Naturkatastrophen sind keine Ausnahmeerscheinung mehr. Von den Auswirkungen sind immer mehr Menschen betroffen, die neben der psychischen und persönlichen Belastung mit hohen Kosten konfrontiert sind. Teilweise abgefedert werden diese finanziellen Mehrbelastungen im Einzelfall durch direkte Zuwendungen aus Mitteln des Katastrophenfonds, Versicherungsentschädigungen, private Spenden oder durch Zuwendungen des Dienstgebers oder des Betriebsratsfonds. Wenn jedoch Betroffene einen Teil des Schadens wirtschaftlich selbst tragen müssen, stellt sich die Frage nach der steuerlichen Absetzbarkeit dieser Kosten.

Zu prüfen ist, ob der Katastrophenschaden als außergewöhnliche Belastung steuerlich anerkannt wird. Dazu muss die Belastung außergewöhnlich sein, dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Aufwendungen im Zusammenhang mit Naturkatastrophen – zum Beispiel Hochwasser-, Erdrutsch-, Vermurungs- Lawinen-, Schneekatastrophen- und Sturmschäden sowie Schäden durch Flächenbrand, Strahleneinwirkung, Erdbeben, Feldsturz und Steinschlag – werden von der Finanzverwaltung als außergewöhnliche Belastung anerkannt. Die Aufwendungen sind ohne Selbstbehalt absetzbar, das heißt, die Höhe des Einkommens des Steuerpflichtigen spielt keine Rolle.

Wer kann die Kosten absetzen?

Kosten im Zusammenhang mit Katastrophenschäden können von unbeschränkt steuerpflichtigen Personen in der Einkommensteuer- oder in der Arbeitnehmerveranlagung berücksichtigt werden. Sie müssen jedoch zum Zeitpunkt des Schadensfalls grundsätzlich Eigentümer des untergegangenen beziehungsweise beschädigten Wirtschaftsguts gewesen sein. Eine Ausnahme besteht, wenn der Eigentümer des untergegangenen oder beschädigten Wirtschaftsgutes eine unterhaltsberechtigte Person ist (zum Beispiel ein Student, für den Familienbeihilfe ausbezahlt wird). In diesem Fall kann der Unterhaltsverpflichtete (zum Beispiel Erziehungsberechtigte des Studenten) eine außergewöhnliche Belastung steuerlich geltend machen.

Durch die Klimakrise kommen neue – und hohe – Kosten auf einen zu.
Foto: imago images/Reichwein

Welche Kosten sind absetzbar?

Grundsätzlich sind folgende Kosten ohne Selbstbehalt als außergewöhnliche Belastung steuerlich absetzbar:

  • Kosten für die Beseitigung von Katastrophenschäden

Darunter fallen typischerweise die Kosten zur Beseitigung von Wasser-, Schnee- und Schlammresten, der Entsorgung von Sperrmüll, der Raumtrocknung und Mauerentfeuchtung sowie allenfalls damit verbundene Kosten der Anschaffung/Anmietung von Trocknungs- und Reinigungsgeräten. Sollte der Wohnsitz durch die Naturkatastrophe unbewohnbar geworden sein, sind die Mietkosten eines notwendigen Überbrückungsquartiers in voller Höhe steuerlich absetzbar. Dabei ist es gleichgültig, ob die Kosten im Zusammenhang mit dem Erstwohnsitz oder einem weiteren Wohnsitz anfallen oder im Zusammenhang mit einem "Luxusgut" stehen. Die Erbringung eigener Arbeitsleistung des Steuerpflichtigen kann nicht berücksichtigt werden. Steuerlich nicht absetzbar sind auch Kosten im Zusammenhang mit der Abwehr künftiger Katastrophen (zum Beispiel Errichtung einer Stützmauer).

  • Kosten für die Reparatur und die Sanierung von Gegenständen

Die Reparatur und Sanierung der durch die Naturkatastrophe beschädigten aber weiterhin nutzbaren Gegenständen. Bei Gebäuden fällt darunter beispielsweise die Erneuerung von Fußböden, des Daches, das Verputzen und Ausmalen. Weiters sind auch Kosten für die Renovierung von Gräbern oder die Reparatur beschädigter KFZ steuerlich absetzbar. Dagegen können Reparatur- und Sanierungskosten im Zusammenhang mit einem Zweitwohnsitz oder Luxusgütern (zum Beispiel Pool, Sauna, Kellerstüberl und so weiter) steuerlich nicht abgesetzt werden.

Sonderfall: Ein beschädigtes, aber an sich sanierungsfähiges Eigenheim wird nicht saniert, sondern es wird ein neues Eigenheim (eventuell an einem anderen Ort) errichtet. In diesem Fall können nach der Verwaltungspraxis die Neuerrichtungskosten in jenem Ausmaß geltend gemacht werden, das der von der Schadenskommission festgestellten Schadensumme abzüglich der darauf entfallenden Ersätze entspricht.

  • Kosten für die Ersatzbeschaffung zerstörter Gegenstände

Bei erforderlicher Ersatzbeschaffung von zerstörten Wirtschaftsgütern sind diese steuerlich zum Neupreis (laut Rechnung) abzugsfähig. Dazu gehören beispielsweise Kosten für den erforderlichen Neubau eines Gebäude(teils), der Neuanschaffung von Einrichtungsgegenständen (Ausnahme: Dekoration und so weiter), Kleidung (maximal 2.000 Euro), Geschirr, Vorräte und so weiter. Steuerlich nicht absetzbar sind Ersatzbeschaffungen im Zusammenhang mit einem Zweitwohnsitz, Wirtschaftsgüter des gehobenen Bedarfs (zum Beispiel Luxusgüter) und jene Wirtschaftsgüter, die für die übliche Lebensführung nicht notwendig sind (zum Beispiel Sportgeräte).

Kosten für die Ersatzbeschaffung eines PKWs sind nach der Verwaltungspraxis nur bis zum Zeitwert des beschädigten Fahrzeuges abzugsfähig (Obergrenze: 40.000 Euro), unabhängig davon, an welchem Ort (Haupt- oder Zweitwohnsitz) der Schaden eingetreten ist. Steuerlich ist nur das bisherige "Erstauto" eines Steuerpflichtigen absetzbar. Nutzen beispielsweise in einem Haushalt beide Ehegatten jeweils einen eigenen PKW und wurden beide PKW unbrauchbar, ist eine Ersatzbeschaffung für beide PKW steuerlich absetzbar. Verfügte ein Ehegatte hingegen über zwei Autos wie etwa einen Gebrauchs-PKW sowie einen Jagd- oder Geländewagen ist nur die Ersatzbeschaffung des Gebrauchs-PKW absetzbar. Nicht die Zulassung des KFZ auf bestimmte Familienmitglieder, sondern die tatsächlichen Verhältnisse sind entscheidend.

  • Kosten betreffend Finanzierung der Aufwendungen zur Beseitigung der Katastrophenschäden

Verfügt der Steuerpflichtige nicht über genügend Liquidität zur Beseitigung von Katastrophenschäden, ist erst die Tilgung des Kredits, einschließlich Zinsen, steuerlich abzugsfähig. Dadurch verteilt sich der abzugsfähige Aufwand über mehrere Jahre. Bei hohen Kosten kann dies – mangels Verlustvortrages – ein steuerlicher Vorteil sein.

Zu bedenken ist, dass die Kosten im Zusammenhang mit den Katastrophenschäden durch Rechnung und Zahlungsbelege nachzuweisen sind. Im Regelfall ist dem Finanzamt zudem die von der Gemeindekommission aufgenommene Niederschrift hinsichtlich der Schadenserhebung (falls vorhanden) vorgelegt werden. Dabei sind die von der Schadenskommission festgestellten Beträge grundsätzlich das Höchstmaß der steuerlich absetzbaren Beträge.

Erhält der Steuerpflichtige Zuwendungen von Dritten, mindern diese den steuerlich absetzbaren Betrag. Dazu gehören insbesondere Versicherungsentschädigungen, Zahlungen des Katastrophenfonds, private Spenden sowie Veräußerungserlöse von beschädigten Gütern (zum Beispiel Verkauf eines beschädigten Hauses oder eines PKW-Wracks).

Betrieblicher Bereich

Im betrieblichen Bereich sind Katastrophenschäden als Betriebsausgabe abzugsfähig. Wie im privaten Bereich sind hier Kosten der Beseitigung unmittelbarer Katastrophenfolgen, Kosten der Reparatur und Sanierung beschädigter Wirtschaftsgüter sowie Kosten der (teilweisen) Entwertung von betrieblichen Wirtschaftsgütern steuerlich abzugsfähig. Steuerfreie Zuwendungen von Dritten vermindern die abzugsfähigen Aufwendungen, auch dann, wenn sie erst in einem späteren Jahr ausbezahlt werden (in diesem Fall können bereits erlassene Bescheide nachträglich abgeändert werden). Ein katastrophenbedingter Verlust ist mit anderen Einkünften ausgleichsfähig; ein Verlustüberhang geht in den Verlustvortrag ein und kann mit künftigen Gewinnen verrechnet werden.

Hinweis: Bei Inanspruchnahme der Basispauschalierung ist eine gesonderte Berücksichtigung von Katastrophenschäden nicht möglich (da bereits von Pauschale erfasst). Demgegenüber sind Versicherungsentschädigungen und teilweise sogar Subventionen zusätzlich als Betriebseinnahmen anzusetzen. Im Fall eines Katastrophenschadens sollte ein Wechsel der Gewinnermittlung (zum Beispiel Einnahmen-Ausgaben-Rechnung) geprüft werden.

Sonstige steuerliche Themen

Steuerpflichtige können bis zum 31.10. des laufenden Jahres einen Freibetragsbescheid beim Finanzamt beantragen. Damit kann die außergewöhnliche Belastung bereits bei der laufenden Lohnverrechnung berücksichtigt werden, das heißt, der Arbeitgeber zahlt einen höheren Nettobezug aus.

Bis zum 31.10. des laufenden Jahres können Steuerpflichtige die Herabsetzung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen beantragen, wenn das voraussichtliche Einkommen für das jeweilige Jahr aufgrund von Katastrophenschäden niedriger ist. Personen, die bei der Sozialversicherung der Selbstständigen (SVA) versichert sind, können die Herabsetzung der vorläufigen Beiträge für das jeweilige Jahr beantragen, wenn sie einen niedrigeren Gewinn oder sogar Verlust erwarten.

Weiters bestehen Befreiungen von Gebühren und Bundesverwaltungsabgaben, zum Beispiel Neuausstellung gebührenpflichtiger Urkunden, Bestandsverträge im Zusammenhang mit Ersatzbeschaffungen. (Karl Stückler, 9.9.2021)