Eine Expansion außerhalb von Wien und Umgebung – etwa nach Graz oder Linz – plant der Onlinesupermarkt derzeit nicht.

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Der seit Dezember 2020 in Wien und Umgebung aktive Onlinesupermarkt Gurkerl.at expandiert weiter und will Billa beim Onlinegeschäft bald überholen. Man werde in drei bis sechs Monaten der umsatzstärkste Lebensmittel-Onlineshop in Österreich sein, kündigte Gurkerl.at-Chef Maurice Beurskens am Mittwoch bei einem Pressegespräch in Wien an. Das Lager in Wien-Liesing wird bis Herbst 2022 um zehn Millionen Euro erweitert. Ein zweites Auslieferungslager in Floridsdorf ist anvisiert.

Der Online-Lebensmittelhändler ist mit 200 Bestellungen pro Tag gestartet, derzeit sind es rund 1.500. Ende 2021 werde man 3.000 Bestellungen pro Tag mit 100 Zustellfahrzeugen ausliefern und einen Jahresumsatz von 50 Millionen Euro erreichen, sagte der Firmenchef.

Punkten mit frischen Produkten

Derzeit arbeiten rund 550 Beschäftigte für den Onlinesupermarkt. Bei den Zustellern sind 85 Prozent des Personals angestellt und 15 Prozent kommen von Zeitarbeitsfirmen, bei den Lagermitarbeitern haben rund 80 Prozent eine Anstellung bei Gurkerl.

Bei Kunden punkten will der Online-Lebensmittelzusteller mit lokalen und frischen Produkten, einem großen Biosortiment und schneller Zustellung. Gurkerl.at will auch Waren anbieten, die es bei anderen Supermärkten in Österreich nicht gibt, etwa Backwaren von Öfferl oder Lebensmittel der britischen Kaufhauskette Marks & Spencer sowie Produkte der Wiener Gastrobetriebe Mochi, Landtmann und Zum Schwarzen Kameel. Derzeit hat man 9.000 Produkte – davon 20 Prozent in Bioqualität – von 450 Lieferanten im Sortiment. Die Produktpalette soll mittelfristig auf 12.000 Produkte ausgebaut werden.

Der durchschnittliche Warenkorb der rund 20.000 Kunden beläuft sich auf rund 85 Euro. "Es ist realistisch, in zwei Jahren in die Gewinnzone zu kommen", sagte der Gurkerl.at-Chef im Juni zur APA. In Tschechien und Ungarn mache die Gurkerl-Mutter Rohlik bereits Gewinn. Im Juni hat Rohlik für seine Europa-Expansion bei Investoren weitere 100 Millionen Dollar (84,2 Millionen Euro) frisches Kapital eingesammelt. Die Unternehmensbewertung erreichte eine Milliarde Euro, ein Börsengang ist mittelfristig geplant. Bisher hat der tschechische Onlinesupermarkt Rohlik rund sieben Millionen Euro in sein Österreich-Geschäft investiert, vor allem in die Adaptierung der Lagerhalle in Wien. Die IT und die Software stammen auch von Rohlik.

Mehr Zustellungen wegen Corona

Die Corona-Pandemie hat das Lebensmittelzustellungsgeschäft in Österreich von einem niedrigen Niveau ausgehend kräftig angekurbelt, Gewinn macht aber noch kein Händler damit. Billa liefert österreichweit nach Hause und hat 2020 den Online-Umsatz von 30 auf 50 Millionen Euro gesteigert. Die anderen Anbieter haben bisher noch keine Umsatzzahlen gemeldet. Interspar stellt in Wien und Umgebung (Niederösterreich, Burgenland) sowie Salzburg Stadt und Umland zu. Unimarkt liefert gemeinsam mit der Österreichischen Post und deckt aktuell rund 80 Prozent der Haushalte in Österreich ab. Der Online-Bauernmarkt Markta stellt mit Partnern selbst in Wien zu, bietet Abholstationen an und verschickt auch österreichweit. In Wien sind unter anderem noch die Zusteller Alfies, Mjam und Hausfreund aktiv.

Kürzlich startete auch der Sofortlieferdienst Jokr in der Bundeshauptstadt. Außerdem will das deutsche Liefer-Start-up Gorillas, das mit einer Lieferzeit innerhalb von zehn Minuten wirbt, nach Wien expandieren. Gurkerl.at-Chef Beurskens erwartet, dass sich Sofortlieferdienste in Österreich nicht rechnen, unter anderem wegen der Personal- und Lagerkosten. Gurkerl verspricht die Zustellung innerhalb von drei Stunden nach Bestellung in Wien und Umgebung – inklusive Mödling, Baden, Korneuburg und Klosterneuburg. Verspätungen und nicht verfügbare Lieferslots sind laut Firmenangaben "sehr selten". Die Liefergebiete sollen weiter schrittweise ausgebaut werden.

Eine Expansion außerhalb von Wien und Umgebung – etwa nach Graz oder Linz – plant der Onlinesupermarkt derzeit nicht. Der Firmenchef visiert "eine nachhaltige Entwicklung und nicht extremes Wachstum" an. (APA, 8.9.2021)