Die Weihe des serbisch-orthodoxen Metropoliten Joanikije lässt die Wogen in Montenegro hochgehen.

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Einen Teil der Gewalt in Cetinje hat Montenegros Präsident Milo Đukanović zu verantworten, der eine routinemäßige Bischofsweihe instrumentalisierte, weil er seinen Machtverlust nicht verkraftet. Die politische Gesamtdynamik ist aber regional. An der Küste hielten fahnenschwingende Serben Autoparaden ab, manche mit Belgrader Nummern. Die Polizei verhinderte den Clash mit Montenegrinern.

Dennoch: Die Krise wird weitergehen, solange sich die Politik nicht ändert und weiter wie in den 1990ern mit Nationalismus gezündelt wird. Die wohl wichtigste Grundlage für Stabilität auf dem Balkan wäre, dass sich weder die serbische Führung noch die serbisch-orthodoxe Kirche in die Politik der Nachbarstaaten einmischt. Denn diese Einmischung war der Grund für die katastrophalen Kriege in den 1990er-Jahren.

Das Regime des serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić macht das heute viel subtiler. Nun redet man nicht mehr von "Großserbien", sondern von der "serbischen Welt" – gemeint ist aber das Gleiche. Zugleich stellt sich Vučić als Opfer dar und meint, dass Serbien von der EU nicht gewollt würde, obwohl er selbst kaum etwas gemacht hat, um ihr näherzukommen. Es gab sogar Rückschritte. Erstaunlicherweise scheint dies an Kanzler Sebastian Kurz vorbeigegangen zu sein. In Belgrad lobte dieser nämlich die EU-Fortschritte Serbiens. Vielleicht meint er damit ja die Anbiederung an China oder die enge Kooperation mit dem ebenfalls autokratisch geführten Ungarn.

(Adelheid Wölfl, 6.9.2021)