einfach wie es klingt, ist das jedoch nicht. "Man muss ganz ruhig sein", sagt die wissenschaftliche Mitarbeiterin Anna Müller. Ihr selbst sei es noch nicht gelungen, wahrscheinlich weil sie so aufgeregt sei.

Verschiebung durch Corona

Am 17. September soll das neue Museum – eine Zweigstelle des Deutschen Museums in München – nach jahrelanger Bauzeit feierlich eröffnen, für Besucherinnen und Besucher einen Tag später. Wäre alles nach Plan gelaufen, wäre das schon vor Monaten der Fall gewesen. Doch die Corona-Pandemie hat den Zeitplan gehörig durcheinander gewirbelt. Zwischenzeitlich fehlten Glas und andere Materialien, Reisebeschränkungen bremsten die Ausstellungsbauer aus dem Ausland aus.

Auch jetzt noch wird überall auf der knapp 3.000 Quadratmeter großen Ausstellungsfläche gearbeitet. Doch es lässt sich schon erahnen, was einen bei einem Rundgang durch die fünf Ausstellungsbereiche erwartet. Denn die große Frage lautet natürlich: Wie stellt man die Zukunft aus – also etwas, dass es noch gar nicht gibt?

Trotzdem gibt es erstaunlich viel zu sehen und anzufassen. Mehr als 250 Exponate, Prototypen und Modelle veranschaulichen verschiedene Zukunftsentwürfe, die zum Teil schon demnächst und zum Teil erst in vielen Jahren Realität sein könnten.

Dabei beschränkt sich das fünfköpfige wissenschaftliche Team nicht auf das bloße Ausstellen von technologischen Innovationen wie Solarauto, Passagierdrohne oder Raumkapsel. An vielen Stellen sind die Besucherinnen und Besucher selbst gefragt: Sie können mit Robotern interagieren, werden zu gläsernen Menschen, können am Computer ein Designer-Baby erstellen und am eigenen Beispiel erleben, wie schnell sich ein Shitstorm im Internet zusammenbraut.

Immer wieder lädt die Ausstellung bewusst zum Nachdenken ein: In was für einer Zukunft wollen wir leben? Was halten wir für ethisch vertretbar? "Für uns ist wichtig, dass wir keine Antwort darauf geben. Wir wollen diskutieren", erläutert Müller. Dafür stehen überall im Museum Fachleute verteilt, die mit den Menschen ins Gespräch kommen wollen. Außerdem wird es ein- bis zweimal täglich eine Diskussionsrunde zu den drängendsten Themen im Forum geben.

Nische

Ein Museum, das sich nur mit der Zukunft beschäftigt, ist weltweit zwar nicht mehr einzigartig, aber doch noch ziemlich neu. Nach Tokio, Rio de Janeiro und Berlin ist das Nürnberger Haus nach eigenen Angaben das vierte Zukunftsmuseum weltweit. Ein fünftes entsteht gerade in Dubai. Und weitere könnten folgen.

"Das ist definitiv ein Trend", sagt David Vuillaume vom Deutschen Museumsbund. "Wir leben in einer Zeit, vielleicht nicht der Zukunftsangst, aber mit vielen Unsicherheiten in Hinblick auf die Zukunft. Die Leute suchen Orientierung."

Das zeigen auch die Zahlen des Futuriums in Berlin. In den ersten zwei Jahren kamen trotz des zweifachen Lockdowns fast 700 000 Besucherinnen und Besucher – und damit deutlich mehr als erwartet. Das Futurium wolle zeigen, dass die Zukunft alle Menschen angehe und sie dazu animieren, diese aktiv mitzugestalten, erläutert Sprecherin Monique Luckas das Konzept.

Auch bestehende Museen erweitern oder erneuern ihre Ausstellungen um Zukunftsthemen, zum Beispiel das Wissenschaftsmuseum Nemo in Amsterdam. Einen Boom neuer Zukunftsmuseen in Europa wird es aber wohl nicht geben. Museumsneugründungen gebe es seit dem Ende der 1990er Jahre seltener, sagt Museumsbund-Geschäftsführer Vuillaume. Gerade in Deutschland sei es schwierig, dafür öffentliche Gelder zu bekommen. "Corona hat das noch verschärft."

Kritik an Kosten

Auch an den Kosten für das Nürnberger Zukunftsmuseum gibt es Kritik. Fast 28 Millionen Euro hat das Projekt gekostet, dazu kommen jährliche Betriebskosten von 6 Millionen Euro – allein 2,5 Millionen Euro für die Miete. Die Opposition im Landtag hält das für Wucher, die Landesregierung und das Deutsche Museum weisen das zurück.

Dass aktuell nicht die einfachste Zeit ist, ein neues Museum zu eröffnen, meint auch Museumsdirektorin Marion Grether. "Die Leute haben sich in der Corona-Zeit ein anderes Freizeitverhalten angewöhnt." Vor Corona hatte sie jährlich mit etwa 120 000 Besucherinnen und Besuchern gerechnet – zurzeit sei das eher unrealistisch.

Und wird bis zur Eröffnung alles fertig sein? Grether hofft es – und ergänzt: "Eigentlich wird es nie fertig sein. Das ist ja das Konzept des Zukunftsmuseums: Die Ausstellung muss sich immer erneuern." Damit die Zukunft nicht irgendwann Gegenwart ist. (APA, 5.9.2021)