Die Protestaktionen rund um die Place Sainte-Marthe in Paris (hier ein Foto aus dem September 2020) waren der Ausgangspunkt für die Ermittlungen.

Foto: GEOFFROY VAN DER HASSELT / AFP

Ein E-Mail-Dienst, der wirklich sicher und privat ist, geht das überhaupt? Ja, sagt der Schweizer E-Mail-Anbieter Protonmail und hat sich damit eine treue Anhängerschaft unter all jenen gesichert, die mit den Gmails und Outlooks dieser Welt wenig anfangen können. Gerade unter politisch aktiven Personen ist der Service seit längerem ein beliebter Anlaufpunkt – verspricht Protomail doch nicht nur die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung von Nachrichten, auch IPs werden angeblich von Haus aus nicht mitgeloggt. Die Relevanz der Formulierung "von Haus aus" wird dabei allerdings gerne übersehen, ebenso dass sich Protonmail natürlich nicht in einem rechtsfreien Rahmen bewegt.

Mitgeloggt

Protonmail sieht sich derzeit scharfer Kritik von Aktivistinnen und Aktivisten ausgesetzt, der Grund: Unter Mithilfe des Unternehmens wurde ein französischer Klimaaktivist ausgeforscht und verhaftet. Protonmail hatte auf Betreiben von Europol die IP-Adresse des Aktivisten gezielt erhoben und gemeinsam mit anderen Kontoinformationen an die Behörden weitergegeben.

Der Geschäftsführer von Protonmail, Andy Yen, bestätigt diesen Vorfall via Twitter. Es sei beklagenswert, dass eigentlich für schwere Verbrechen gedachte Gesetze auf diesem Weg eingesetzt werden. Aber als in der Schweiz ansässige Firma habe man keine andere Wahl, als sich solchen Anordnungen zu beugen, zumal sie in diesem Fall von einem Schweizer Gericht bestätigt wurde. Zudem verweist Yen darauf, dass in den eigenen Nutzungsbedingungen explizit ausgeführt ist, dass der Service nicht für Aktivitäten genutzt werden darf, die in der Schweiz illegal sind.

Rechtslage

Die Schweiz erfreut sich bei vielen mit Privatsphäre werbenden Diensten großer Beliebtheit, da die lokalen Gesetze im Vergleich zur EU als relativ datenschutzfreundlich gelten. Zudem ist das Land kein EU-Mitglied, Protonmail und andere Dienste müssen damit auch keinen direkten Anordnungen aus anderen Ländern Folge leisten – genau genommen wäre das sogar illegal. Im betreffenden Fall habe aber eben ein Schweizer Gericht dem Ansuchen von Europol recht gegeben, womit man zur Kooperation verpflichtet gewesen sei.

All das führt Protonmail in einem Blogposting aus, in dem man noch andere Punkte herausstreicht – etwa dass die Gesetze in der Schweiz Mail- und VPN-Dienste unterschiedlich behandeln, bei VPN könne man nicht dazu gezwungen werden, Daten mitzuloggen. Wer hingegen bei Mail seine IP-Adresse verschleiern will, müsse zusätzlich andere Dienste wie das Anonymisierungsnetzwerk Tor verwenden. All das sei schon bisher auf der Webseite von Protonmail gestanden, in Zukunft wolle man dies aber noch klarer machen, um hier keinen falschen Eindruck zu vermitteln.

Hintergrund

Der Aktivist wird der Gruppe Youth for Climate zugerechnet. Dieser werfen die Behörden im Zusammenhang mit Besetzungen Einbruch und Diebstahl vor. Konkreter Anlass ist ein Protest gegen die fortschreitende Gentrifizierung rund um die Place Sainte-Marthe in Paris, der für einiges Aufsehen sorgte. Die Gruppe soll dabei ihre Kommunikation zumindest zum Teil über Protonmail geführt haben. Auf die Spur des betroffenen Aktivisten scheint man gekommen zu sein, da er seine Protonmail-Adresse öffentlich in Postings angegeben hat. (apo, 7.9.2021)