Hamlet (Flavio Schily) erzählt von sich aus der Sicht eines Ungeborenen: "Nussschale".

Martin Schwanda

Der für die Landesausstellung 2019 schön herausgeputzte Festungsbau der Kasematten von Wiener Neustadt dient dem Festival Bloody Crown heuer zum zweiten Mal als Spielstätte. Drinnen in den weißgetünchten Katakomben zeigt Festivalgründerin und Regisseurin Anna Maria Krassnigg in diesem Jahr zwei Premieren samt Rahmenprogramm. Es sind Neubearbeitungen klassischer europäischer Theaterstoffe, die Zeiten des politischen Umbruchs ins Visier nehmen: Hamlet und Dantons Tod.

Den Auftakt am nächsten Mittwoch (15. 9.) bestreitet eine Bühnenversion von Ian McEwans Roman Nussschale (2016), in dem der Shakespeare’sche Dänenprinz Hamlet sein unheilvolles Familienleben bereits aus pränataler Sicht erzählt. Fürwahr eine ungewöhnliche Perspektive, die einer Kriminalgeschichte mit schwarzem britischem Humor aber nicht im Weg steht.

Gesprächsreihe

Die zweite Produktion führt in die Zeit der Französischen Revolution und der blutig erstrittenen gesellschaftlichen Neuordnung im Sinne von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Dass Frauen da leider nicht mitgemeint waren, wissen wir durch die Schriftstellerin Olympe de Gouges (1748–1793). Hier setzt die vom Produktionsteam ("Wortwiege") gemeinsam nach Georg Büchner formulierte Neufassung Dantons Tod – Narren, Schurken, Engel an, die dem Männerdrama weibliche Figuren implementiert beziehungsweise diese aufwertet.

Beide Wiener Neustädter Inszenierungen, von Anna Maria Krassnigg und Jérôme Junod gemeinsam verantwortet, setzen auf filmische Bausteine. In der Gesprächsreihe Salon Royale werden begrüßt: Wolfgang Müller-Funk, Lisz Hirn, Olga Flor, Paulus Hochgatterer, Rainer Nowak, Zora del Buono, Nino Haratischwili. (afze, 9.9.2021)