Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein spricht in Interviews von möglicherweise schärferen Regeln, diese Woche will die Regierung mit den Landeshauptleuten beraten.

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Wien – Er habe einen "sehr konkreten Plan" für Pandemie-Maßnahmen im Herbst, sagte Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) am 31. August. Verraten wird dieser offenbar nur, wie man in Oberösterreich zu sagen pflegt, zizerlweise. In den Sonntagsausgaben von Kronen Zeitung und Österreich stellte Mückstein in den Raum, dass neben der Nachtgastronomie auch für Stehpartys wie beim Après-Ski die 1G-Regel kommen könnte – also nur Geimpfte teilnehmen dürfen.

Diesen Vorschlag habe er wie eine Wiedereinführung der generellen Indoor-Maskenpflicht mittlerweile dem größeren Koalitionspartner ÖVP vorgelegt, gab Mückstein bekannt. Am Mittwoch soll bei einem Treffen zwischen Bund und den Landeshauptleuten über mögliche Maßnahmen beraten werden.

Höchster Sonntagswert bei Neuinfektionen seit April

Das Treffen findet angesichts weiter steigender Infektionszahlen statt: 1.774 Corona-Infektionen bedeuteten den höchsten Wert an einem Sonntag seit April. Außerdem liegt er über dem Schnitt der vergangenen sieben Tage, an denen 1.564 neue Fälle registriert wurden.

Betrachtet man die Sieben-Tage-Inzidenz, also die Fälle pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche, nach Bundesländern, liegt Wien mit einem Wert von 176,5 vor Salzburg (161,6) und Oberösterreich (152,7).

Dabei gelten in der Bundeshauptstadt bereits jetzt strengere Regeln als im Rest des Landes: In allen Geschäften ist zumindest ein Mund-Nasen-Schutz zu tragen, während das außerhalb der Stadtgrenzen nur in Geschäften des täglichen Bedarfs (Supermärkte, Apotheken, Banken und Post) notwendig ist. Tests gelten kürzer: Ein negativer PCR-Test ist 48 statt 72 Stunden gültig, ein bei einer offiziellen Teststraße absolvierter Antigentest 24 statt 48 Stunden. Und schließlich gilt die 3G-Regel bereits ab dem sechsten Lebensjahr.

Testprobleme im ländlichen Raum

Ist dieses "Wiener Modell" also bereits die Vorlage für österreichweite Maßnahmen ab Oktober? In den Interviews sympathisiert Mückstein zwar mit der verkürzten Gültigkeitsdauer von negativen Tests, gibt aber zu bedenken, dass Testangebote in einer Großstadt leichter zu machen sind als in ländlichen Gebieten.

In der mit Wien gut vergleichbaren bayrischen Landeshauptstadt München liegt die Sieben-Tage-Inzidenz derzeit bei einem Wert von 70. Die dort geltenden Maßnahmen decken sich zum Großteil mit jenen Wiens – mit zwei Ausnahmen: In Gastronomie-Innenräumen besteht abseits des Tisches weiter Maskenpflicht, und an bestimmten Hotspots ist zwischen 20 und 6 Uhr in öffentlichen Bereichen die Konsumation aus Gläsern und Glasflaschen verboten.

Neos wollen Werte für Genesene

Ein weiterer Unterschied ist, dass in München der Einsatz der 3G-Regel automatisch an die Inzidenz gekoppelt ist. In der österreichischen Diskussion vermissen die Neos derartige klare Regelungen. Gesundheitssprecher Gerald Loacker mahnte am Sonntag wieder einmal ein, nicht auf die "Genesenen" zu vergessen. Das sind mittlerweile bereits fast 659.000 Menschen. "Statt immer öfter von 1G zu fantasieren, müsste die Bundesregierung endlich definieren, welche Antikörpertests anerkannt werden und wo die Schwellenwerte liegen", fordert Loacker.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wollte sich in einem "Talk Spezial" auf Servus TV am Sonntagabend noch auf keine Maßnahmen festlegen. Freiheitseinschränkungen dürften immer nur die Ultima Ratio sein. Bevor es zu einer Überlastung des Gesundheitssystems komme, werde man aber selbstverständlich reagieren. Und dann sei der Zugang klar: "Bevor wir die Nachtgastronomie ganz schließen und keiner hinkann, ist es mir noch lieber, nur Geimpfte dürfen hingehen." (moe, APA, 6.9.2021)