Aus Pollen aus der Körperhöhle eines fossilen Edmontosaurus annectens konnten die Forscher die Vegetation zu Lebzeiten des Entenschnabel-Dinosauriers rekonstruieren.
Foto: National Geographic Janosch Boerckel

Das Senckenberg Naturmuseum Frankfurt besitzt eine vor mehr als 100 Jahren entdeckte Dinosaurier-Mumie. Genau genommen handelt es sich bei dem Überresten des Edmontosaurus annectens um keine Mumifizierung im engeren Sinn. Da aber neben dem annähernd vollständigen Skelett auch versteinerte Weichteile und Haut erhalten geblieben sind, kommt das Fossil einer echten Mumie schon recht nahe – immerhin jedenfalls zählt Edmond, so der Spitzname des berühmten Fossils, bis heute zu den vollständigsten und am besten konservierten Dino-Mumien weltweit.

Tod im Treibsand, ein Glücksfall für Forscher

Der rund 15 Meter lange und vier Tonnen schwere Entenschnabeldinosaurier lebte vor etwa 70 Millionen Jahren in einer Region, die heute im US-Bundesstaat Wyoming liegt. Gestorben ist Edmond wahrscheinlich an einem Flussufer, nachdem er in Treibsand geraten und darin versunken war, was auch seinen ausgezeichneten Erhaltungszustand erklärt. Daraus konnten Paläontologen in den vergangenen Jahren bereits einige Details rund um das bemerkenswerte Tier rekonstruieren.

Nun haben Forscher um den Senckenberg-Wissenschafter Dieter Uhl und Haytham El Afty von der Universität Tübingen einen genaueren Blick auf die florale Lebenswelt von Edmond geworfen. Anhand von Sedimentgestein aus der Körperhöhle des Fossils, in dem sich urzeitliche Pollen erhalten hatten, ist es dem Team gelungen, die Vegetation rund um den Entenschnabel-Dinosaurier zu rekonstruieren. Die Ergebnisse wurden nun in der "Zeitschrift der Deutschen Gesellschaft für Geowissenschaften" veröffentlicht.

Etwa so dürfte Edmond zu Lebzeiten ausgesehen haben.
Foto: Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung/Die Infografen

"Wir haben das Sediment aus der Körperhöhle des Dinosauriers einer palynologischen Analyse unterzogen. Da Edmond kurz nach seinem Tod abgelagert wurde und sein Kadaver nicht weit transportiert wurde, können wir davon ausgehen, dass die im Sediment eingeschlossenen und von uns untersuchten Pollen die Vegetation zu Lebzeiten des Dinosauriers widerspiegeln", so Uhl.

Farne, Moose, Koniferen, Algen

Die Pflanzenwelt im sogenannten Maastrichtium, dem letzten Abschnitt der Kreidezeit vor dem "großen Knall", umfasste demnach vor allem Farne und andere Sporenpflanzen, aber auch Gymnospermen (Nacktsamer, dazu zählen auch heutige Nadelhölzer) und Angiospermen (Bedecktsamige Pflanzen). Die Forscher wiesen darüber hinaus vereinzelte Süßwasseralgen in den Ablagerungen nach.

Video: Eine virtuelle Ausstellungseröffnung. Das Senckenberg Naturmuseum zeigt derzeit die Kooperationsausstellung "Edmonds Urzeitreich – Eine Dinograbung in Frankfurt".
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"Die Pollenanalyse zeigt, dass die Umgebung des Ablagerungsortes der Edmontosaurus-Mumie dicht mit einer relativ diversen Flora bewachsen war: Im Unterwuchs gab es verschiedene Farne, Bärlappgewächse, Moose und krautige Bedecktsamer, während die Kronenbereiche der Wälder von Koniferen, wie Kiefergewächsen, aber auch Sumpfzypressengewächsen gebildet wurden", sagt Uhl. "Dies ist ein Indiz für ein warm-humides Klima. Das Vorkommen von Algen deutet auf das Vorhandensein kleiner Tümpel-Bereiche zur Zeit der Ablagerung hin."

Heiß und trocken

In allen untersuchten Proben fanden die beiden Wissenschafter zudem einen hohen Anteil von Holzkohlepartikeln, der für regelmäßige Vegetationsbrände zur Zeit der Ablagerung spricht. "Das ist auch nicht wirklich verwunderlich: Zur Zeit der Entstehung der Dino-Mumie herrschte ein recht warmes Klima mit durchschnittlichen Jahrestemperaturen von 25 Grad Celsius sowie mit ganzjährig relativ niedrigen Niederschlagsraten und einer kaum vorhandenen Saisonalität vor – kleine Funken müssen hier schon bei kleineren Trockenperioden ausgereicht haben, um Edmonds Umgebung lichterloh brennen zu lassen." (tberg, red, 8.9.2021)