Mit seinem tiefliegenden Fahrerhaus sieht der Elektro-Lkw von Volta Trucks eher wie ein Autobus aus. Dem Fahrer soll dies besseren Blick auf die Verkehrsumgebung ermöglichen und Unfälle vermeiden.

Foto: HO / Volta Trucks

Wien/Steyr – Siegfried Wolf bleibt bei seinem Leisten – bei der Abarbeitung der Aufträge für MAN im Lkw-Werk in Steyr sowieso, aber auch in Zukunft. Wie seinerzeit bei Frank Stronachs Autozulieferer Magna International baut der Investor und Automanager Fahrzeuge für Autohersteller und -Marken. In dem soeben übernommenen und in Steyr Automotive umbenannten MAN-Werk in Steyr ist es bald kein klassischer Lkw- oder Bushersteller, für den in der oberösterreichischen Industriestadt Fahrzeuge gebaut werden, sondern ein Start-up.

Prototypen bereits 2022

Beim Rahmenvertrag mit dem schwedischen Unternehmen Volta Trucks hat Steyr Konkurrenzstandorte in Großbritannien und Spanien (Barcelona) ausgestochen, teilte Steyr Automotive am Mittwoch mit. Den Beginn machen Prototypen, ab Ende 2022 (bis Ende 2025) soll die Serienfertigung von bis zu 27.000 Elektrolastwagen à 19 Tonnen beginnen. Steyr Automotive verfüge nicht nur über eine hervorragende Produktionsanlage, sondern auch über ausgebildete Ingenieure und erfahrene Manager auf allen Ebenen der Belegschaft, pries der Technologievorstand von Volta Trucks, Kjell Waloen, via Nachrichtenagentur Reuters den neuen Vertragspartner.

Neo-Eigentümer des Lkw-Werks in Steyr, Siegfried Wolf, zeigte stolz das neue Logo der neuen Steyr-Werke.
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"Wenn man ein brandneues Produkt in einem brandneuen Werk ohne Erfahrung in Betrieb nimmt, vervielfacht man die Risiken und Komplikationen um ein Vielfaches", begründete Waloen den Zuschlag für Steyr. Dass Großbritannien ausgebootet wurde, wird in der Branche als Überraschung gewertet, operiert das schwedische Unternehmen doch großteils von der Insel aus.

Für den Stadtverkehr

Volta Trucks ist auf stadttaugliche Lkw mit tiefliegenden Fahrerhäusern spezialisiert, geplant sind derzeit vier E-Lkw-Modelle. Der Antrieb des Erstlingswerks "Volta Zero" stammt vom US-Antriebsspezialisten Meritor und sitzt als Kombination aus Motor und Getriebe an der Hinterachse. Die Lithium-Eisen-Phosphat-Batterien befinden sich zentral im Chassis.

Volta Trucks plant vier Elektro-Lkw-Modelle in den Gewichtsklassen 7,5, über zwölf und 16 bis 19 Tonnen. Fertigungsstart des Zero ist Ende 2022 geplant, im Jahr darauf will man mit Zwölf- und Sechzehn-Tonner nachlegen. Unkonventionell sind auch die Vorstellungen für den Vertrieb: Geplant ist neben Fahrzeugverkäufen auch ein "Truck-as-a-service"-Angebot, ähnlich wie ein Abonnement, das gegen eine monatliche Gebühr Service, Wartung und Versicherung beinhaltet.

Trotzdem Personalabbau

Wolf zeigte sich über den ersten Großauftrag naturgemäß erfreut: "Mit dem Know-how und der Erfahrung unseres Teams in Steyr freuen wir uns auf eine lange und erfolgreiche Partnerschaft mit Volta Trucks." Er hoffe auf eine dauerhafte Zusammenarbeit, die "positive Auswirkungen auf die Beschäftigung" haben könne. Er zerstreut damit Hoffnungen, der angelaufene Personalabbau – die Stammmannschaft wird um 600 Stellen auf rund 1.400 reduziert – könnte mit dem Großauftrag obsolet werden. Ohne Personalreduktion und Gehaltsverzicht (minus 15 Prozent vom Nettogehalt) wäre man chancenlos gewesen.

Remus sperrt Bärnbach zu

In entgegengesetzte Richtung entwickelt sich der steirische Auspuffhersteller Remus. Das Stammwerk in Bärnbach wird mit Jahresende geschlossen, 120 Arbeitsplätze an der Geburtsstätte des Unternehmens (von insgesamt tausend Stellen) sind betroffen. Davon 60 würden nach Voitsberg verlegt, rund 30 gingen in Pension, bestätigte Geschäftsführer Stephan Zöchling einen Bericht des Kurier. Der Rest wandert in ein Werk in Bosnien.

Als Grund dafür nannte die von Zöchling und dem Industriellen Hans Peter Haselsteiner kontrollierte Remus den Kostendruck und Personalkosten aufgrund der jährlichen Kollektivvertragserhöhungen. Man sei nicht mehr wettbewerbsfähig, müsse gegensteuern, so Zöchling. 2019 wies Remus 18 Millionen Euro Bilanzgewinn aus, aber "wir sind ja kein Sozialverein. Wir brauchen Gewinne, um zu investieren", so der Firmenchef. Man investiere jährlich 16 Millionen in Maschinen, Anlagen, in Sanski Most in Bosnien gebe es kaum Lohnnebenkosten. (Luise Ungerboeck, 8.9.2021)