Wien – Ein Jahr noch", meint der Arbeiter auf der Großbaustelle. Während er das sagt, zeigt sein linker Daumen abwechselnd nach schräg oben und schräg unten. Was wohl heißen mag: so circa ein Jahr noch. Dann soll die Neugestaltung des Neuen Marktes mitten in der Wiener Innenstadt abgeschlossen sein. Hier wird in Rufweite zur Kärntner Straße eine neue Tiefgarage mit vier Untergeschoßen umgesetzt. Unter dem historischen Platz mit dem Donnerbrunnen in der Mitte werden künftig gleich 364 Pkw-Parkplätze für Kurz- und Dauerparker sowie 39 Stellplätze für Motorräder errichtet. 19 Stellplätze werden mit einer E-Ladestation ausgestattet. Die aktuellen Bauarbeiten am Neuen Markt betreffen auch die Tegetthoffstraße bis hin zum Helmut-Zilk-Platz vor der Albertina: Hier werden bis Herbst 2022 die Tunnel für die Ein- und Ausfahrt errichtet.

Der zentrale Donnerbrunnen kehrt langsam und Stück für Stück wieder auf den Neuen Markt zurück. Der Platz selbst ist künftig großteils Fußgängern vorbehalten. Parkplätze an der Oberfläche gibt es hier keine mehr – dafür 364 Plätze für Autos in der Tiefgarage.
Foto: Andy Urban

Dafür verschwinden die bisherigen Parkplätze für Autos und Taxis an der Oberfläche. Vor Beginn der Umbauarbeiten Anfang 2019 waren es mehr als 50 Stellplätze. Gänzlich autofrei wird der Platz aber nicht: Ein Fahrstreifen zwischen Tegetthoffstraße und Plankengasse bleibt befahrbar. Und die insgesamt mehr als 400 Stellplätze im Untergrund werden wohl auch für mehr Verkehr in Richtung City sorgen. Der Großteil der Oberfläche, so viel steht fest, wird aber Fußgängern oder auch Schanigärten zur Verfügung stehen.

So sah der Platz vor dem Umbau aus, ...
Foto: Andy Urban
... und so soll er laut diesem Rendering einmal aussehen.
Rendering: zoomVP.at

Oberfläche nimmt Gestalt an

Auf der einen Seite des Platzes, beim Billa Corso, lässt sich bereits erahnen, wie der Neue Markt künftig aussehen wird. Hier wurde schon mit der Gestaltung der Oberfläche begonnen, die noch relativ eintönig von hellen Granitflächen aus Hartberger Granit dominiert wird. Inspirierend sieht das nicht aus. Die Stadt Wien verweist aber darauf, dass sich durch den hellen Granitbelag der Platz nicht mehr ganz so stark aufheizt. Mit Baustellenflair, aber auch Blick auf Barockhäuser lassen sich Kaffee und Kuchen auch schon im ersten Schanigarten auf dem "neuen" Platz genießen. Dieser hat an der Ecke Kupferschmiedgasse seinen Betrieb aufgenommen.

Hier wurden die hellen Granitflächen schon verlegt. Einen ersten Schanigarten gibt es auch schon – mit Baustellenflair.
Foto: krud

Der Donnerbrunnen, der eigentlich Providentiabrunnen heißt, ist – zumindest teilweise – wieder auf den Neuen Markt zurückgekehrt. Der Sockel des sanierten und unter Denkmalschutz stehenden Brunnens in der Mitte des Platzes ist bereits im Aufbau. Die markanten Figuren fehlen freilich noch – ebenso wie das Wasser, das einen Brunnen erst zum Brunnen macht.

Der Donnerbrunnen in der Mitte des Platzes feiert Stück für Stück ein Comeback.
Foto: Andy Urban

Auch bei der Oberfläche links und rechts des Brunnens wird sich noch einiges tun. So sollen von der Kupferschmiedgasse bis zum anderen Ende des Platzes in Längsrichtung sechs große Bäume gepflanzt werden. Diese Platanen sind rund 25 Jahre alt sowie zehn Meter hoch und sollen von Beginn weg für Schatten sorgen. Um die Stämme sollen Möglichkeiten zum Sitzen geschaffen werden.

Die nicht gerade günstigen Bäume stammen aus Deutschland und werden regelmäßig umgesetzt, um sie an Ortswechsel zu gewöhnen. Wiens Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) spricht von einem "Experiment" mit diesen Bäumen. Die ersten XL-Bäume dieser Art in Wien werden bald die neu gestaltete Zollergasse im siebenten Bezirk säumen. Ob sich die Bäume in der Stadt zurechtfinden, wird sich zeigen.

Darüber hinaus sind 15 kleine, mobile Bäume in großen Töpfen geplant. Grüner soll der Platz zudem mit Beeten werden. Auch ein Wasserspiel mit Bodendüsen sowie Nebelduschen sowie zwei Trinkbrunnen sind vorgesehen. Die Kosten für die Oberflächengestaltung werden laut Sima vom privaten Garagenbetreiber Best in Parking von Johann Breiteneder getragen. Diese machen rund 5,6 Millionen Euro aus. Die Gesamtkosten des Projekts wurden bereits im Jahr 2012 mit 34 Millionen Euro angegeben.

Die Abgänge zur Tiefgarage sind bereits an der Oberfläche ersichtlich.
Foto: Andy Urban

Der private Betreiber verfolgt jedenfalls seit knapp 20 Jahren das einst heißdiskutierte Tiefgaragenprojekt am Neuen Markt, der im Jahr 1234 als "nuiwe market" oder "novum forum" erstmals erwähnt wurde. 2006 ging eine Befragung von 800 Anrainern und Geschäftsleuten gegen den Tiefgaragenbau aus. 2012 wurde erneut abgestimmt, diesmal erhielten mehr als 5.000 Personen einen Stimmzettel. Mit Unterstützung von Ex-Bezirksvorsteherin Ursula Stenzel (ÖVP/FPÖ), einst Gegnerin des Projekts, votierten 77 Prozent dafür. Der Baustart erfolgte erst 2019.

Warten auf Verkehrsberuhigung im Ersten

Mit der privaten Tiefgarage und mehr Stellplätzen unter dem Neuen Markt dürften mehr Autos die Innenstadt ansteuern. Laut dem rot-pinken Koalitionspakt soll die City aber verkehrsberuhigt werden. Zuletzt hatte die SPÖ Pläne der grünen Ex-Verkehrsstadträtin Birgit Hebein gekippt, die ein Einfahrtsverbot in die Innenstadt mit vielen Ausnahmen umsetzen wollte. Ein neues Konzept will Hebein-Nachfolgerin Sima 2022 präsentieren.

City-Bezirksvorsteher Markus Figl (ÖVP) setzt sich dafür ein, dass Autofahrer – mit Ausnahmen für Anrainer oder auch Lieferdienste – nur noch Parkgaragen im Ersten ansteuern können. Oberflächenparkplätze sollen demnach für "City-Gäste" tabu werden. (David Krutzler, 9.9.2021)