Metallica im Jahr 1991 auf den Spuren Juri Gagarins: "Dunkel, Genossen, ist der Weltraum, sehr dunkel."

Foto: Blackened

Im Spätsommer 1991 erschien zwar zeitgleich Nevermind von Nirvana, ein Album, das die Musikwelt nachhaltig verändern sollte. Damals befand allerdings auch die US-Thrash-Metal-Größe Metallica, dass es Zeit für ein kleines bisschen Neustart wäre. Ihr am Freitag anlässlich seines 30-jährigen Jubiläums für reifere Headbanger als edle Luxusedition mit diversen Schnickschnacks (es fehlen eigentlich nur gebrauchte Kautschis und Tennissocken) wiederveröffentlichtes Doppelalbum Metallica schrieb fortan aufgrund des schwarzen Ton-in-Ton-Covers als The Black Album Geschichte. Mit 30 Millionen verkauften Tonträgern zählt es neben Back In Black von AC/DC mit 50 Millionen abgesetzten Einheiten zum erfolgreichsten Stück Musik mit Gitarre im Schritt überhaupt.

Metallica waren mit diesem Album damals gemeinsam mit ihrem bei Mötley Crüe für alle eventuellen Härten des Lebens gestählten Produzenten Bob Rock aus der Krise gekommen. Nach frühen Geschwindigkeits-, Härte- und absurden solistischen Endlosgniedelei-Rekorden wollte man sich nun an der Würze der Kürze erfreuen. Bob Rock hatte damals mit seiner Arbeit für die britischen Hardrock-Retrogardisten The Cult und ihrem Album Sonic Temple auch eine hübsche Mittelklasseproduktion vorgelegt.

Metallica

Mit Metallica aber geht man nicht wie mit The Cult nur acht Wochen ins Studio. Metallica benötigten allein für die Einstellung des Schlagzeug-Sounds drei Wochen. Bis das Black Album schließlich erschienen war, waren eine Million Dollar Produktionskosten, nun ja, verpulvert worden. Neun geschlagene Monate war man mit Aufnehmen und Abmischen beschäftigt gewesen.

Und dann kam nur ein Popalbum für Mädchen heraus?! Die Metal-Fachwelt, in der die mittelalterliche Inquisition gegenüber Ketzern, Häretikern und Glaubensabweichlern seit jeher einen klingenden, nein, jaulenden, kreischenden, kesselnden und dreschenden Namen besitzt, sie war entsetzt.

Mein Gott, sie spielen Melodien! Gute Güte, worüber singt der Mann wie ein streitsuchender Matrose nach einem Jahr auf See beim ersten Landgang? Wherever I May Roam oder die Ballade Nothing Else Matters über das Leben auf Tour mögen als klassisch autobiografische Selbstreflexionspoeme einer Band in der dekadenten Phase der Karrieremitte noch angehen. Wobei es sich bei Nothing Else Matters natürlich ebenso um eine Jahrhundertnummer handelt wie beim Spaghetti-Western-Klassiker The Unforgiven.

Die volle Härte

Und auch das patriotische, jederzeit als Soundtrack für Einsätze von US-Marine-Kommandos einsetzbare Brett Don’t Tread On Me mag noch angehen. Für gestandene Thrash-Fans, die ihr Haupthaar zu den alten ausufernden Bolz-, Gitarrennudelei- und Doublebassdrum-Evergreens der Alben Master Of Puppets und … And Justice For All aus den 1980er-Jahren geschüttelt hatten, klang 1991 eine Single wie Enter Sandman über die Angst eines Kindes vor dem Einschlafen und vor bösen Träumen aber schon ein wenig babyhaft.

Heute gibt sich das Publikum weltweit bei Konzerten in Sportstadien versöhnt. Metallica haben nach dem Black Album sehr gute und sehr weniger gute Alben veröffentlicht. Gemeinsam mit Lou Reed wollten sie 2011 auf dem Album Lulu sogar interessanten künstlerischen Selbstmord begehen. Sie werden aber immer in ihrem Welterfolg von 1991 gefangen bleiben. Besser ist es später nicht mehr geworden.

Miley Cyrus

Wie viel die "Mädchenmelodien" von Nothing Else Matters, Sad But True oder The Unforgiven aushalten können und müssen, beweist aktuell auch die Charity-Zwecken gewidmete Metallica-Tribut-CD-Box Blacklist. Hier bringen Miley Cyrus, St. Vincent oder Imelda May zumindest Geld in die Welt. Nach voller Härte klingt das trotzdem. (Christian Schachinger, 9.9.2021)