Als Google-Kunde hat man es in Österreich nicht gerade leicht: Neue Smartphones des Unternehmens sind schon seit Jahren nur mehr über Umwege zu haben, doch auch bei anderer Hardware sieht es kaum besser aus. Selbst das aktuelle Chromecast mit Google TV hat es noch immer nicht in hiesige Gefilde geschafft. Eine Ausnahme gibt es aber: das Smart Home.

So gibt es seit kurzem tatsächlich zwei neue Produkte im österreichischen Google Store, denen ein Thema gemein ist: die Überwachung. Allerdings nicht die, die von großen Tech-Konzernen ausgeht, sondern die, die man selbst initiiert. Nest Cam (mit Akku) und Nest Doorbell (mit Akku) heißen sie mit vollem Namen, der Zusatz in der Klammer soll im Folgenden der Einfachheit halber weggelassen werden. Bei einem Kauf ist er aber nicht ganz unwichtig, gibt es doch auch ältere, ausschließlich kabelgebundene Modelle beider Geräte.

Nest Cam

Los geht's mit der Nest Cam. Was dabei gleich auffällt: Mit einem Gewicht von 398 Gramm fällt sie recht schwer aus. Da man sie nicht dauerhaft halten muss, ist das aber nach einer Montage eher egal. Zu verdanken ist dieser Umstand vor allem den verbauten Akkus. Im Lieferumfang enthalten ist zusätzlich eine magnetische Platte. Diese dient nicht nur dazu, die Kamera mit der Halterung mithilfe der Kraft des Magnetismus zu verbinden, sie bietet auch selbst auf einem Metalluntergrund einen sicheren Halt – ganz ohne Montage. Die Magneten sind dabei ziemlich stark. Wem das trotzdem zu unsicher ist – oder wer die Kamera auf anderem Untergrund anbringen will –, der kann die Halterung natürlich trotzdem klassisch mit Dübeln und Schrauben anbringen.

Die Nest Cam wird einfach magnetisch mit der Halterung verbunden.
Foto: Google

Der Vorteil der magnetischen Lösung: Der Kamerakopf kann einfach abgenommen werden. Der Nachteil dieser Lösung: Der Kamerakopf kann einfach abgenommen werden. Wer jetzt Angst vor Dieben hat, dem versichert Google, die Kamera im Fall eines Diebstahls kostenlos zu ersetzen, Voraussetzung ist eine entsprechende Meldung bei der Polizei und die Weitergabe von etwaigen Aufnahmen, die die Täter zeigen. Eine weitere Stärke der Nest Cam: Die Kamera lässt sich sehr bequem ausrichten. Dieser modulare Aufbau verlockt natürlich dazu, mehrere Halterungen im Eigenheim anzubringen und eine Kamera je nach Bedarf an unterschiedlichen Stellen zu nutzen. Leider verkauft Google die Basishalterung aber nicht getrennt. Zumindest gibt es als Accessoire einen "Nest Cam Stand" – für die Indoor-Nutzung ohne fixe Montage.

Varianten der Nutzung

Nun war hier schon viel von Akku und Modularität die Rede, insofern ist es Zeit für eine Erklärung: Die Nest Cam kann sowohl akkubetrieben als auch fix mit dem Strom verbunden genutzt werden. Für letzteres gibt es einen eigenen Anschluss, der etwas an Apples Magsafe erinnert und auch beim erwähnten Nest Cam Stand verwendet wird. Die volle Funktionalität bietet die Kamera aber nur mit einer fixen Stromversorgung, was schlicht – Überraschung – am Stromverbrauch von Features wie einem dauerhaften Livestream liegt. Dazu aber später noch mehr.

Hardware

Zunächst noch einmal zu den wichtigsten Eckdaten: Die Nest Cam ist für die Nutzung sowohl im Innen- als auch im Außenbereich gedacht und entsprechend nach IP54 als witterungsbeständig klassifiziert. Temperaturen zwischen minus 20 und plus 40 Grad Celsius sollten der Kamera ebenfalls nichts ausmachen. Die Kamera liefert Videos in 1080p bei 30 Bildern pro Sekunde, die Qualität ist dabei für solch eine Überwachungskamera nicht zuletzt dank HDR-Support auch sehr gut. Ebenso gut schlägt sich der Nachtsichtmodus, sechs Infrarot-LEDs leuchten die Umgebung bis zu einer Entfernung von 6,1 Meter aus. Das Sichtfeld beträgt 130 Grad, die Bilder werden – verschlüsselt – via WLAN übertragen.

Foto: Google

Die Einrichtung der Kamera erfolgt mithilfe der Google-Home-App von einem Smartphone aus – und ist tatsächlich hervorragend, weil sehr simpel und gut erklärt, umgesetzt. Ebenso erfreut, dass sämtliche Privacy-sensiblen Einstellungen einzeln abgefragt werden und von Haus aus deaktiviert sind. Dazu zählt etwa die generelle Aktivierung von Videoaufzeichnungen oder auch des Mikrofons. Umso ärgerlicher ist, dass Google den Nutzern sehr offensiv ein Probeabo seines kostenpflichtigen "Nest Aware"-Programms aufzudrängen versucht. Das abzulehnen geht nicht über eine normale Option, sondern nur über einen kleinen Schließknopf ganz links oben – ein klassisches "Dark Pattern", wie es Kritiker solcher Methoden formulieren würden.

Smarte Features

Von einer simplen Überwachungskamera hebt sich die Nest Cam vor allem über ihre smarten Features ab. Mithilfe von künstlicher Intelligenz kann die Kamera nämlich auch erkennen, was auf dem Bild zu sehen ist. Es werden also etwa Tiere, Personen oder auch Fahrzeuge erkannt, woran sich dann wieder einzelne Regeln binden lassen. Zu diesem Zweck ist in der Kamera ein eigener Chip für Maschinenlernaufgaben – eine Tensor Processing Unit (TPU), wie sie zum Teil schon bei anderer Nest- und Google-Hardware genutzt wird – verbaut. Diese Erkennung erfolgt also nicht in der Cloud von Google, sondern direkt am Gerät. Das gilt prinzipiell auch für die Identifizierung einzelner Personen oder auch Haustiere, diese ist aber trotzdem an den Abschluss eines Nest-Aware-Abos gebunden. Kostenlos ist hingegen die Möglichkeit, einzelne Bildbereiche auszuwählen, bei denen die Kamera auf Bewegungen achten soll – also den Rest zu ignorieren.

Von Haus aus bietet die Kamera zunächst einmal zwei Funktionen: Da wäre zunächst der gewohnte Live-Zugriff, um schnell einmal zu sehen, was gerade los ist. Das kann entweder über die schon erwähnte Google-Home-App oder auch mittels smarter Displays der Nest-Hub-Serie vorgenommen werden. Vor allem letzteres ist sehr bequem, wenn man via Sprachbefehl schnell mal Nachschau hält. Zudem wacht die Kamera aber eben auf "Ereignisse" – also dass sich etwas tut. Diese Ereignisse werden – wenn die Nutzer zuvor zugestimmt haben – zunächst direkt auf der Kamera gespeichert. Über die App können dann in einer Timeline fein säuberlich die dabei entstandenen Clips angezeigt werden. Auch das ist durchaus gut umgesetzt.

Die Einrichtung ist sehr einfach, die App funktioniert auch sonst sehr gut und bietet viele Einstellungsoptionen.
Screenshots: Proschofsky / STANDARD

Im Abo gibt es mehr

In der Basisausstattung geht diese Ereignisansicht zwar nur drei Stunden zurück, generell ist aber schon einmal begrüßenswert, dass es diese Features überhaupt ohne weiteres Abo gibt. Wer etwas mehr will, der kann in besagtes "Nest Aware"-Programm investieren, wo dann nicht nur die Ereignisse der vergangenen 60 Tage gespeichert bleiben, sondern auch eine lückenlose Videoaufzeichnung der vergangenen zehn Tage verfügbar ist. Letzteres geht wie schon angedeutet natürlich nur, wenn die Kamera fix am Strom hängt. Ein solches Abo kostet je nach Speicherdauer zwischen fünf und zehn Euro monatlich, und natürlich werden dann die Daten sehr wohl bei Google gespeichert. Google betont dabei natürlich, dass dies sicher und privat erfolgt und die Daten auch nicht für andere Zwecke genutzt werden. Apropos Privacy: Läuft die Kamera, wird das über eine grüne LED nach außen symbolisiert.

Zum weiteren Funktionsumfang gehört die Möglichkeit, die Kamera an die "Home/Away"-Routinen von Google zu knüpfen, also sie etwa automatisch zu aktivieren, wenn man das Haus verlässt – was vor allem für Innenraumkameras interessant ist. Besitzt man auch einen Rauchmelder von Google – den Nest Protect –, wird eine Aufnahme umgehend gestartet, sobald dieser anschlägt. Wer das Mikrofon aktiviert, der kann zudem auf spezielle Geräusche horchen lassen, also etwa die Kamera aufzeichnen lassen, sobald Glasbruch vernommen wird. Auch der Alarm von anderen Rauchmeldern lässt sich auf diesem Weg erfassen.

Akku

Noch einmal zurück zur Stromversorgung: Eine volle Akkuladung soll laut Google für den ereignisbasierten Betrieb "typischerweise" drei Monate halten. In der Realität hängt das natürlich davon ab, wie viel es in dem gefilmten Bereich zu vermelden gibt, die Palette sollte in der Praxis eher von 1,5 bis sieben Monaten reichen. Apropos: Fallen Strom und WLAN aus, werden die folgenden Ereignisse bis zu eine Stunde lange automatisch im lokalen Speicher aufgezeichnet.

Nest Doorbell

Kommen wir zur zweiten neuen Hardware: Die Nest Doorbell fällt in den Bereich "smarte Türklingel", der sich in den vergangenen Jahren einer wachsenden Beliebtheit erfreut. Über eine integrierte Kamera sehen die Bewohner dabei also, wer vor der Tür steht, und können auch mit diesen Personen kommunizieren – und zwar sowohl vom Smartphone als auch von einem smarten Display aus. Selbst wenn man nicht zu Hause ist, wird man über das Läuten informiert.

Die Nest Doorbell.
Foto: Google

Als Erstes fällt zunächst die Größe auf, 160 mm lang ist die Nest Doorbell, womit sie auch merklich größer ist als der direkte Vorgänger, die Nest Hello – oder, wie sie mittlerweile heißt: Nest Doorbell (mit Kabel). Womit nun auch die Frage, warum das "mit Akku" so wichtig ist, endgültig geklärt wäre. Der Akku ist es denn einmal mehr, der für die Größe verantwortlich zeichnet. Alternativ kann aber auch das neue Modell wieder fix verkabelt werden. Mitgeliefert wird zudem ein Rahmen für eine einfache Montage.

Eckdaten

Die Kamera bietet hier eine Auflösung von 960 x 1.280 Pixel, wobei ein vertikales Sichtfeld mit 3:4 gewählt wurde, was Personen vor der Haustür meist besser erfasst. Die Bildqualität ist auch hier – für solch eine Türklingelkamera – recht gut, HDR-Support tut erneut das Seinige dazu. Der Blickwinkel ist mit 145 Grad angegeben, es gibt zudem ebenfalls einen Nachtsichtmodus auf bis zu drei Meter Entfernung.

Gut: Der Hinweis auf die Datenschutzproblematik sowie das Opt-in bei vielen sensiblen Features. Schlecht: Die Nutzung von "Dark Patterns", um den Käufern ein Abo aufzudrängen.
Screenshots: Proschofsky / STANDARD

Neben einem eingebauten Mikrofon gibt es natürlich auch einen Lautsprecher, um mit den Personen vor der Tür kommunizieren zu können. Läutet jemand, dann kommt – neben dem gewohnten Ton, versteht sich – eine Benachrichtigung ans Smartphone, die direkt in die Google-Home-App und den Videostream führt. Zudem wird auf Wunsch das Geschehen auch automatisch auf smarten Displays der Nest-Hub-Reihe angezeigt. An beiden Orten ist es zudem wahlweise möglich, entweder die Person zu ignorieren oder aber auch direkt zu antworten. Wer will, kann dabei auf vorgefertigte Antworten zurückgreifen, die vom Google Assistant gesprochen werden.

Überwachung geht auch

Neben dieser Kernfunktion kann die Nest Doorbell aber ebenfalls zur Videoüberwachung genutzt werden – inklusive all der oben erwähnten Dinge wie der KI-gesteuerten Personenerkennung. Eine durchgängige Videoaufzeichnung ist hier hingegen nicht möglich. Nett ist auch eine "Quiet Time"-Funktion, mit der die Klingel für einen gewissen Zeitraum deaktiviert wird. Leider ist es dabei aber nicht möglich, fixe Regeln festzulegen – also etwa die Klingel in der Nacht immer auszuschalten.

Achtung, Achtung, Achtung!

Bei alldem sollten Interessierten zwei Dinge klar sein: Einerseits begibt man sich damit tief ins Google-Ökosystem, wer das nicht will, der ist hier schlicht falsch. Denn auch wenn von Haus aus die Kamera zunächst einmal nur lokal speichert und Daten verarbeitet, ohne Google-Konto geht gar nichts. Und voll ausnutzen kann man das Ganze ohnehin nur im Zusammenspiel mit anderen Google-Geräten und -Diensten.

Dann wäre da aber noch ein zweiter Punkt, der generell für solche Geräte relevant ist: der Datenschutz. Immerhin gibt es in Österreich zur Videoüberwachung recht strikte Vorschriften, die man sich vor der Anschaffung solcher Geräte genauer ansehen sollte, um hier keine Probleme zu bekommen. Wirklich unproblematisch ist eigentlich nur der Einsatz im Inneren der eigenen Wohnung, so alle darüber informiert sind. Wer ein eigenes Haus hat, der darf auch in Richtung seines Vorgartens filmen, muss aber ebenso darauf achten, dabei nicht die Privatsphäre anderer zu beeinträchtigen. Und in einem Zinshaus in der Stadt dürfte selbst der Einsatz der Nest Doorbell – da dabei oft unweigerlich der Gang oder gar die Tür der Nachbarn gefilmt wird – meist illegal sein.

Am besten funktionieren all die Geräte, wenn man ohnehin schon viel von Nest / Google nutzt. Sonst geht viel Funktionalität verloren.
Foto: Google

Verfügbarkeit

Der Preis für die Nest Cam (mit Akku) liegt bei 199 Euro. Wer die erwähnte Stehhalterung dazuhaben will, muss noch einmal 35 Euro berappen. Eine Diebstahls- und Fallsicherung schlägt dann noch mit 15 Euro zu Buche. Die Nest Doorbell wird ebenfalls um 199 Euro angeboten.

Fazit

Eigentlich kann das Fazit für beide Geräte gut zusammengefasst werden. Wer auf der Suche nach entsprechenden Geräten und ohnehin schon fest im Google-Universum verankert ist, für den bilden beide sehr gute Optionen. An Hard- und Software gibt es wenig auszusetzen, preislich gibt es zwar Günstigeres, aber nur selten mit all diesen Funktionen. Für viele andere werden hingegen simplere Lösungen ohne all die Zusatzfunktionen ebenfalls reichen. (Andreas Proschofsky, 12.9.2021)