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Präsident Alpha Condé wurde von Putschisten gefangen genommen.

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Soldaten in der Hauptstadt Conakry.

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Conakry – Nach der Ausrufung eines Putsches in Guinea ist die Lage in dem rohstoffreichen westafrikanischen Staat zunächst unklar geblieben. Aufständische Soldaten unter Führung des früheren französischen Legionärs Mamady Doumbouya erklärten am Sonntag im staatlichen Fernsehen, die Regierung sei "aufgelöst", die Verfassung außer Kraft gesetzt und die Grenzen seien geschlossen worden. Es solle eine Übergangsregierung gebildet werden. "Wir rufen unsere Kameraden auf, sich dem Volk anzuschließen", sagte Doumbouya. Dagegen erklärte das Verteidigungsministerium, loyale Truppen hätten einen Angriff auf den Präsidentenpalast abgewehrt und seien dabei, die Ordnung wiederherzustellen.

Der Aufenthaltsort von Präsident Alpha Condé war zunächst unbekannt. Ein in sozialen Medien verbreitetes Video zeigte, wie er von Armeeangehörigen festgenommen worden sein soll. In Jeans und Hemd auf einem Sofa sitzend, weigert er sich darin auf die Frage der Putschisten zu antworten, ob er misshandelt worden sei. Die Nachrichtenagentur Reuters konnte die Echtheit des Videos nicht überprüfen.

Zuvor hatte ein Reuters-Reporter gesehen, wie Militärfahrzeuge in Kolonnen zum Regierungsviertel fuhren. Weitere Videos im Internet zeigten mutmaßlich Schießereien und Fahrzeuge mit Soldaten am Zentralbankgebäude in der Nähe des Präsidentenpalastes.

Schusswechsel in den Straßen

Aus der Hauptstadt Conakry war zuvor gemeldet worden, dass es zu anhaltenden Schusswechseln gekommen sei und viele Soldaten auf den Straßen seien. Das Militär war vor allem auf den Straßen der Halbinsel Kaloum zu sehen, wo sich das Präsidialamt und zahlreiche Regierungsinstitutionen des westafrikanischen Landes befinden, wie ein AFP-Reporter berichtete.

Ein westlicher Diplomat sagte, er habe "keine Zweifel", dass ein Putschversuch im Gange sei, der von Spezialkräften angeführt werde. Seinen Informationen zufolge hat die Eliteeinheit den Präsidentenpalast zumindest vorübergehend übernommen. Der Diplomat, der anonym bleiben wollte, vermutete als Ursache Spannungen zwischen der Regierung und dem Kommandanten der Spezialeinheit.

Internationale Reaktionen

UN-Generalsekretär António Guterres verurteilte "jegliche Übernahme der Regierung durch Waffengewalt". Er fordere die sofortige Freilassung des Präsidenten. Ähnlich äußerten sich der britische Botschafter David McIlroy und die Afrikanische Union.

An diesem Montag sollte in Conakry eigentlich ein Qualifikationsspiel zwischen Marokko und Guinea für die Fußball-WM 2022 stattfinden. Aufgrund der "sehr volatilen" politischen Situation und Sicherheitslage werde das Spiel verschoben, teilte der Weltfußballverband Fifa am Sonntagabend mit.

Politische und wirtschaftliche Krise

Nach Jahrzehnten der Diktatur war Condé 2010 der erste demokratisch gewählte Präsident Guineas. Menschenrechtsaktivisten kritisierten jedoch den zunehmend autoritären Führungsstils des Staatsoberhauptes. Condé hingegen rühmt sich, die Menschenrechte vorangebracht und das Land wieder aufgebaut zu haben.

Er hatte vergangenes Jahr eine Verfassungsänderung durchgesetzt, die ihm eine dritte Amtszeit ermöglichte. Im Oktober ging der heute 83-Jährige nach offiziellen Angaben aus der von Gewalt begleiteten, umstrittenen Wahl als Sieger hervor, was wiederum zu Massenprotesten führte. Bei Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften starben damals dutzende Menschen.

Guinea hat circa 12,53 Millionen Einwohner und zählt trotz beträchtlicher Bodenschätze zu den ärmsten Ländern der Welt. Es wird seit Monaten von einer tiefen politischen und wirtschaftlichen Krise erschüttert, die durch die Corona-Pandemie noch verschärft wurde.

Bodenschätze wie Bauxit, Eisenerz, Gold und Diamanten hatten Guinea unter Condé ein anhaltendes Wirtschaftswachstum beschert. Davon profitierte jedoch nur ein Teil der Bevölkerung. Die Regierung hat in den vergangenen Wochen die Steuern deutlich erhöht. Unter anderem ist der Preis von Treibstoff um ein Fünftel gestiegen, was zu Unmut in der Bevölkerung geführt hat. (APA, red, Reuters, 5.9.2021)