Der bisher zweitlängste Bahnstreik in Deutschland ist vorbei.

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Berlin – Seit Dienstagfrüh ist die Deutsche Bahn zum regulären Fahrplan zurückgekehrt: Der Streik der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) ist vorerst beendet. Das bestätigte auch die GDL. Ein Bahnsprecher sagte, die Bahn gehe davon aus, dass die Züge im Laufe des Dienstags wieder überwiegend nach dem normalen Fahrplan fahren würden. Auch der Zugverkehr nach Österreich und damit die ÖBB waren von den Maßnahmen betroffen.

Ein Fazit wollen beide Seiten im Laufe des Tages ziehen. Klar ist schon jetzt: Die dritte und bisher längste Streikrunde im laufenden Tarifstreit hat zu weitreichenden Einschränkungen im Güter- und Personenverkehr geführt und Zugreisende sowie Industriekunden stark getroffen.

Zweitlängster Streik der Geschichte

Allerdings hat die Gewerkschaft schon gezeigt, dass es noch länger geht: 127 Stunden im Personenverkehr und 138 Streikstunden im Güterverkehr dauerte die bisher längste Arbeitskampfrunde der GDL in einem Tarifkonflikt. Das war im Mai 2015. Erst zwei Monate später kam in einer Schlichtung ein Tarifvertrag zustande. Der nun beendete Streik dauerte 110 Stunden im Personen- und 118 Stunden im Güterverkehr. Er ist damit der zweitlängste in der Geschichte der Deutsche Bahn AG.

Eine Annäherung zwischen beiden Seiten ist allerdings nicht in Sicht. "Nach dem Streik ist vor dem Streik", sagte der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky am Montagnachmittag. Das Management der Bahn habe es in der Hand, ob es einen weiteren Arbeitskampf gebe.

Tarifgesetz

Gestritten wird außer über klassische Tariffragen damals wie heute über das Tarifeinheitsgesetz sowie den Einflussbereich der GDL im Konzern. Das Gesetz war 2015 in Kraft getreten. Es sieht vor, dass in einem Unternehmen mit mehreren Gewerkschaften nur der Tarifvertrag der mitgliederstärkeren Arbeitnehmervertretung angewendet wird. In den meisten der rund 300 Betriebe der Bahn ist das aus Sicht des Konzerns die mit der GDL konkurrierende Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft.

GDL-Chef Weselsky sieht sich deshalb gezwungen, seinen Einflussbereich auf weitere Gewerke auszuweiten und Mehrheitsgewerkschaft zu werden. Neben dem Zugpersonal will er deshalb unter anderem auch für Werkstattbeschäftigte sowie für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Infrastruktur und der Verwaltung verhandeln – Bereiche, die bisher traditionell eher von der EVG vertreten werden.

Corona-Prämie gefordert

Weselsky bekräftigte kurz vor Ende des Streiks seine Forderung nach einem Angebot, das es der Gewerkschaft ermöglicht, einen Tarifvertrag für sämtliche Mitglieder in den verschiedenen Betrieben der Bahn abzuschließen.

Neben diesen Fragen geht es im Tarifstreit aber auch ums Geld. Die GDL fordert insgesamt 3,2 Prozent höhere Löhne und Gehälter bei einer Laufzeit von 28 Monaten sowie einer Corona-Prämie von 600 Euro. Die Bahn hatte zuletzt eine Laufzeit von 36 Monaten angeboten und der Corona-Prämie zugestimmt. Gestritten wird zudem um die künftige Form der Altersvorsorge. (APA, dpa, 7.9.2021)