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Elizabeth Holmes griff stets tief in die Trickkiste, um den Schein zu wahren. Das Wall Street Journal hat ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Foto: REUTERS/Stephen Lam

San José – Persönliche Schicksalsschläge verkaufen sich gut. Das wissen Produzenten von Castingshows, und das wusste auch das einstige Start-up-Wunderkind Elizabeth Holmes. Sie behauptete, mit ihrem Unternehmen Theranos ein Gerät entwickelt zu haben, das anhand weniger Tropfen Blut mehrere Hundert Krankheiten erkennt. Eine derartige Zaubermaschine braucht die entsprechende Vermarktung. Immer wieder erzählte sie, dass der frühe Krebstod ihres Lieblingsonkels sie dazu motiviere, ihr Geschäft voranzutreiben. Später sollte sich herausstellen: Ein besonderes Naheverhältnis hatten die beiden nie.

Reichte das nicht an emotionalem Marketing, schoss Holmes ihre Angst vor Nadeln nach. Schließlich brauchte es bei ihrer Maschine namens Edison nur einen Pikser in den Finger, um genügend Blut für die Analyse zu erhalten.

Falsche Testergebnisse

Aber die Testergebnisse, die Theranos lieferte, waren zumeist falsch. Das traf auch abertausende Kunden der US-Apothekenkette Walgreens, mit der Theranos kooperierte. Weil die eigene Technik nicht funktionierte, wurden herkömmliche Siemens-Maschinen zur Auswertung eingesetzt. Vergangene Woche begann der Betrugsprozess gegen die 37-Jährige vor einem Gericht im kalifornischen San José, ihr drohen bis zu 20 Jahre Haft. Wie viel Holmes tatsächlich wusste, muss geklärt werden. Sie plädiert auf "unschuldig", behauptet, ihr damaliger Freund und Geschäftspartner Ramesh "Sunny" Balwani habe sie manipuliert.

Holmes griff tief in die Trickkiste, um ihren Status als Rising Star des Silicon Valley zu verfestigen. Eines ihrer Merkmale war die tiefe Baritonstimme – diese war verstellt, um mehr Autorität zu vermitteln. Leute, die sie von früher kannten, bestätigen das.

(K)ein neuer Steve Jobs

Schnell bekam Holmes, die im Alter von 19 Jahren die Elite-Uni Stanford verließ, um Theranos zu gründen, den Ruf als neuer Steve Jobs. Auch das nutzte sie und trug meist einen schwarzen Rollkragenpulli. Im Jahr 2015 kürte sie das Time-Magazin noch zu einer der 100 einflussreichsten Personen der Welt, doch im selben Jahr begann eine Artikelserie des Wall Street Journal, die 2016 den ganzen Schwindel auffliegen ließ. Whistleblower aus der Firma halfen dabei kräftig mit. Diese hätten einerseits die falschen Ergebnisse nicht mehr decken wollen, andererseits die firmeninterne "Kultur der Angst" nicht mehr ertragen, die Holmes geschaffen hatte, um alles in Zaum zu halten. (Andreas Danzer, 7.9.2021)