Beanie Feldsteinin als Praktikantin Nummer eins: Monica Lewinsky.

Foto: FX / Sky

Die Frau steht an einem Fenster, sie weint. Es regnet. Sie geht zurück in ihr Zimmer, sortiert ihre Sachen. Eine Ausgabe der Washington Post fällt ihr in die Hände: "Clinton wins second term". Jänner 1998, Washington, D.C.

Die Frau am Fenster ist Monica Lewinsky, und der Mann, der nur wenige Monate zuvor die Wahl zur zweiten Präsidentschaft gewonnen hatte, leugnete soeben eine Affäre mit ihr. "I did not have sexual relations with that woman, Miss Lewinsky", sagte Bill Clinton in einer berühmt gewordenen Szene in einer Presseansprache im Weißen Haus. Die Folgen sind bekannt.

Beispiellose Medienhatz

Gegen Clinton wurde ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet, das er überstand. Lewinsky wurde beschimpft, verhöhnt, verachtet und Opfer einer beispiellosen Medienhatz. Sie zog sich für Jahre aus der Öffentlichkeit zurück. Er machte eine Zweitkarriere als Politredner und Autor. 2013 verlieh ihm Barack Obama die Freiheitsmedaille des Präsidenten.

Ryan Murphys American Crime Story sorgte mit die Öffentlichkeit aufwühlenden Verbrechensgeschichten um O. J. Simpson und Gianni Versace für Höhepunkte im True-Crime-Seriengenre. Mit Impeachment geht die Reihe weiter. Die neue Staffel erzählt in sechs Folgen die Ereignisse dieses größten Politsexskandals der amerikanischen Geschichte neu und aus der Sicht Lewinskys. Die heute 48-Jährige arbeitete für die sechsteilige Produktion, die heute, Dienstag, im US-Sender FX startet, eng mit Showrunnerin Sarah Burgess zusammen.

"Niemand sollte deine Geschichte erzählen, außer du selbst."

Nach dem Erfolg der O.-J.-Simpson-Story soll Produzent Murphy bereits 2016 auf die Verfilmung der Clinton-Lewinsky-Affäre gespitzt haben. Als er die ehemalige Praktikantin im Weißen Haus bei einer Party persönlich kennenlernte, wusste er, sie zu überzeugen: "Niemand sollte deine Geschichte erzählen, außer du selbst."

Alleine deshalb ist die Serie sehenswert. Wie sieht Lewinsky die Ereignisse – auch aus der Distanz von inzwischen mehr als 20 Jahren? Detailreich, betont faktenbasiert und weitgehend unversöhnlich.

DER STANDARD sah zwei Folgen, die die Vorgeschichte der chronologisch erzählten Ereignisse ab 1996 umfasst, als Lewinsky vom Weißen Haus ins Pentagon und dessen Büro für öffentliche Angelegenheiten versetzt wurde. Der Fokus ist hauptsächlich auf die Frauen in der Affäre gerichtet. Um Paula Jones (Annaleigh Ashford), mit der alles begann und die mit ihrer ungebremsten Wut, für "die Wahrheit" zu kämpfen, Clinton am gefährlichsten wurde.

Edie Falco als Hillary Clinton, Sarah Paulson als Linda Tripp im Fatsuit

Um Linda Tripp (Sarah Paulson), die Verräterin im Weißen Haus, die Lewinsky aus Geltungssucht hinterging und auslieferte. Um Jones ausgefuchste Anwältin Susan Carpenter-McMillan (großartig: Judith Light), um die mächtige Literaturagentin Lucianne Goldberg (Margo Martindale), und natürlich um Hillary Clinton selbst, gespielt von Edie Falco, die in den gesichteten Folgen in wenigen Szenen bereits Präsenz zeigte.

Vor allem aber ist American Crime Story: Impeachment ein eindeutiges Produkt aus dem Hause des Farbmalers Ryan Murphy, der bekannt dafür ist, Serien opulent auszustatten, so gesehen in Pose, American Horror Stories und zuletzt Rachet. Mit karikaturenhafter Ähnlichkeit stattet er nicht nur die 1990er-Kulisse aus, sondern auch seine Figuren: Sarah Paulson im befremdlich wirkenden Fatsuit und nicht zuletzt Clive Owen als Parodie eines schmierigen, notgeilen Präsidenten, der im Umgang mit Frauen offensichtlich recht schnell zur Sache kommen wollte.

"American Crime Story: Impeachment" startet heute, Dienstag, beim US-Sender FX und ist voraussichtlich ab Ende September hierzulande auf Sky Atlantic HD zu sehen. (Doris Priesching, 7.9.2021)

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