Möglicherweise ist Stefanie Sargnagel für ein Gschnas im Studentenkeller gar nichtzu haben. Über die Innsbrucker Kostüme kann man jedenfalls reden.

Foto: Daniel Jarosch

Die rote Baskenmütze hängt dekorativ an einem Mikrofonständer, an der Wand leuchtet ein Hysteria-Schriftzug. Zu derlei Sargnagel-Insignien gesellen sich ein Schlagzeug und eine Loopstation, jede Menge Akustikschaumstoff, mit dem sich notfalls die Welt wegdämmen lässt, ein auf dem Boden liegender Kleiderberg, der als Kostümfundus für diverse Maskeraden dient. Die von Katharina Ganner ausgestattete Bühne ist versiffte Bude, Beisl, Probekeller und Callcenter zugleich, zum Schluss ist sie sogar ein bisschen Klagenfurt.

Dort, genauer gesagt im Klagenfurter Stadtschreiber-Amt, enden Stefanie Sargnagels Statusmeldungen, das Buch ist 2017 erschienen und markiert auch den Aufstieg der zuvor in Kleinverlagen publizierenden Wiener Facebook-Poetin zur Rowohlt-Autorin. Während diese inzwischen auch im Romanfach debütiert und fürs Theater geschrieben hat, entdecken Bühnen ihre Kurznachrichten-Sammlungen für sich. Nach Binge Living in Linz brachte nun das Innsbrucker Theater Praesent Statusmeldungen zur Uraufführung.

Das Publikum wird gleich zu Beginn mit Lokalkolorit geködert: "Ich mag keine Berge, sie verdummen die Leute", heißt es da. Und: "Am Berg ist auch noch nie irgendwas entstanden, außer Nazi-Lyrik." Die Lacher bleiben da nicht aus. Was folgt, ist ein bisschen Punkkonzert und ein wenig Karaoke, eine Pointenparade, die sich zwischendurch auch als Poetry-Slam tarnt, ein wenig Anarchie gepaart mit dem Versuch, der handlungsfreien Vorlage eine dramaturgische Struktur zu verleihen. Was auch gelingt.

Magie und Alltag

Regisseurin Susanne Schmelcher sorgt für eine lose Szenenfolge von "Brotjob" bis zu "Die neue Rechte"; auch Einträge aus dem Glossar kommen zum Einsatz (siehe das Verb "sellnern", abgeleitet vom Namen des Identitären-Sprechers Martin Sellner).

Aktualisierungen in Gestalt von Kurz und Astra Zeneca hätte es hingegen gar nicht gebraucht, weil auch die im Jahr 2015 niedergeschriebenen Persiflagen auf die österreichische (Flüchtlingshelfer-)Seele erschreckend viel Bestand haben: "Ich habe gerad einer Gruppe Syrern den Weg zum Bahnhof erklärt, aber es war irgendwie nicht mehr dasselbe. Meine Augen haben nicht mehr so geleuchtet. Die Magie ist zum Alltag geworden."

Getragen wird dieser kurzweilige Abend von drei SpielerInnen, die, grob in verschiedene Facetten der Kunstfigur Sargnagel aufgeteilt, herrlich interagieren. Florian Mania sticht als freudlose Callcenter-Mitarbeiterin besonders hervor, aber auch Michaela Senn und Elke Hartmann verstehen sich gut aufs Lümmeln und Labern. (Ivona Jelčić, 6.9.2021)